Tichys Einblick
„Bundesstiftung Gleichstellung“

Die Gleichmacher am Werk

Bei Institutionen wie der "Bundesstiftung Gleichstellung" geht es nicht um Gleichheit, sondern um Macht und Geld für einige. Das ist der Trend der Zeit: Nicht Chancen für alle, sondern die Befriedigung der Ansprüche einiger.

Gleichstellung an der Husemannstraße in Berlin

IMAGO / Sabine Gudath

Gleichberechtigung, also gleiches Recht für alle, ist das Grundprinzip des Rechtsstaates: Niemand soll wegen irgendeines persönlichen Merkmals, sei es Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder ähnlichem, diskriminiert oder privilegiert werden. Mit Gleichheit oder Gleichstellung hat Gleichberechtigung nichts zu tun. Die Menschen sind nicht gleich, und einige zu privilegieren, weil man sie für zu kurz gekommen hält, ist nicht nur grundgesetzwidrig, es geht auch meistens schief.

Dennoch lebt das Missverständnis weiter. Es geht auf „affirmative action“ zurück, eine staatliche Initiative Mitte der 60er Jahre in den USA, unter der Präsidentschaft von Lyndon Johnson. Man wollte damit Gutes tun, der Diskriminierung entgegenwirken, der Minderheiten und Frauen ausgesetzt waren, vor allem ihnen besseren Zugang zu Bildung und Jobs gewähren. Die Kriterien dafür: Rasse, Behinderung, Geschlecht und Alter. Wer mehr als eines dieser Merkmale auf sich vereint, ist heute „intersektional“ Opfer und verdient entsprechend mehr Zuwendung.

Mittlerweile ist das Konzept in den USA umstritten, es scheint übrigens, betrachtet man die black community, wenig genützt zu haben. Ein Programm mit einer solchen Perspektive aktiviert nicht, es macht Menschen zum passiven Objekt des staatlichen Wohlwollens – und es diskriminiert, etwa an den Hochschulen, diejenigen mit den besseren Leistungen, wenn sie, etwa als Asiaten, nicht die richtige Rasse und womöglich auch nicht das passende Geschlecht haben. 

Diese unguten Folgen des Gutgemeinten hat man in der deutschen Frauenbewegung der 70er Jahre immerhin noch diskutiert. Vergessen und vorüber. Die SPD braucht zwar immer ein wenig länger, um einen Trend zu erkennen, doch mittlerweile steht sie an der Spitze der Bewegung. Noch kurz vor Ende der Legislaturperiode hat sie dafür gesorgt, dass das Kabinett beschließt, eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ zu errichten, in die jährlich 5 Millionen Euro fließen sollen. Es geht schließlich um nichts geringeres als Gerechtigkeit für uns arme unterdrückte Frauen. Gegenfrage: Will man uns das gleiche elende Schicksal aufdrücken, das die Männer im Schnitt vier Jahre früher in den Tod treibt? Oder mit wem sollen wir sonst gleichgestellt werden? 

Es stimmt also nicht, dass das Parlament nicht arbeitet. Auch wenn es sich, was die gravierendsten Grundrechtseinschränkungen seit Existenz der Bundesrepublik Deutschland betrifft, das Heft aus der Hand hat nehmen lassen. Unter dem Nebelschleier der Panikpandemie lässt sich prima das eine oder andere unterbringen, das sich als nützlich erweisen könnte, sollte die SPD nach der Bundestagswahl nicht mehr in der Regierung sein und sollten verdiente GenossInnen Lohn und Brot benötigen – von 33 neuen Stellen ist die Rede, und das ist erst der Anfang. Denn es brauchen ja nicht nur Frauen dringend Unterstützung, sondern auch schwer vermittelbare Akademiker aus Geschwätzwissenschaften und Gender Studies. 

Es gibt doch so viel zu tun: Noch immer wird nicht überall gegendert, auch wenn man es uns in Funk und Fernsehen so hübsch vormacht, noch immer gibt es keine „Parité“ im Parlament oder bei den Vorstandsposten, wo doch bekanntlich alle hinwollen. Immerhin gehen die Initiatoren davon aus, dass es Männer und Frauen gibt, was ja heute nicht mehr selbstverständlich ist. 

Begriffsstutzig gefragt: Wenn sie gleich sind, muss man Frauen nicht extra fördern. Sind sie also ungleich, fragt es sich, woran sie sich angleichen sollen. Mittlerweile gibt es hinreichend viele Untersuchungen, die zeigen, dass Frauen andere Lebensvorstellungen hegen und vor allem eher selten die Berufs- und Karrierewünsche sozialdemokratischer Funktionärinnen haben. Im Zweifelsfall dürften diese – eine kleine akademisch geprägte Elite – von der Förderung aller angeblich unter gläsernen Decken eingeschachtelten Frauen am ehesten profitieren. Denn obwohl Frauen hierzulande alles dürfen, was sie wollen, und händeringend gebeten werden, zu tun, was sie sollen, sträuben sie sich, dem inständigen Bitten nachzukommen, in die Politik und die Vorstände einzuziehen. Und das soll ihnen jetzt in einer Stiftung schmackhaft gemacht werden, in der feministische Lobbygruppen das Sagen haben? Birgit Kelle hat das unter die Lupe genommen, es ist verblüffend, wer da alles mitmischt.

Was also soll der ganze Zauber? Es geht nicht um Gerechtigkeit und Gleichheit und um das Wohl „der“ Frauen. Es geht um Macht und Geld für einige. Das ist erlaubt. Es sollte uns nur nicht als Wohltätigkeitsveranstaltung für die Menschheit verkauft werden. 

Doch das ist der Trend der Zeit: Es geht nicht mehr um Chancen, die ein jeder haben soll, sondern um Ansprüche, die befriedigt werden sollen. So sehen es auch die sogenannten „Neuen Deutschen Medienmacher“ (NDM), die unter dem besonderen Schutz des Kanzleramts stehen. Die haben längst von der Frauenbewegung gelernt und verlangen nun ihrerseits eine Quote: „Eine 30 Prozent-Quote für Journalisten aus Einwandererfamilien, für Schwarze Journalisten und Medienschaffende of Color“, denn in manchen Redaktionen seien Weiße „noch ganz unter sich“. Das ist, man staune, auch im Rest des Landes weitgehend so. 

Qualität? Ach was. Hauptsache betroffen. Die Frage ist nur, wer das politisch korrekte Gesinnungszeugs lesen oder hören will, sollten die geforderten 30 Prozent nichts Substantielleres zu sagen haben als ihre Lobbygruppe. Was die Medien betrifft, so entscheidet, die öffentlich-rechtlichen Anstalten mal ausgenommen, darüber der Markt. Also die Leser. Wenn man sich die Entwicklung der verkauften Auflage deutscher Presseerzeugnisse so betrachtet, hat er bereits entschieden. 

Es sieht jedenfalls nicht so aus, als ob der Spiegel von der Beschäftigung der Vorsitzenden der NDM, nämlich Ferda Ataman, besonders profitiert hätte.