Tichys Einblick
Stephans Spitzen:

Das FDP-Desaster von Berlin und Lindners Liberallala

Die FDP ist der große Verlierer der Berliner Wahl. Wundern kann das niemanden angesichts ihrer Performance in der Ampelkoalition. Dass die bürgerliche Mitte unter die rotgrünen Räder geriet, liegt auch am Versagen der einstmals liberalen Partei, die kein Profil und keinen Kurs erkennen lässt.

IMAGO / Political-Moments

Die Berliner, die womöglich hier und da aus lauter Verzweiflung die CDU gewählt haben, mit Hoffnung auf eine bürgerliche Regierung, die insbesondere die Grünen fern von der Macht halten könnte, dürften enttäuscht werden. Selbst wenn die SPD und Frau Giffey bereit wären, sich von den rotgrünen Regierungspartnern zu trennen, dürfte es für eine stabile Koalition mit der CDU nicht reichen. Das liegt daran, dass die AfD und damit deren Wähler ausgegrenzt werden. Und es liegt daran, dass die FDP die nötigen 5 Prozent nicht erreicht hat.

Doch wen wundert es eigentlich noch, dass die FDP nun auch im Berliner Abgeordnetenhaus nicht mehr vertreten sein wird? 

„Der Markt für eine freiheitliche, wirtschaftsliberale Kraft ist da“, meint Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt, „aber das geht nur mit einem Personal, das den Liberalismus selbstbewusst und wehrhaft in einer zunehmend freiheitsfeindlichen, kollektivistischen Umwelt erklärt.“  Aber weder Selbstbewusstsein noch Personal ist in Sicht. Entsprechend flau reagierte Parteichef Lindner auf die erneute Wahlschlappe auf Landesebene, der in diesem Jahr weitere folgen dürften. Das habe mit der Regierungsverantwortung im Bund zu tun. Man verfolge „eine klare Strategie, die sich hier in Berlin noch nicht ausgezahlt hat, an der wir aber festhalten.

Ja wo bleibt sie denn, diese Strategie? Und wo hat sie sich ausgezahlt? Immerhin möchte man den Bürgern ihr Auto nicht wegnehmen, ist gegen irreguläre Migration und selbstredend für einen „wirtschaftlichen Erfolgspfad“, nicht ohne koalitionsfreundlich „soziale Sicherheit und ökologische Transformation“ zu erwähnen. Energiepolitik? Weiterbetrieb der verbliebenen KKW? Keine erkennbare „klare Strategie“.

Stephans Spitzen:
Die Regierenden: Zwerge im Größenwahn
„Besser nicht regieren als falsch regieren“ war Lindners stolzer Spruch von 2017. Verdammt lang her. Immerhin hatte er damals noch die Unterschiede zu CDU und CSU für überbrückbar gehalten, sah aber „den Einsatz für die Freiheit des Einzelnen nicht ausreichend repräsentiert“. Und jetzt? Steht der Gesundheitsminister Karl Lauterbach für einen solchen Einsatz? Und wo bleibt die Freiheit des Einzelnen bei der grünen „Klimapolitik“? Wo ist der Einspruch der FDP gegen die Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, die Einspruchsmöglichkeiten der Bürger zu beschränken, wenn es um den Ausbau der Windkraft geht? Tritt eine selbstbewusste FDP der Innenministerin entgegen, die Deutschland allen öffnen will, die es zu uns zieht?

Wenigstens FDP-Vize Wolfgang Kubicki reiht sich, wie gewohnt, nicht unter die Leisetreter ein: „Wenn es keinen Straßenbau mehr geben soll, dann gibt es auch keine neuen Stromleitungen mehr. Da kann sich der Robert (Habeck) gehackt legen. Die Zeit des Appeasements ist vorbei.“

Schön wär’s. Dass die bürgerliche Mitte unter die Räder der rotgrünen Bankrotteure geraten ist, liegt auch am gewohnheitsmäßigen Versagen der FDP. Die einstmals liberale Partei lässt kein Profil und keinen Kurs erkennen. 

Besser schlecht regieren als gar nicht regieren? So siehts aus.


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