Tichys Einblick
Der Sonderfall Merkel

„Frau aus dem Osten“ ist halt am Ende nicht genug

Es waren der Überdruss an Kohl und die naive Erwartung, eine in den Westen gelangte DDR-Untertanin müsse automatisch eine glühende Demokratin sein, die Merkel an die Macht brachten.

Angela Merkel

imago images / photothek

Am besten betrachtet man den „Fall Merkel“, in dem es so manches Verschwommene, mit dem herkömmlichen begrifflichen Werkzeug kaum Faßbare gibt, unter drei Gesichtspunkten:

  1. Wie kam sie an die Macht?
  2. Wie konnte sie sich so lange halten?
  3. Wie und woran ist sie gescheitert?
1.
 Wie kam sie an die Macht?

Merkel ist unter allen Bundeskanzlern ein Sonderfall. Sie ist eine typische Seiteneinsteigerin (lassen wir mal die DDR-Vergangenheit als politisch prägend beiseite). Sie ist keine genuine Politikerin, ihr Verständnis von Politik ist sehr „speziell“. Sie hat nicht die übliche westdeutsche politische Schule durchlaufen.
 Das bedeutet Stärke und Schwäche zugleich. Ihre Eintrittskarte in den Betrieb lautete „Frau aus dem Osten“.
 Schon hier hätte ein Blick auf ihr erstes Leben genügt, um die Tür zuzuschlagen. Sie war nicht Bürgerrechtlerin, war im Gegenteil dank ihres Vaters privilegiert, regimetreu und sogar in einer kommunistischen Organisation an recht prominenter Stelle tätig. 
Es waren der Überdruss an Kohl und die naive Erwartung, eine in den Westen gelangte DDR-Untertanin müsse automatisch eine glühende Demokratin sein. (Wie ja übrigens auch muslimische Migranten mit dem Grenzübertritt zu hundertprozentigen Bundesbürgern mutieren…)

Merkel erkannte sofort die weichen Stellen der BRD und besonders der CDU, die am wenigsten von allen Programmpartei ist. Das ist ihr besonderes Talent, Gegebenheiten für sich und ihr Fortkommen zu nutzen und dabei die Schwächen der anderen auszunutzen. 
Der erste Schritt war also der leichteste.

2. Wie konnte sie sich so lange halten?


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Am meisten Energie erforderte es – wie immer – , die errungene Macht zu behaupten. Merkel war fast ausschließich damit beschäftigt, zum Regieren, also Gestalten blieb da nicht mehr viel übrig. Die deutschen Wähler, politisch schläfrig und dem Gewohnten zugeneigt, bescherten Merkel trotz gravierender Fehler immer wieder Mehrheiten. Die CDU fand das auch ganz gut, so konnte sie rechtfertigen, sich Merkel ausgeliefert zu haben. Als sie merkte, wohin die Reise ging, war es zu spät. Rolle und Motive der Medien bedürften einer besonderen Aufarbeitung.
3. Wie und woran ist sie gescheitert?

Merkel scheitert einmal an „Corona“. Es offenbart sich ein nicht für möglich gehaltenes Unverständnis dessen, was da grundstürzend abläuft. Sie versucht es noch ein wenig mit der erlernten Methode des „Durchregierens“, stößt dabei aber bei den Länderfürsten und häufig auch bei Gerichten auf Widerstand.
 Der demokratische Rechtsstaat ist ihr vollkommen fremd geblieben. Sie ist eine Migrantin im eigenen Land.
 Dass Merkel „es nicht kann“, bewahrheitet sich spätestens jetzt. Im Grunde hat sie mit der Macht nur rumgespielt, einmal lethargisch verharrend, um dann wie so viel entschlussschwache Menschen überstürzt und unüberlegt Tatkraft zu demonstrieren. Sie fuhr immer „auf Sicht“ – was das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik ist. Merkels Programm hieß „Merkel“. Dazu kamen starke destruktive Züge. Aufgebaut hat sie nichts – im Gegenteil: sie hinterlässt wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich eine Trümmerlandschaft.

Wir sehen: auch Nichtskönner und Dilettanten können immense Schäden anrichten – falls man sie lässt.


Reinhard Ickler ist regelmäßiger TE-Leser.