Tichys Einblick
Bundeslockdown und kein Ende

Corona-Ausnahmezustand soll nochmal verlängert werden: Berlins Angst vor der Wahrheit

Der Bundeslockdown hat nie so gewirkt, wie er sollte. Doch ihn auslaufen lassen, bedeutete einen Schlussstrich: Arbeitslosigkeit, Bildungskatastrophe, psychische Erkrankungen. Die Wirksamkeit des Vorschlaghammers auf den Prüfstand zu stellen, will man so lange wie möglich hinauszögern.

IMAGO / Jens Schicke

Noch wenige Wochen hat der Bundestag Zeit, die „epidemische Lage von Nationaler Tragweite“ zu verlängern, eigentlich ist das Gesetz besser bekannt als „Bundeslockdown“ oder „Bundesnotbremse“ zum 30. Juni befristet. Die Kranken- und Todeszahlen sinken, die dritte Welle war in Summe harmloser als eine herkömmliche Grippe-Saison und die Impfquote steht bei rund 40 Prozent: genug Gründe für ein Ende des demokratisch fragwürdigen Ausnahmezustands. Doch davon wollen Union und SPD nichts wissen. Bereits jetzt erklären Politiker der Regierungsparteien, an einer Verlängerung führe „kein Weg vorbei“, in gesundheitspolitischen Kreisen gelte eine Fortsetzung als Selbstverständlichkeit.

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Als Grund dafür schiebt man – mal wieder – eine Corona-Mutante vor. Diesmal ist es die „indische Variante“, die wegen ihrer Aggressivität, wie es heißt, die Basis für die Verlängerung des Ausnahmezustands sein soll. Erst am Dienstag stellten Forscher aus Göttingen fest, dass diese Variante nicht gefährlicher sei als andere – doch das hindert Unionspolitiker nicht daran, sogar von einem Lockdown bis Ende diesen Jahres zu sprechen. Irgendeine Begründung findet sich immer, um aus dem Ausnahmezustand einen Dauerzustand zu machen.

Dabei sinkt die Inzidenz seit Wochen kontinuierlich. Sie erreicht nun sogar die (mehr oder minder willkürliche) 50er-Marke – das merkt man daran, dass Gesundheitsminister Spahn bereits jetzt versucht, die 20er-Inzidenz vorsichtig als nächste Zielmarke einzuführen. Die Realität überholt die Hardliner-Szene, deren Anhänger sich gar nicht richtig zu helfen wissen – unter Hashtags wie #NoCovid oder #DieMaskebleibtAuf beschreiben Lauterbach-Verehrer und Seucheneinsiedler ihre pathologisch anmutende Angst vor der Normalität. Für diese Leute macht die Regierung offensichtlich Politik. Normalität darf nicht eintreten.

Warum eigentlich?

Vielleicht, weil dann die „Kollateralschäden“ der Lockdownpolitik ungeschminkt zu Tage treten würden – hunderttausendfache, vielleicht millionenfache Arbeitslosigkeit? Eine Generation von Schülern, die Versäumtes vielleicht nie wieder richtig nachholen werden? Eine für unser Gesundheitssystem nicht zu stemmende Welle von psychischen Erkrankungen? Und was ist, wenn die Leute nach ein paar Wochen ohne Lockdown plötzlich merken, dass die Corona-Apokalypse doch ausbleibt?

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Einen nachweislichen Effekt hatte die „Bundesnotbremse“ nie, auch wenn Regierungspolitiker verzweifelt versuchen, ihr einen anzudichten. Sie ist das gleichzeitig härteste wie auch sinnloseste Instrument in der Pandemiebekämpfung. Es hat vor allem Macht bei der Bundesregierung zentralisiert und den Rechtsweg gegen Maßnahmen für den Normalbürger praktisch unmöglich gemacht. Ein Gesetz, das die Bundesregierung zum Erlassen weitreichender Maßnahmen ermächtigt, aber einen Wirkungsnachweis schuldig bleibt, ist eine doppelte Zumutung für die Demokratie. Doch die soll uns erhalten bleiben – bis weit über die Bundestagswahl hinaus, wenn es nach der ums Kanzleramt bangenden Union geht, zumindest. Vielleicht kann man dann, wie von Söder angedeutet, aus der Opposition heraus den Grünen die Schuld am Ergebnis des eigenen desaströsen Handelns zuschieben.

Wir können nur spekulieren, was der wahre Grund für die geplante Verlängerung der Bundesnotbremse ist. Sicher ist nur: Die „indische Variante“ ist es nicht. Grund für die schlimmen Zahlen- und Bilder aus Indien waren weniger die Art des Virus, sondern die Bevölkerungsdichte, die Lebensbedingungen und der Zustand des Gesundheitssystems. Seit anderthalb Jahren betreibt die Bundesregierung ein Schneeballsystem, einen Kettenbrief der Panik und so will sie weiter und weiter spielen – solange sie irgendwie kann.

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