Tichys Einblick
Parteienstaat statt Gewaltenteilung

Harbarth, Verfassungsgericht und UN-Migrationspakt

Werden Verfassungsgerichte zum Spielball von Interessen, lässt sich notwendigerweise nur noch das Ende des durch sie zu schützenden Gemeinwesens konstatieren.

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„Wer den Globalen Migrationspakt radikal bekämpft und ihn a limine zurückweist, wie das Rechtspopulisten tun, der schafft letztlich die Voraussetzungen dafür, dass Menschen andere Länder verlassen, um sich auf den Weg nach Europa und Deutschland zu machen.“

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Verfassungsgerichte sind fraglos eine der wichtigsten Errungenschaften, über die ein moderner, freiheitlicher Staat verfügt. Sie sind in einer freiheitlichen Demokratie schlicht die wichtigste Instanz. Wichtiger als Präsidenten, Kanzler, Minister und was sich sonst noch so an den Spitzen des Staates tummelt. Denn Verfassungsgerichte haben darüber zu wachen, dass freiheitlich-demokratische Staatswesen nicht durch einseitige Machtanhäufung, die Freiheit des Bürgers beschränkende oder andere, gegen die Verfassung verstoßende Gesetze und Maßnahmen sowie durch sonstige Verschiebungen innerhalb der Machtverteilung das Staatswesen gefährdet oder gar zerstört werden. Werden Verfassungsgerichte zum Spielball von Interessen, lässt sich notwendigerweise nur noch das Ende des durch sie zu schützenden Gemeinwesens konstatieren.

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Basis eines jeden Verfassungsgerichts ist deshalb dessen absolute Unabhängigkeit. Verfassungsrichter dürfen – so schrieb es bereits das Grundgesetz von 1949 als provisorische Verfassung fest – „weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören“. Denn wenn in der Gewaltenteilung grundsätzlich die absolute Unabhängigkeit des Richters gewährleistet sein muss, gilt dieses umso mehr für jene Richter, die dem wichtigsten deutschen Gericht als Wächter über die Verfassung zugewiesen sind.

Dummerweise nun hatten die Autoren des Grundgesetzes von 1949 bereits einen Fehler gemacht. Oder besser formuliert: Sie konnten sich schlicht nicht vorstellen, dass es in der von ihnen zu schaffenden Republik Organe oder Gruppierungen geben könne, die genau diese Basisvoraussetzung der absoluten Unabhängigkeit zwischen den Gewalten zu unterwandern suchen würden – und die etwa gar auf die Idee kommen könnten, in das höchste Gericht Personen zu entsenden, die als Richter gänzlich unerfahren sind.

Genau das aber ist dieser Tage geschehen. Und das nicht nur in Bezug auf einen beisitzenden Richter, sondern auf eine Person, die, wie allenthalben zu hören ist, in absehbarer Zeit sogar den Vorsitz dieses höchsten deutschen Gerichts übernehmen soll.

„Möglicherweise tut er das, weil er parteipolitischen Nutzen aus der von ihm erzeugten Angst zu ziehen sucht.“

Stephan Harbarth ist ohne Zweifel ein Jurist, der sein Handwerk versteht. Liest man seine Selbstdarstellung bei der Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz, kann es daran keinen Zweifel geben. Harbarth – dort als Partner der Kanzlei ausgewiesen und somit Miteigentümer und Chef des Frankfurter Anwaltsunternehmens – ist ausgewiesener Spezialist. Aber – und hier beginnt die Fragwürdigkeit seiner Berufung in das Bundesverfassungsgericht – mit den dort zu verhandelnden Fällen des Staats- Verfassungs- und Völkerrechts hatte er noch nie in seinem Leben etwas zu tun. Harbarth ist Wirtschaftsanwalt. Fachmann für Gesellschaftsrecht. Noch genauer: Fachanwalt für Aktienrecht. In diesem Fachgebiet der Juristerei hat er zahlreiche wegweisende Fachbeiträge veröffentlicht. Naheliegend, dass er auch als Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Die Aktiengesellschaft“ ausgewiesen wird.

Die Liste seiner Mandanten liest sich wie das Who is Who der deutschen Wirtschaft. So hat Harbarth mehrmals den Verkauf der Daimler-Anteile am Luftfahrtunternehmen EADS begleitet. Für die Südzucker AG mehrfach Hilfestellung bei Schuldverschreibungsgeschäften und beim Verkauf einer Tochtergesellschaft an den Lebensmittelriesen Nestlé geleistet. Ob Klett-Verlag, Sanofi-Aventis, Vereinigte Motor-Verlage, Gruner+Jahr, Merck KGaA, Allianz oder Mannheimer Leben – Harbarth ist erste Wahl, wenn es um Großtransaktionen zwischen, mit und für Aktiengesellschaften geht. Er ist für diese Unternehmungen der ausgewiesene Spezialist. Nicht umsonst wirbt seine Kanzlei mit dem Slogan: „Zu uns kommen Konzerne, weil wir keiner sind.“ Harbarth ist Fachanwalt. Das ist aller Ehren wert und in keiner Weise zu kritisieren.

„Oder er bekämpft den Pakt, weil er die internationalen Zusammenhänge ignoriert.“

Was Harbarth jedoch nicht hat, das sind jene Voraussetzungen, die eigentlich zu erwarten wären, wenn es die Besetzung des wichtigsten deutschen Richteramtes geht. Folgen wir seiner Selbstdarstellung, so hat Harbarth noch nie auf dem Richterstuhl gesessen. Er war immer als Jurist der Vertreter jener ihn beauftragenden Klienten. Interessenvertreter von Berufs wegen. Niemals neutraler Betrachter der von ihm zu beurteilenden Materie.

Das deutsche Recht setzt für die Berufung zum Richteramt hohe Hürden. § 5 des Deutschen Richtergesetzes nennt, ein abgeschlossenes Studium voraussetzend, für die zweijährige Ausbildung folgende Pflichtstationen der Tätigkeit: Ein ordentliches Gericht in Zivilsachen; eine Staatsanwaltschaft oder ein Gericht in Strafsachen; eine Verwaltungsbehörde; eine Rechtsanwaltskanzlei.

Nichts in Harbarths Lebenslauf deutet darauf hin, dass er außer dem Rechtsanwaltsberuf diese Voraussetzungen erfüllt. Reicht das Referendariat am Kammergericht in der Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen, um die notwendige Erfahrung mitzubringen, die das höchste deutsche Richteramt erwarten lässt?

§ 7 des Richtergesetzes spricht auch „ordentlichen Professoren der Rechte“ die entsprechende Amtsbefähigung zu. Harbarth ist sei März 2018 „Honorarprofessor“. Das gibt ihm das Recht, den Titel „Professor“ zu führen. Doch das Karriere-Portal „academics“ der Wochenzeitung „Die Zeit“ beschreibt den Honorarprofessor wie folgt:

„Der Name ist irreführend: Honorarprofessoren sind nicht etwa Freiberufler und erhalten für ihre professoralen Leistungen, beispielsweise in der Lehre, ein Honorar. Im Gegenteil, Honorarprofessoren lehren in der Regel unentgeltlich und ehrenamtlich an einer Hochschule. Im Gegenzug dürfen sie – entsprechend den dazu geltenden Vorgaben des Landesrechts – den Professorentitel tragen. Von Honorarprofessoren wird erwartet, dass sie pro Semester mindestens eine Lehrveranstaltung mit zwei Semesterwochenstunden geben.

Voraussetzung für eine Honorarprofessur sind mehrjährige Erfahrungen in der Lehre sowie besondere wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen, sei es im Wissenschaftsbetrieb oder in der beruflichen Praxis. Im Großen und Ganzen müssen also die Einstellungsvoraussetzungen für Professoren erfüllt sein, eine Habilitation ist jedoch nicht nötig. Darin unterscheidet sie sich von der außerplanmäßigen Professur, welche direkt auf der Privatdozentur und damit auf der Habilitation aufbaut.“ 

Mit anderen Worten: Der Honorarprofessor ist ein Ehrentitel – keine ordentliche Professur.

„Doch der geistige Horizont deutscher Politik darf niemals an den deutschen Außengrenzen enden.“

Und doch wollen wir hier nicht die Frage erörtern, ob Harbarth tatsächlich die notwendige Qualifikation für Deutschlands höchstes Richteramt mitbringt. Wie wenig das in der Bundesrepublik der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts noch zählt, wird auch dann deutlich, wenn beispielsweise der Bund deutscher Juristinnen die Wahl Harbarths nicht wegen möglicherweise fehlenden Qualifikation bemängelt, sondern deshalb, weil er keine Frau ist. Was vielleicht auch daran liegt, dass der verfassungswidrige Vorstoß der Frau Bundesminister der Justiz und der Bewerberin für das Amt des CDU-Bundesvorsitzes, für die Besetzung des Bundestages künftig Geschlechterquoten festzulegen, bei Harbarth nicht die gewünschte Unterstützung finden könnte.

Damit aber sind wir nun beim eigentlichen Irrweg, den die Besetzung dieses hohen Amtes durch einen Mann wie Harbarth deutlich macht: Es ist der Weg, der zur Besetzung führt.

Die provisorische Verfassung der Bundesrepublik legt in Artikel 94 GG die Wahl in die Obliegenheit von Bundestag und Bundesrat: „Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrat gewählt.“

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Als dieses zur Gründung der Bundesrepublik niedergeschrieben wurde, vermochte sich noch niemand der Autoren vorzustellen, dass eines Tages in dieser Republik alle Macht von den Parteien statt vom Volke ausgeht. Geprägt von den Vorstellungen der Gewaltenteilung sollte so ursprünglich sichergestellt werden, dass auf der einen Seite der Souverän, also das Staatsvolk, vertreten durch die von ihm gewählten Abgeordneten, an der Besetzung des Amtes mitwirkt. Auf der anderen Seite standen – in gewisser Weise ein Relikt aus der Verfassung von 1871 – die Regierenden der Länder des Bundes. Gänzlich aus dem Besetzungsgeschäft war die Bundesregierung – vermutlich auch deshalb, weil man von dort ausgehend die größte Gefahr für den Bestand der freiheitlichen Demokratie befürchtete.

Für die Verfassung war damit das Höchste Gericht ausgestattet mit Personen, die einerseits von der Legislative, andererseits von der Exekutive – also den beiden anderen, künftig zu kontrollierenden Gewalten – selbst in gegenseitiger Kontrolle bestellt wurden. Die Tatsache, dass es zwischen diesen Gewalten heute kaum noch erkennbare Unterschiede in Interessen und Zielen gibt, weil beide von denselben, kleinen Eliten in den Führungen der Staatsparteien bestimmt werden, vermochten die Grundgesetzgeber sich 1949 noch nicht vorzustellen.

Deshalb auch blieb ihre unverzichtbare Einschränkung des möglichen Personenkreises rudimentär: „Sie [die Verfassungsrichter] dürfen weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören.“ Diese Formulierung des Grundgesetzes sollte sicherstellen: Niemand, der im Bundesverfassungsgericht sitzt, darf eine zu große Nähe zu einer der beiden anderen Gewalten aufweisen.

Leider vergaßen die Gesetzgeber 1949, Karenzzeiten festzuschreiben. Und so wechselt mit Harbarth nun nicht zum ersten Mal jemand, der aus tiefster Überzeugung einem Parlament oder einer Regierung angehört, von heute auf morgen in jenes Amt, dessen wesentlichste Aufgabe es ist, genau diese beiden anderen Gewalten zu kontrollieren. Kann das funktionieren? Diese Frage stellte sich bereits in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger, wenn der Eindruck entstand, dass die aus den Parteiklüngeln berufenen Verfassungsrichter ihre Nähe zu Parteipositionen und Parteienwohl über eine objektive, am Wortlaut des Gesetzes orientierte Beurteilung zu stellen schienen.

Wie beispielsweise wird Harbarth agieren, wenn eines der zahllosen, auch fragwürdigen Gesetze, denen er im Bundestag zugestimmt hat, auf dem Tisch des Verfassungsgerichts liegen sollte? Erklärt er sich, wie es selbst auf den untersten kommunalen Ebenen üblich ist, in der Sache für befangen? Überlässt er die Entscheidung jenen, denen keine Mitwirkung am Verhandlungsgegenstand vorzuwerfen ist? Kaum vorstellbar.

Weg mit den Fachleuten

Harbarth ersetzt nun Ferdinand Kirchhof. Kirchhof ist ausgewiesener Verwaltungsrechtler, war Ordentlicher Professor für Staatsrecht. Als er 2007 zum Verfassungsrichter ernannt wurde, hatte er bereits vier Jahre Erfahrung als Richter am Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg hinter sich. Er wird ersetzt durch einen Aktienrechtler ohne Ordentliche Professur und Richtererfahrung.

2020 soll Harbarth Andreas Voßkuhle als Präsident des Gerichts beerben. Voßkuhle ist ausgewiesener Fachmann für Öffentliches Recht, Verwaltungswissenschaften und Rechtstheorie. Als Voßkuhle 2008 in das Bundesverfassungsgericht berufen wurde, hatte er eine langjährige akademische Laufbahn hinter sich, die er 1999 als Ordentlicher Professor an der Universität Freiburg und Direktor des Instituts für Staatswissenschaften und Rechtsphilosophie startete. Er wird ersetzt werden durch einen Wirtschaftsanwalt mit dann zwei Jahren Richtererfahrung ohne Ordentliche Professur und ohne fachlichen Hintergrund in Sachen Staatsrecht.

Wie groß die Defizite des Wunschkandidaten der Frau Bundeskanzler auf diesen fundamentalen Rechtsgebieten, die Grundlage für ein sachgerechtes Urteil im höchsten deutschen Gericht sein sollten, sind, war nicht nur bei Harbarths Einlassungen bei der ersten Bundestagsdebatte über den sogenannten Migrationspakt zu erkennen. In einer Kolumne der FAZ fasste er seine Position mit jenen Sätzen zusammen, die hier bereits als scheinbar sinnfreie Zwischenüberschriften eingestreut wurden. In einem Kontext liest sich Harbarths Position wie folgt:

.„Wer den Globalen Migrationspakt radikal bekämpft und ihn a limine zurückweist, wie das Rechtspopulisten tun, der schafft letztlich die Voraussetzungen dafür, dass Menschen andere Länder verlassen, um sich auf den Weg nach Europa und Deutschland zu machen. Möglicherweise tut er das, weil er parteipolitischen Nutzen aus der von ihm erzeugten Angst zu ziehen sucht. Oder er bekämpft den Pakt, weil er die internationalen Zusammenhänge ignoriert. Doch der geistige Horizont deutscher Politik darf niemals an den deutschen Außengrenzen enden.“

Es gibt keinen Zweifel: Das sind nicht die abwägenden Formulierungen eines Mannes, der seine Qualifikation als neutraler Verfassungsrichter unter Beweis stellen will. Es ist eine politische Attacke, die sich mit der Verwendung eines Fachbegriffs der Richtersprache einen intellektuellen Anschein geben will („a limine“ steht als Sammelbegriff für gerichtliche Entscheidungen, die bei Verfahrensbeginn ohne Verhandlung und Beweisaufnahme ergehen).

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Vor allem aber sind es nicht die sachlich qualifizierten Einlassungen eines Staats- und Völkerrechtlers. Denn jene weisen mittlerweile zunehmend mehr darauf hin, dass der maßgeblich von der Bundesregierung initiierte Migrationspakt zwar den Hinweis enthält, nicht bindend zu sein, jedoch als sogenanntes „Soft Law“ in die Rechtsprechung einfließen und so über Gewohnheitsrecht zu Völkerrecht werden wird. Statt in die sachliche Auseinandersetzung mit dem Pakt einzusteigen, ergeht sich Harbarth in Diffamierung der Gegner und Plattitüden in der Sache. Denn gerade jene, die die Pakt kritisch hinterfragen, sind es, die die „internationalen Zusammenhänge“ nicht ignorieren. Sie sind es, deren „geistiger Horizont“ nicht an den deutschen Außengrenzen endet, weil die Einwanderung auch eben dort nicht endet.

Harbarth bleibt zudem in seinen Positionierungen zum Migrationspakt jeglichen Sachbeweis seiner Aussagen schuldig. Er agiert als politischer Agitator, nicht als wissenschaftlich fundierter Jurist. Qualifiziert ihn das für das höchste deutsche Richteramt?

Harbarth muss den Migrationspakt nicht verstehen – noch nicht

Zutreffend ist: Harbarth muss diesen Pakt ebenso wenig wie andere Sachfragen des Staats- und Völkerrechts sachgerecht beurteilen können. Schließlich ist er Wirtschaftsanwalt – ein Mann, der die Interessen von Konzernen durchsetzt und sie durch den Dschungel der Gesetzgebung führt, wie seine Kanzlei zutreffend verkündet.

Ist es ihm vorzuwerfen, dass er mit seinen fehlenden Fachqualifikationen die Berufung zum Verfassungsrichter nicht von sich gewiesen hat? Nun – wer wird schon das Sahnehäubchen auf einer erfolgreichen Karriere zurückweisen, wenn es auf einem goldenen Tablett serviert wird? Spielt es da noch eine Rolle, dass dieses Häubchen so gar nicht auf den Kopf passen will?

Die zu stellende Frage muss sich deshalb an jene wenden, die Harbarth zum obersten deutschen Richter machen wollen und bereits zum Verfassungsrichter gemacht haben. Denn sie sind es, die mit dieser Entscheidung einen weiteren Stein aus dem Fundament der 1949 aus der Taufe gehobenen Demokratie gebrochen haben. Einmal mehr sind sie den Beweis angetreten, dass jene Idee des freiheitlichen, funktionsfähigen Staates, die als Gewaltenteilung bezeichnet wird, für sie keinen Wert mehr hat. Lobbyisten von der Parteien Gnade in allen drei Gewalten. Das hatten sich Montesquieu und Locke etwas anders gedacht.

Möglich, dass Harbarth als Verfassungsrichter den Versuch unternehmen wird, sich frei zu strampeln. Den Beweis, dass er dieses kann, ist er bislang jedoch schuldig geblieben. Seine bisherige Tätigkeit lässt vielmehr befürchten, dass er im Kielwasser der global agierenden Großkonzerne schwimmen wird, die maßgeblich am Migrationspakt mitgewirkt haben, weil sie in ihm die Möglichkeit eines deutlich erleichterten, weltumspannenden Arbeitsmarktes erblicken. Harbarths Benennung durch Angela Merkel und seine sachfremde, ausschließlich politische Positionierung zum Migrationspakt lassen darüber hinaus den Verdacht aufkommen, dass Merkel ihn ganz bewusst als ihren Verfechter des Paktes platziert haben wollte – sollte dieses Kernlement Merkelscher Globalpolitik dann in absehbarer Zeit doch auf dem Tisch der Verfassungsrichter landen, weil vielleicht festgestellt werden sollte, dass er so unverbindlich, wie behauptet, dann doch nicht ist.

Der eigentliche Vorwurf aber bleibt bei jenen Parteilobbyisten hängen, die sich nach Legislative und Exekutive nun mit dem Bundesverfassungsgericht den Staat in Gänze zur Beute machen. Weshalb ich nun zum Abschluss jenen Satz wiederholen möchte, der bereits im ersten Absatz zu lesen war:

Werden Verfassungsgerichte zum Spielball von Interessen, lässt sich notwendigerweise nur noch das Ende des durch sie zu schützenden Gemeinwesens konstatieren.


Mehr zum Thema:
Roland Tichy (Herausgeber), Der UN-Migrationspakt und seine Auswirkungen. Tichys Einblick, 112 Seiten, 12,00 €.
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