Tichys Einblick
Parteienstaat Teil 5

Die Zukunft der Parteien: Strukturwechsel und Fazit

Die Parteifunktionäre haben einen Großteil aller Organisationen und Institutionen infiltriert und umgebaut, wo sie ihnen irgendwie gefährlich oder nützlich sein können. Im fünften Teil seiner Darstellung zieht Bryan Hayes sein Fazit .

© John MacDougall/AFP/Getty Images

In Teil 4 widmet sich Bryan Hayes den einzelen Parteien, die in den verschiedenen Parlamenten mit Abgeordenten vertreten sind. Im fünften und letzten Teil zieht er sein Fazit (das nach einem vorläufigen klingt).

Fusion der Linksparteien?

Einer der Eingangsfragen war, ob die Linksparteien (CSU, CDU, FDP, SPD, Grüne, Linke) nicht zu einer Einheitspartei a la SED fusionieren werden. Dies wird voraussichtlich nicht global geschehen, höchstens punktuell und regional und zwar dort, wo dauerhaft die 5%-Hürde verfehlt wird; und selbst dann wird keine formelle Fusion stattfinden, sondern eher eine de-facto-Fusion durch Funktionärs- und Wählerwanderung.

Der viel entscheidendere Punkt ist aber, dass ca. 90%+ der Parteifunktionäre und Parteitagsdelegierten sowie 65%+ der Parteimitglieder unterm Strich, im Endergebnis, die gleiche linksgerichtete Funktionärs-freundliche und damit Bürger-feindliche Politik wollen. Sie sind zunehmend ununterscheidbar geworden und sehen sich auch selbst als eine einzige Parteikaderkaste, als Machtzentrum einer Obrigkeitskaste.

Eine Nicht-Fusion hat für sie den Vorteil, dass es mehr Posten gibt, dass mehr Parteikader in die Talkshows entsendet werden können und dass einige Wähler auf diese Weise länger glauben, dass es doch noch ein paar Unterschiede gibt.

Fazit

Parteien wird es Deutschland noch länger geben, aus fundamentalen und aus formellen Gründen. Die Linksparteien werden weiter an Zustimmung verlieren, was sich aber je nach Konkurrenzsituation nicht zwingend in geringeren Stimmenanteilen niederschlagen muss.

Die Gesamtsituation ist aber hochgradig instabil und kann sich innerhalb kurzer Zeit dramatisch ändern und zwar dann, wenn eine Partei glaubhaft und effektiv eine Bürger-orientierte Politik anbietet und dabei gleichzeitig nicht gegen einige rote Linien vieler Wähler verstößt. Eine solche Partei könnte aus dem Stand 35%+ erzielen und perspektivisch über 65% erreichen, denn so groß ist das Vakuum, welches die jetzigen Parteien (inkl. AfD) erzeugt haben (falls mehrere solche Parteien entstehen, müssten sie sich diese Prozentzahlen allerdings teilen).

Eine zentrale Schlüsselrolle hierbei müssten aber nicht-linke Medien spielen, die ihrerseits sich entweder aus bestehenden entwickeln oder neu gegründet werden müssten. Denn die jetzige ca. 95%ige Übermacht der linksgerichteten bis linksradikalen Medien ist mit die größte Ursache für die jetzige Situation.

Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der bestehenden Parteien sich zu dieser potenziellen Partei entwickelt, ist klein bis null. Bei den Linksparteien deswegen, weil diese auf der Funktionärsebene zu 95-100% aus hartgesottenen Linken bestehen (bei der FDP sind die Zahlen etwas niedriger), die weder die Fähigkeiten noch den Willen haben, hieran auch nur ein Jota zu ändern; bei den Mitgliedern sieht es zwar weniger dramatisch aus, aber diese haben ja viele Jahre lang gezeigt, dass sie den jetzigen Kurs für richtig gut halten. Und bei der AfD, weil diese zu viele Funktionäre und Mitglieder an Bord hat, die z.T. problematische Ansichten haben, z.T. zu sehr ständig gegen etwas sind, zu streitsüchtig sind, zu oft Bürgerliche verprellen etc.

Die aus der Ausgründung der ursprünglichen AfD entstandene Partei LKR (Liberal-Konservative Reformer, vormals ALFA) ist die Partei, die der Freiheitlichen Grundordnung, dem Geist des Grundgesetzes und der oben skizzierten Partei am nächsten kommt; sie hat auch den Vorteil, dass sie bereits komplett existiert und personell praktisch nur Personen an Bord hat, die nicht angegriffen werden können. Sie müsste sich aber umbenennen, programmatisch umfassend und gut aufstellen und vor allem eine erhebliche Zahl an fähigen Personen an Bord nehmen und auch an die Schaltstellen lassen, die u.a. auch verstehen, wie politische Kommunikation gemacht wird usw. usw. usw. Nicht trivial, aber machbar. Aber die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt signifikant unter 100%.

Wahrscheinlicher ist es, dass es kurzfristig zur Gründung einer neuen Partei kommt, denn 35%+ der Wähler rufen laut nach einer solchen (ein Anwendungsbeispiel des Horror Vacui – Prinzips).

Kommt eine solche Partei mit einer bürgerlich-freiheitlichen Programmatik und Rhetorik (und nicht mit einer nationalistischen o.ä.), würde als ein Ergebnis höchstwahrscheinlich die FDP endgültig unter 5% kommen, spätestens mittelfristig. Sie würde auch die AfD verdrängen, die Details hängen von programmatischen und rhetorischen Inhalten ab. Alle anderen Parteien würden Stimmenanteile verlieren, die SPD könnte Kleinpartei werden, da es für produktiv Arbeitende keinen Grund gibt, sie zu wählen.

Aber könnte es nicht auch anders kommen, könnte es nicht eine linke Neugründung geben, vielleicht so wie in Frankreich? Das ist nicht ausgeschlossen, aber dennoch eher unwahrscheinlich, denn die Linksgerichteten verfügen ja gemäß aktuellen Umfragen nach wie vor über mehr als 80% der Stimmenanteile und sehen daher wenig Anlass für eine Änderung. Auch gibt es in Deutschland eine geringere Neigung, Personen-orientiert vorzugehen und viele Parteifunktionäre kleben gut und gerne an ihren aktuellen Posten. (Die Linksradikalen Lafontaine + Wagenknecht sind übrigens die letzten, die so etwas hinbekommen würden, dafür fehlen ihnen aber sowohl die geeignete Programmatik, das persönliche Format, die Glaubwürdigkeit und die organisatorischen Fähigkeiten).

Da das Linkssyndikat aber trotzdem weiter bestehen würde und alle negativen Mechanismen, die zu seiner Existenz führen, auch nach Gründung einer solchen Partei wirksam wären und diese allmählich in eine Linkspartei transformieren würden, stellt sich natürlich die Frage, was getan werden müsste, um von Grund auf Derartiges zu verhindern oder zumindest zu minimieren. Wie müsste das Grundgesetz, die Wahlgesetze, diverse weitere Gesetze geändert werden, wie müsste die Einstellung der Bürger sich ändern, damit Deutschland ein Bürger-Staat im Geiste der Freiheitlichen Grundordnung wird und nicht ein de-facto-Untertanenstaat, in dem die Bürger in neofeudalistischer Manier in stetig zunehmenden Maße von Funktionären gemaßregelt und ausgeplündert werden? Das ist aber eine getrennte Fragestellung und nicht die dieses Artikels. Es ist aber eine hochinteressante und wichtige Fragestellung.

Das Thema wird in fünf Teilen dargestellt: