Tichys Einblick
Zahlen sprechen lassen

Das Ende des Einzelfalls

Wann kann man nicht mehr von Einzelfällen sprechen? Jochen Renz begründet, warum er meint: seit Freiburg.

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Seit langem fragt man sich, wie viele Einzelfälle es denn noch benötigt, bis man nicht mehr von Einzelfällen spricht. So wird auch bei der abscheulichen Gruppenvergewaltigung einer 18-jährigen durch angeblich bis zu 15 Männer in Freiburg am 14. Oktober wieder beschwichtigt: “Es handele sich um eine Tat Einzelner, die nicht pauschalisiert werden dürfe,” so eine Flüchtlingshelferin. Auch der Freiburger OB Martin Horn warnt wie üblich vor Pauschalisierungen und mahnt, dass die Mehrheit der Asylbewerber nicht kriminell sei.

Doch dieses Mal ist es anders. Nicht weil es sich um eine Gruppenvergewaltigung handelt.

Unehrlich
Freiburg: Die Kraft der Symbolik
Gruppenvergewaltigungen gibt es immer schon. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) von 2017 gab es letztes Jahr 82 Tatverdächtige der Kategorie 111200 (Vergewaltigung überfallartig durch Gruppen). Davon waren 55 nichtdeutsche Tatverdächtige (67,1%) und davon wiederum 32 Asylbewerber. In der Kategorie 111300 (Vergewaltigung durch Gruppen) gab es insgesamt 385 Tatverdächtige, davon 201 Nichtdeutsche (52,2%) und 72 Asylbewerber. [Tabelle 61]

Asylbewerber sind laut PKS aber nur diejenigen mit anhängigem Asylantrag, d.h. es wurde ein Asylantrag gestellt, aber noch keine Entscheidung getroffen. 2017 gab es im Jahresdurchschnitt 191.433 Asylbewerber, davon 115.823 männliche und 75,620 weibliche Asylbewerber.

Damit sind männliche Asylbewerber ca. 400 mal häufiger Tatverdächtige der Kategorie 111200 als deutsche Männer und ca. 130 mal häufiger Tatverdächtige in der Kategorie 111300.

Trotz dieser viel höheren Werte für Asylbewerber ist auch diese Erkenntnis aus der PKS 2017 kein Grund zu Pauschalisieren, da die Anzahl Tatverdächtiger in diesen Straftatskategorien sehr gering ist. Mehr Grund hat man, wenn man alle Straftatskategorien (allerdings ohne ausländerrechtliche Verstösse) betrachtet.

Kriminalstatistik, genau gelesen
Kriminalstatistik (PKS) für 2017: Kriminalität Asylbewerber
Demnach waren 2017 ca. 65% der männlichen Asylbewerber Tatverdächtige. Da 28,7% der männlichen Asylbewerber Kinder bis 10 Jahre sind und wir annehmen, dass diese eher selten tatverdächtig sind, waren damit ca. 90% der über 10 Jahre alten männlichen Asylbewerber im Jahr 2017 tatverdächtig und damit polizeibekannt. Ob es sich in Freiburg aber um Asylbewerber im Sinne der PKS handelt, oder um eine andere Kategorie sogenannter Schutzbedürftiger (z.B. anerkannte Asylbewerber, subsidärer Schutz oder Duldung) ist derzeit nicht bekannt. Polizeibekannt waren sie aber angeblich alle.

Der eigentliche Grund, wieso die Gruppenvergewaltigung von Freiburg das Ende des Einzelfalls darstellt, ist aber ein anderer, und er ist mathematisch so einfach und so eindeutig, dass es keine andere Schlussfolgerung zulässt: Angeblich wurde das 18-jährige Opfer von einem jungen Syrer in einer Disco mit KO Tropfen betäubt. Danach nahm er sie mit nach draußen und vergewaltigte das wehrlose Mädchen im Gebüsch. Soweit ein Einzelfall. Nun holte der Syrer aber wohl nach und nach seine Freunde hinzu, die das Mädchen ebenfalls vergewaltigten, insgesamt bis zu 15 Männer, die meisten davon wohl Syrer. Nun ist es so, dass jeder zusätzlich hinzugekommene Mann die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass einer davon die Schwere des Verbrechens erkennt und sich nicht an der Vergewaltigung beteiligt, dem Mädchen zu Hilfe kommt, oder sogar die Polizei verständigt. Man kann davon ausgehen, dass sobald einer hinzukommt, der so reagiert, die Gruppenvergewaltigung zu Ende ist. Da das Mädchen von angeblich bis zu 15 Männern vergewaltigt wurde, war offensichtlich kein einziger unter den ersten 15 hinzugekommenen Männern, der sich nicht beteiligte.

Was wird noch angezeigt?
Kriminalstatistik für 2017 Teil 1: Vertrauensverlust in den Staat?
Man kann nun leicht die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit x berechnen, mit der sich einer der hinzugekommenen Männer an der Tat beteiligte. Für jeden weiteren Mann muss dessen Wahrscheinlichkeit mit dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten der schon anwesenden Männern multipliziert werden (wir nehmen vereinfacht an, die Wahrscheinlichkeiten sind stochastisch unabhängig). Bei zwei Männern ist die Gesamtwahrscheinlichkeit x * x, bei drei Männern x * x * x, und bei n Männern x^n. Solange die Gesamtwahrscheinlichkeit grösser als 50% ist, nehmen wir an, dass alle Männer mitmachen, also x^n > 0,5 (1,0 entspricht 100%, 0,5 entspricht 50%). x lässt sich einfach als die n-te Wurzel aus 0,5 berechnen. Bei 15 Männern muss die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit damit grösser als 95% sein, damit die Gesamtwahrscheinlichkeit grösser als 50% ist. Das heisst, die Wahrscheinlichkeit, dass ein hinzugerufener Freund bei der Gruppenvergewaltigung auch willig mitmachte ist grösser als 95%. Mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit wird also ein junger Syrer in Freiburg an einer Gruppenvergewaltigung teilnehmen, wenn sich ihm dazu die Gelegenheit bietet. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass junge Syrer in Freiburg im Vergleich zu anderen Städten besonders kriminell sind und Frauen als besonders minderwertig erachten. Es ist weiters anzunehmen, dass die Täter nur zufällig in Freiburg gelandet sind und es sich dabei nicht um eine kriminelle Gang handelt, die sich vorher schon kannte und die alle zusammen nach Freiburg gekommen sind. Von daher kann man schlussfolgern, dass es vermutlich eine ähnlich hohe Bereitschaft an einer Gruppenvergewaltigung teilzunehmen für viele jungen Syrer geben wird, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Und damit ist es dann eindeutig kein Einzelfall mehr.