Tichys Einblick
Propaganda statt Information

Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 55 – Stromerzeugung

Im real existierenden Sozialismus betrafen seinerzeit die Erfolgsmeldungen die Rekorde an Mengen erzeugten Roheisens oder Tonnen geförderter Bodenschätze. Heute sind es in Deutschland die regenerativ erzeugten Strommengen.

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

S wie

Stromerzeugung, die

Kurz vor dem Jahrsende gingen wieder Erfolgsmeldungen durch die Tendenzmedien, die die geneigten Konsumenten von der Richtigkeit des eingeschlagenen energiepolitischen Kurses im Land überzeugen sollen. 2017 hat nach Schätzungen des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.) die Stromerzeugung aus den so genannten Erneuerbaren Energien weiter zugelegt. Sensationell ist das nicht, sondern die Weiterführung eines Trends, der politisch induziert ist. Ein Ziel wurde schon mal übererfüllt: Das 35-Prozent-Ziel für Erneuerbare 2020 ist jetzt schon mit 36 Prozent getoppt – ohne Auswirkung auf die CO2-Gesamtemissionen.

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In bewährter Weise loben die Medien erzeugte grüne Strommengen, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Bereitstellung und damit ihres Bedarfes und ihrer Werthaltigkeit. Wie üblich werden dabei unter den Erneuerbaren alle Varianten subsummiert, von der schon immer vorhandenen Wasserkraft über Solar bis zur Müllverstromung. Das wird dann verglichen mit den einzelnen Energieträgern der Konventionellen, wo nicht einmal die Kohle insgesamt betrachtet wird, sondern man in Braun- und Steinkohle unterscheidet, damit die „Erneuerbaren“ auch den Spitzenplatz bekommen.

Realistisch betrachtet produzieren die Regenerativen ein Drittel und die Konventionellen zwei Drittel, aber so nüchtern sagt das niemand, der die Energiewende zum Erfolg schreiben oder sprechen möchte. Der BDEW, der medial den Bestatter der eigentlich von ihm vertretenen Branche gibt, sieht in der aktuellen Schätzung für 2017 bereits den begonnenen Ausstieg aus der Kohle, erwähnt aber den noch laufenden Ausstieg aus der Kernenergie nicht. Der noch 11,6 prozentige Anteil aus dessen Produktion muss künftig sicher ersetzt werden.

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Dennoch weiter gepflegt wird die Suggestion, der Anteil von jetzt einem Drittel brauche nur bis 100 Prozent ausgebaut und fortgeschrieben werden, schon wären alle Ziele erfüllt. Dem ist mitnichten so, denn auf dem Weg bis dahin steht ein Systemwechsel an, zu dem die „Erneuerbaren“ bisher in keiner Weise in der Lage sind. Im staatlichen Bemühen, Erschwernisse von der Ökobranche fernzuhalten, gibt es bisher nur theoretische Überlegungen, auch die Netzdienstleistungen durch regenerative Erzeuger bereit zu stellen. Regulativ sind keine Aktivitäten in Richtung eines Systemwechsels zu erkennen, der Regelaufwand und die Netzdienstleistungen bleiben weiterhin der Job der Konventionellen.

Um wenigstens den Anschein von Systemdienlichkeit zu erwecken, gibt es im Rahmen der Windenergieförderung im EEG eine finanzielle Draufgabe von 0,48 Cent pro Kilowattstunde mit Namen „Systemdienstleistungsbonus“. Die „Dienstleistung“ besteht nur darin, die Anlage per Fernsteuerung durch den Netzbetreiber außer Betrieb nehmen zu können (um dann den Phantomstrom zu bezahlen).

BDEW-Chef Kapferer merkt an, dass es 2023 mit dem Überschuss an gesicherter Leistung vorbei sein dürfte (mehr als 22 Gigawatt sichere und regelfähige Kapazitäten gehen bis dahin vom Netz). Dann würden Gaskraftwerke gebraucht – die heute schon in Planung sein müssten. Dieses Risiko geht allerdings kaum ein Unternehmen ein.

Immerhin erkennt der BDEW den unzureichenden Netzausbau als Problem an. Nachdem es gerade noch gelungen ist, der EU-Forderung nach verschiedenen Strompreiszonen in Deutschland Nord und Süd zu begegnen, fordert man jetzt von „der Politik“ eine Beschleunigung des Netzausbaus.

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Auch einige andere Nachrichten dämpfen das schöne Bild. Durch die Belastung von kraft-wärme-gekoppelten Anlagen (KWK) mit der EEG-Umlage für ab 2014 gebaute Anlagen werden vor allem mittelständische Firmen getroffen. Es ist abzusehen, dass dies zur Außerbetriebnahme von Anlagen führen wird und die Wärme alternativ dann wohl aus fossilen Quellen bereitgestellt werden wird. Bereits 2014 baute die BASF in Schwarzheide ihr hocheffizientes GuD-Kraftwerk zu einem Heizwerk um, da sich die Stromproduktion nicht mehr rechnete. Ein Schuss gegen den „Klimaschutz“ durch politisches Unvermögen.

Auch kommt europaweit der Ausbau der Regenerativen nicht so recht voran. Obwohl nach EU-Beschluss für das Jahr 2030 ein Anteil von 27 Prozent am Gesamtenergieverbrauch vorgesehen ist, stieg der Anteil in jüngster Vergangenheit nur gering: Von 2014 zu 2015 von 16,1 auf 16,9 Prozent, im Folgejahr nur noch um 0,2 Prozent. Eine Zurückdrängung des KWK-Anteils in Deutschland würde sich auch hier negativ auswirken.

Es ist abzusehen, dass der Jubel anhält, wenn Wind und Sonne jährlich mehr Strom produzieren. Was fehlt, ist der systemische Blick aufs Ganze. Die Illusionen von heute sind die Enttäuschungen von morgen.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop