Tichys Einblick
EU-Ansprüche ohne Basis

Polen: EU-freundliche „Bürgerkoalition“ verliert Umfragepunkte

Katarina Barley, Vizepräsidentin des EU-Parlaments, griff Ungarn und Polen scharf an. Gerhard Papke, Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft, spricht von einem „blindwütigen Feldzug gegen Polen und Ungarn“. Die polnische Journalistin Aleksandra Rybińska betont, dass sich Polen gegen eine „Integration und Föderalisierung durch die Hintertür“ wehre.

IMAGO / Ralph Peters
Der Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft, Gerhard Papke, hat Katarina Barley für ihre Angriffe auf Polen und Ungarn kritisiert. Die Vizepräsidentin des EU-Parlamentes hatte Ungarn attestiert, dass man dort „fast nicht mehr von Demokratie“ sprechen könne. Papke warf Barley vor, „ihren blindwütigen Feldzug gegen Polen und Ungarn“ fortzusetzen. In einer Anfrage sagte Papke gegenüber TE: „Wer sich dem Weltbild der europäischen Linken widersetzt, wird immer radikaler diffamiert. Wenn Frau Barley behauptet, in Ungarn könne man fast nicht mehr von Demokratie reden, beleidigt sie ein zutiefst freiheitsliebendes Volk, dem gerade Deutschland viel zu verdanken hat.“ Der ehemalige Vizepräsident des Landtags NRW schloss daraus: „Mit ihren Ausfällen gegen Ungarn ist Frau Barley längst zu einer Schande für die deutsche Europapolitik geworden.“ Im Hinblick auf die Koalitionsverhandlungen sagte Papke: „Die neue Ampel-Regierung sollte sich schleunigst von ihren Parolen gegen die Demokratien Mitteleuropas distanzieren. Sonst wird die Europäische Union bald am Ende sein.“

Im Fernsehsender N-TV hatte die SPD-Politikerin am Montagmorgen gesagt: „Wir haben zwei Länder, neben Polen ist das ja auch noch Ungarn, die seit einigen Jahren daran arbeiten, unser Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verändern. Die begnügen sich nicht damit, in ihren eigenen Ländern die Unabhängigkeit der Justiz abzuschaffen, sondern sie wollen das in die gesamte Europäische Union übertragen.“ Mit dem letzten Urteil des polnischen Verfassungsgerichts hätten sie sich aus der EU-Rechtsgemeinschaft verabschiedet. Der „Lawineneffekt“ sei dabei von Ungarn ausgegangen. „Dort herrschen Verhältnisse, da kann man fast schon nicht mehr von Demokratie reden.“ Das sei auf Polen übergeschwappt, nun sei Slowenien gefährdet.

Die polnische Publizistin Aleksandra Rybińska erkennt in Barleys Äußerungen nur haltlose Vorwürfe. „Weder die Rechtsstaatlichkeit noch die Demokratie sind in Polen in Gefahr und Politikern wie Katarina Barley geht es auch gar nicht darum diese zu verteidigen“, erklärte sie gegenüber TE. „Vielmehr schießt sie gegen Polen, weil ihr die Regierung in Warschau ideologisch nicht passt. Die Unabhängigkeit der Justiz, wie sie von Barley und Co. bei dieser Gelegenheit propagiert wird, existiert überdies in keinem Mitgliedsland der EU, auch nicht in Deutschland, siehe Stephan Harbarth und das Dinner im Kanzleramt.“

Tatsächlich ginge es in der Sache um „Ideologie“, weil in Polen und Ungarn EU-skeptische, konservative Parteien regierten. „Das ist natürlich aus Sicht der Linken und der auf Selbsterhalt ausgerichteten EU-Institutionen ein Skandal. Man muss diese Konservativen ihrer Macht berauben, koste es was es wolle. Das ist der Grund für diese anti-polnische Kampagne, die 2016 ihren Anfang nahm“, so Rybińska weiter.

Sie widersprach zudem der Darstellung, dass das Urteil des polnischen Verfassungsgerichtes einen „Polexit“ oder Austritt Polens aus der Rechtsgemeinschaft entspräche. „Das Verfassungsgericht hat lediglich klargestellt (wie auch in den Jahren 2005 und 2010), dass die EU-Institutionen nur innerhalb der ihnen von den Mitgliedsländern übertragenen Kompetenzen agieren können. Zu diesen Kompetenzen gehört ausdrücklich nicht das Gerichtswesen in Polen. Das steht nirgendwo in den Verträgen. Überall da wo Brüssel seine Kompetenzen übertritt, gilt die Hoheit der polnischen Verfassung.“

Die EU versuche seit Jahren die europäische Integration mit Hilfe der Jurisprudenz des Europäischen Gerichtshofes voranzutreiben. Dies geschehe „an den Verträgen vorbei“, betonte Rybińska. „Die europäischen Eliten wissen nämlich sehr wohl, dass ein Konsens zu einer Änderung der Verträge im Augenblick unerreichbar ist und noch lange sein wird. Das ist Integration und Föderalisierung durch die Hintertür. Und dagegen wehrt sich Polen. Nicht mehr und nicht weniger.“

Der Konfrontationskurs Brüssels gegen Warschau hat dabei offenbar negativen Einfluss auf die EU-freundliche „Bürgerkoalition“. Das Oppositionsbündnis, dem auch die Bürgerplattform von Donald Tusk angehört, hat nach einer aktuellen Umfrage von United Surveys im Zeitraum vom 8. zum 22. Oktober drei Prozentpunkte verloren. Die Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ verbesserte sich um einen Prozentpunkt. Das polnische Verfassungsgericht hatte am 7. Oktober festgestellt, dass einige EU-Gesetze gegen die Verfassung des Landes verstoßen.

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