Es ist ein Paukenschlag. Eine Watschen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem gestrigen Urteil zu den Staatsanleihen-Ankäufen der EZB (PSPP) in mehrere Richtungen ausgeteilt und wichtige Weichen gestellt.
Erstens in Richtung der Bundesregierung und des Parlaments. Beide haben ihre Kontrollfunktion nicht hinreichend ausgeübt. Sie hätten, so verlangt es das Verfassungsgericht, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der EZB drängen müssen.
Dieser Hinweis ist wichtig. Zu Beginn der Euro-Krise galt es noch als „Majestätsbeleidigung“, die EZB und ihren jeweiligen Präsidenten zu kritisieren. Es galt immer als Einmischung in die Unabhängigkeit der Geldpolitik. Das hat sich im Lauf der letzten Jahre zwar etwas verändert, aber dennoch kann von einer Kontrolle und einer Prüfung durch das Parlament keine Rede sein. Dabei ist die EZB nicht freischwebend, sondern lediglich unabhängig von der Politik im Rahmen des Gesetzes.
Insbesondere die Kollateralschäden wurden vernachlässigt. Diese sind inzwischen erheblich. Allein die Orientierung am Inflationsziel von zwei Prozent und dieser Erfüllung alles unterzuordnen, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
Dies ist auch der entscheidende Grund dafür, weshalb die Investitionskraft in Deutschland seit vielen Jahren erlahmt. Wenn immer mehr Unternehmen zombiefiziert sind, dann kann eine Wirtschaft nicht produktiver werden. Auch das kann seit langem belegt werden. Denn die Arbeitsproduktivität ist auf einem historisch niedrigen Niveau. Faktisch stagniert sie in diesem Land. Das kann man als Beleg dafür werten, dass das Wachstum bis zur Corona-Krise zu nicht unerheblichen Teilen auf Sand gebaut war.
Gleichzeitig ist der Beschluss aber auch eine Rückendeckung für Jens Weidmann und die Bundesbank. Seine Rolle wird im EZB-Rat gestärkt. Denn dieser muss in den nächsten 3 Monaten sein Mandat für die Anleihenkäufe (PSPP) neu formulieren und begründen. Die Rückendeckung aus Karlsruhe kann hier helfen. Die EZB, warnt der der 2. Senat, kann „das „PSPP“ immer weniger ohne Gefährdung der Stabilität der Währungsunion beenden und rückabwickeln“. Das stimmt leider. Allein in diesem Jahr wird die EZB Schulden in der Größenordnung von 1.100 Milliarden Euro ankaufen. Das sind 9,2 Prozent der Wirtschaftskraft der Eurostaaten (2019). Die EZB agiert nach dem Motto: nach uns die Sintflut.