Tichys Einblick
Am Katzentisch der Weltpolitik:

Annalena Baerbock hat Deutschland als ernstzunehmende Macht in der Welt abgemeldet

Was Baerbock inzwischen geschafft hat, ist, dass Deutschland als ernstzunehmender Akteur in der Weltpolitik ebenso in der Europa-Politik ausscheidet. Deutschland hat unter der Außenministerin, unter der Ampel, am Katzentisch der Weltpolitik Platz genommen.

IMAGO/photothek

In Berlin traf nun eine Beschwerde des chinesischen Außenministeriums ein. Zuvor hatte die chinesische Regierung, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts bestätigte, die deutsche Botschafterin Patricia Flor in Peking einbestellt. Grund für Pekings Beschwerde war, dass Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock auf ihrer USA Reise in einem Interview, das sie Fox News gab, erklärt hatte: „Wenn (Russlands Präsident Wladimir) Putin diesen Krieg gewinnen würde, was wäre das für ein Zeichen für andere Diktatoren auf der Welt, wie Xi, wie den chinesischen Präsidenten? Deshalb muss die Ukraine diesen Krieg gewinnen.“

USA-Reise
Baerbock fährt mit Bus und Bahn - der Regierungsflieger folgt leer hinterher
Natürlich darf man Xi Jingping einen Diktator nennen, jeder Publizist, jeder Politiker, jeder Analyst und Essayist, jeder Journalist, jeder Bürger dieses Landes darf das, nur ein Regierungsmitglied sollte sich dieser allzu plumpen Äußerung enthalten, für einen Außenminister jedoch ist diese Wortwahl tabu. China reagierte eindeutig. Mao Ning, Sprecherin des chinesische Außenministeriums, nannte Baerbocks Äußerung „extrem absurd und eine schwere Verletzung der politischen Würde Chinas und eine offene politische Provokation“. Chinas Regierung sei „zutiefst unzufrieden“. Auch nach zwei Jahren Amtszeit hat Baerbock anscheinend immer noch nicht begriffen, dass Peking nicht Pattensen, und Weltpolitik kein Buddelkasten ist.

Seit die Grünen-Politikerin Baerbock und ihre US-stämmige Staatssekretärin Jennifer Morgan feministische Außenpolitik betreiben, konzentrieren sich die raren Sternstunden deutscher Außenpolitik auf die Momente, wenn Baerbock unterwegs, wie jüngst auf dem Weg nach Australien, strandet und umkehren muss. Dann hält sich der Schaden für Deutschland in Grenzen. Außer für den Flug fallen keine weiteren Kosten an, keine Millionen und Milliarden, die in der Welt nach politischem oder ideologischem Geschmack Baerbocks verteilt werden, auch halten sich die peinlichen Statements in Grenzen.

Weder der Speck der Hoffnung wird in Südafrika ausgerufen, noch Russland im Nebensatz der Krieg erklärt, auch nicht Deutschland zum Vasallen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj mit dem Satz erklärt: „Wenn ich Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: „Wir stehen mit euch zusammen, so lange, wie ihr uns braucht“, dann will ich das auch einhalten – egal, was meine deutschen Wähler denken, ich will gegenüber den Ukrainern Wort halten.“ Und eben nicht den deutschen Wählern, den deutschen Bürgern.

In Riga verkündete Annalena Baerbock im Frühjahr 2022 – als stünde sie auf der Tribüne eines grünen Kreis-Parteitages -: „Was wir mehr denn je tun müssen, ist, unsere Energieimporte von Russland ein für alle Mal zu beenden.“ Sie fügte hinzu, damit es auch der letzte Unterabteilungsleiter im Kreml verstehen musste: „Wenn wir diesen Schritt jetzt gehen, uns unabhängig zu machen von russischen fossilen Importen, dann muss das der Schritt für immer sein.“ Im Kreml hatte man verstanden und drehte wenig später den Gashahn zu. Im selben Jahr wurde, damit Baerbocks Wunsch auch wirklich in Erfüllung gehen konnte, möglicherweise mit Wissen der USA, möglicherweise mit Wissen der Bundesregierung Nord-Stream gesprengt.

Obwohl Deutschland weiter Erdöl aus Russland durch die Drushba beziehen darf, denn das Embargo nimmt Erdöl, das durch Pipelines geliefert wird, aus, stellte Deutschland die Importe ab 1. Januar 2023 ein, während Polen, das nicht genügend strenge Embargos haben konnte, weiter Erdöl aus Russland durch die Drushba bezog.

Was Baerbocks Gerede mitbewirkt hat, kann jeder Deutsche an seiner Energierechnung ablesen.

Grüne plötzlich kleinlaut
Baerbocks Rolle rückwärts
Als Deutschlands Weltinneministerin im Sommer Australien, Neuseeland und die Fidschi Inseln besuchen wollte, strandete sie in Abu Dhabi, weil die A340 der Flugbereitschaft technische Probleme hatte. Kam dem Steuerzahler der Pannentrip nach Abu Dhabi zwar teuer, so dürfte er als Schnäppchen in die Geschichte der Baerbockschen Reisen eingehen, denn es fand sich keine Gelegenheit, in der Annalena Baerbock wieder für Deutschland teure Sätze in die Welt schicken konnte.

Was Baerbock inzwischen geschafft hat, ist aber dies, dass Deutschland als ernstzunehmender Akteur in der Weltpolitik und übrigens auch in der Europa-Politik ausscheidet. Deutschland hat unter der Außenministerin, unter der Ampel, am Katzentisch der Weltpolitik Platz genommen. Auch wenn man dort den Schuh auszieht und auf dem Katzentisch wild herumhämmert, beeindruckt das nicht einmal den Katzentich und löst nur noch Belustigung oder Kopfschütteln bei denjenigen aus, die am großen Tisch sitzen. Es ist allerdings nicht so, dass man an Baerbock gar nichts schätzt, man schätzt sehr das große deutsche Portemonnaie, das sie in ihrer Handtasche mit sich führt.

Eigentlich könnte das alles eine Posse sein. Eigentlich könnte man sich damit abfinden, dass diejenigen Deutschen, die ihr Vaterland lieben und achten wollen, es soll sie noch geben, von der Ampel dazu gezwungen werden, Historiker zu sein.

Doch die Situation ist zu ernst, dass sich Deutschland in einer Zeit, in der eine neue Weltordnung entsteht, sich eine Außenministerin leistet, die ihr Handwerk nicht versteht, die weder als Außenministerin, noch überhaupt als Politikerin agiert, sondern als grüne Ideologin, die die Heinrich Böll Stiftung für den Höhepunkt deutscher Intellektualität, deutschen Denkens hält. Zumindest dürfte sich Baerbock wohl kaum mit dem „Diktator“ Xi Jingping in der Kenntnis der Dichtung von Johann Wolfgang von Goethe messen können. Während Goethe aus den deutschen Gymnasien verschwindet, um Neubauer und Co Platz zu machen, wird Goethe eifrig ins Chinesische übersetzt und dort gelehrt.

Mit etwas Bildung hätte Baerbock also viel effektiver ihre Position deutlich machen können und wäre im Dialog mit den Chinesen gewesen. Die härteste Kritik an Xi Jingping wäre ohnehin, wenn man es denn will, ein Konfuzius-Zitat gewesen. Man muss nämlich, wie man bei Karl Marx lesen kann, den versteinerten Verhältnisse ihre Melodie vorspielen, um sie zum Tanzen zu bringen.

Die Weltfremdheit der Annalena Baerbock
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Die Schlüssel zum Frieden in der Ukraine, in Europa liegen in Moskau und Kiew, aber eben auch in Peking und in Washington. Wenn man in China und in den USA es wirklich will, würden längst ernsthafte Friedensverhandlungen stattfinden. Europa, das ein existentielles Interesse am Ende des Krieges hat, Deutschland allzumal, hat keine Stimme, darf auf Gedeih und Verderb die Ukraine finanzieren – und das war es dann auch schon, der Rest ist Taktik und Posse.

In dieser Situation wäre es sehr wichtig, dass deutsche Außenpolitik in Wahrnehmung deutscher Interessen klug agiert, um Friedensverhandlungen zu ermöglichen. Weder die Außenministerin, noch ein Ex-Schreibtisch-Oberst der CDU, den der Hafer zu stechen scheint, noch Robert Habeck, noch Frau Strack-Zimmermann lassen erkennen, begriffen zu haben, dass auch Deutschland mit jeden Tag tiefer in den Krieg rutscht. Und dass es im ureigenem deutschen Interesse liegt, von der Höhe der Phrase herunterzukommen, und sich den Mühen der Ebene, Frieden zu ermöglichen, zu unterziehen.

Glanzvoll ist diese Kleinstarbeit nicht, wie Realismus auch keine Gloriolen wirft. Doch was glaubt Baerbock, wer ihr denn jetzt noch in Peking zuhört – und wie gesagt ein Schlüssel zum Frieden liegt dort – auf dem Tisch des „Diktators“.

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