Tichys Einblick
Corona-App

Auf dem Weg in die Fürsorge- und Gesundheitsdiktatur

Der Albtraum ist nicht so weit von der Wirklichkeit: Die Corona-App könnte nur eine von vielen denkbaren Maßnahmen sein, mit denen ein fürsorglicher Staat seine Bürger beglücken will - und sich untragbare Lasten aufbürdet. Es beginnt etwas Neues.

Kürzlich schrieb mir ein langjähriger guter Freund von einem Albtraum. Es ging um die Einführung einer App, die den Behörden jederzeit die Feststellung erlaubt, wann und wo der Träger mit wem zusammengetroffen ist. Es werden dann im Internet Nachforschungen angestellt, die bei den Betroffenen sehr rasch zur Klärung ihrer Identität führen und die Verhängung der nötigen Maßnahmen zulassen, darunter zum Beispiel die Isolierung Corona-infizierter Personen. Natürlich aber auch andere Maßnahmen, je nachdem. Mein Freund schrieb, er sei vor Schreck aus dem Schlaf hochgefahren und heilfroh gewesen, dass alles nur ein schlechter Traum gewesen sei.

Ich habe meinem Freund geantwortet, dass er irrt. Die Corona-App wird kommen, erst auf freiwilliger Basis, dann als Zugangsvoraussetzung für dies und jenes, und zum Schluss werden die noch bleibenden Lücken durch ein gesetzliches Obligatorium geschlossen. Besser noch durch eine Rechtsverordnung, die kann von der Exekutive, wenn sie es will, von einem Augenblick auf den anderen geändert werden, einerlei ob verschärft, erweitert, abgeschafft oder was sonst.

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Die Ermächtigung für den Erlass der Rechtsverordnung findet sich einmal mehr in dem bisher allenfalls Archivaren und Liebhabern der entlegeneren Zweige des besonderen Verwaltungsrechts bekannten Infektionsschutzgesetz aus dem Jahre 2001, mit dem man ja jetzt schon die erstaunlichsten Dinge möglich gemacht hat – vom Verbot der Gottesdienste (zum ersten Mal wieder seit dem Augsburger Religionsfrieden des Jahres 1555, damals betraf es aber nur die aus Sicht des Landesherrn unerwünschten) bis zu den Polizeisperren an Landesgrenzen, sogar an Landkreisgrenzen. Es gibt vielleicht Gründe, so etwas zu machen. Nicht dazu gehört die Selbstbegünstigung durch lokale Potentaten.

Zugleich wird politischer Druck aufgebaut in Richtung auf eine „Exitstrategie“. Herr Laschet in Düsseldorf sieht darin die letzte Chance, seinem Konkurrenten aus München doch noch die Kanzlerkandidatur wegzuschnappen. Natürlich wird das mit dem baldigen Exit nicht gehen, ohne dass unterschiedliche Risiko- und Gefährdungsgruppen gebildet werden. In den überregionalen Leitmedien, wie man sie so nennt, sind bereits die ersten Versuchsballons aufgestiegen. Die alten Säcke über 65 werden dann und wann aus dem Haus dürfen, etwa zum dringenden Arztbesuch, falls sie in ihrem fortgeschrittenen Alter überhaupt noch einen Termin bekommen. Aber natürlich nur mit Sondergenehmigung, die sie, in Klarsichthüllen am Hals baumelnd, bei sich tragen müssen. So können Nachbarn und andere Denunzianten gleich nachsehen, bevor sie die Polizei rufen, wie es sich an der Ostsee bei den Zweitwohnungs-Gästen bereits vielfach eingebürgert hat.

Ebenfalls per Rechtsverordnung werden überall im Land Dank- und Besinnungsversammlungen eingeführt, mit denen Regierung und Gesundheitsapparat der Dank der Bevölkerung für die kluge und umfassende Vorbereitung des Landes auf die Coronapandemie dargebracht wird. Natürlich ist die Teilnahme freiwillig. Aber wer im Berufsleben oder auch sonst weiterkommen will, der ist gut beraten, sich dort blicken zu lassen. Mit Störern und Nörglern wird einstweilen maßvoll, aber mit Festigkeit umgegangen. Es wäre freilich ein Irrtum, dies mit Schwäche zu verwechseln. Im Bundestag ist es ohnehin ruhiger geworden, nachdem bei der Schrumpfung auf ein Notparlament so gut wie alle unverbesserlichen Kritikaster entfernt werden konnten.

LESERAKTION
Wo schikaniert der Staat in der Coronakrise die Bürger?
Böswilliger Kritik und anderen „fake news“ wird im Internet und auch sonst mit klarer Kante entgegengetreten. Wozu gibt es denn ein Netzwerkdurchsetzungsgsgesetz? Es mag zwar sein, dass es hier und da an Betten mit der nötigen Medizintechnik, Atemmasken, Medikamenten und sonst was mangelt. Vor allem fehlt es empfindlich an Fachpersonal-Reserven, wie sie früher die Bundeswehr hatte, als sie noch funktionsfähig war. Für die Jüngeren und Kräftigeren ist aber immer noch genug da. Der Blick in bestimmte Nachbarländer sollte ausserdem die Kritiker zum Verstummen bringen. Da haben wir es ja in unserer sich druckvoll anbahnenden Fürsorge- und Gesundheitsdiktatur noch Gold!

Aber das ist erst der Anfang. Wir stehen vor einer Riesen-Verstaatlichungswelle. Sie reicht aktuell von der Lufthansa und großen Reisekonzernen bis hin zu den kleinen Krautern mit ihren Zeitungsläden und Imbissbuden, die ihre Notkredite niemals zurückzahlen können. Ebenso können das wenig später die großen Banken, die Versicherer, Aktien- und Immobilienfonds; sie alle kommen in den großen Sack. Dem Staat dagegen geht die Puste aus. Immense soziale und wirtschaftliche Lasten, massenhafte Arbeitslosigkeit, nie dagewesene Steuerausfälle, phantastische externe Hilfs- und Garantieverpflichtungen und eine weltweite Rezession wirken zusammen, bis es nicht mehr geht. Es ist daher vernünftig, wenn am weiteren Übergang zur Mangelverwaltungswirtschaft bereits vorausschauend gearbeitet wird.

Oder etwa nicht? Wir wissen es nicht. Es knackt das Eis. Sicher ist nur eines: was uns bevorsteht, ist kein Szenenwechsel. Es ist ein anderes Stück.

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