Tichys Einblick
Konsequenz gefragt

Jetzt erst recht: Islamisten bekämpfen, Freiheit verteidigen

Die Attentate auf den französischen Lehrer Samuel Paty Mitte Oktober und nun in Nizza zeigen, wie notwendig der entschiedene Kampf gegen Islamismus ist.

imago Images/PanoramiC

Die Corona-Pandemie überlagert alles. Immer wieder neue Beratungen und Maßnahmen: Welche Einschränkungen sind zumutbar? Wo können und dürfen bürgerliche Freiheiten noch weiter und verträglich beschnitten werden? Wie kann die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich geschützt werden?

Immer wieder sprechen wir über Freiheiten. Die Bedrohung unserer Gesundheit durch Covid-19 und die damit verbundenen Einschränkungen unserer Freiheiten sind groß. Es gibt aber auch einen anderen gefährlichen, einen ideologischen Virus, der unsere Gesellschaft bedroht, wenn wir nicht gegen Islamisten und Salafisten, gegen Dschihadisten und religiöse Fanatiker vorgehen. Die Lage ist pressant – und erfordert sofortiges Handeln, auch angesichts einer weltweiten Pandemie. Wir müssen die Freiheit auf allen Ebenen verteidigen.

Emmanuel Macron, der französische Präsident, erlebt dieser Tage, wie polarisiert und emotionalisiert die Debatte um den Kampf gegen Islamismus und Dschihadismus werden kann. Er wird angefeindet und beleidigt. Zahlreiche Länder des Orients und der arabischen Welt rufen zum Boykott französischer Waren und Dienstleistungen auf, sehen in Frankreich plötzlich einen erbitterten Feind und eine Bedrohung für die eigene Lebensweise. Einige Staatsmänner greifen den Präsidenten gar persönlich an, schwingen mit ganzer Wucht die Rassismus-Keule gegen Emmanuel Macron.

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Dabei ersucht Macron genau das Gegenteil dessen, was ihm vorgeworfen wird. Das Staatsoberhaupt unseres Nachbarlandes ruft zur Einheit aller Franzosen auf – unabhängig von Religion, Herkunft oder weltanschaulicher Überzeugung. Die Franzosen werden keine Spaltung ihrer Nation dulden, fordert er. Aus diesem Grund sagt der Staatsmann dem islamistischen Separatismus den Kampf an. Frankreich und der Islam – Eine untrennbare Beziehung. Viele gläubige Muslime haben in Frankreich ihre Heimat gefunden, sich integriert und leben die Werte der „République“. Ebenso kämpft Frankreich aber auch gegen eine Polarisierung in der Gesellschaft. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sehen im fundamentalistischen Islam eine Gefahr. Die Regierung reagiert mit einem strengen Vollverschleierungsverbot. Ihr Ziel: Das oberste Staatsprinzip, den Laizismus, nicht gefährden.

Ein Drahtseilakt für die Franzosen. Zum einen müssen Staat und Kirche streng getrennt voneinander fungieren, zum anderen aber die Freiheit, die Frankreich seit der Revolution im 18 Jahrhundert heilig ist, um jeden Preis gewahrt werden. Wie also umgehen mit radikalen Islamisten und Muslimen, die sich von der französischen Gesellschaft abspalten und dadurch den Grundsatz der „fraternité“, der Brüderlichkeit, gefährden? Wie umgehen mit der wachsenden Zahl islamistischer Gefährder und Salafisten? Was unternehmen gegen die Vereinnahmung zahlreicher Jugendlicher durch Hassprediger, die sie zum Dschihad bekehren, zur Abkehr von der Französischen Republik und das Feindbild des bösen Westens befeuern? Dass dieses Problem in Frankreich keineswegs ein theoretisches, sondern ein sehr reales ist, zeigt ein Blick auf die letzten fünf Jahre. Nach dem islamistisch motivierten Anschlag auf die Redaktion der Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo im Frühjahr 2015 sind allein in Frankreich 260 Menschen bei islamistischen Anschlägen ums Leben gekommen.

Und gerade heute erschüttert Frankreich ein weiterer mutmaßlicher Terroranschlag: In Nizza hat es bei einem Messerangriff mehrere Tote und Verletzte gegeben. Die genauen Hintergründe sind noch unklar, aber eines steht fest: Es ist eine abscheuliche Tat, die ich aufs Schärfste verurteile. Und sie macht deutlich: Die Terrorgefahr ist hoch.

Für Macron mehr als genug Grund, klare Kante zu zeigen: Schon vor einem Jahr ruft er einen „rastlosen Kampf“ gegen den Terror aus und fordert die Bevölkerung auf, gemeinsam der „islamistischen Hydra“ den Kampf anzusagen. Zu Beginn dieses Monats kündigt er erneut an, mit aller Härte gegen den „islamistischen Separatismus“ vorgehen zu wollen. Zu lange habe die Regierung zugesehen, „die Ghettoisierung zugelassen. Ballungsräume für Elend und Schwierigkeiten geschaffen.“

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Damit wolle Frankreichs Präsident Schluss machen. Zahlreiche Jungen und Mädchen seien in die Fänge der Islamisten geraten, nicht wenige zum Kämpfen nach Syrien oder den Irak ausgereist. Zahlreiche Kinder würden tagtäglich in Hinterhofmoscheen und salafistische Koranschulen gebracht, die nichts mit den französischen Werten gemein hätten: „Einfache Strukturen, Mauern, kleine Fenster. Kinder, die um 8 Uhr gebracht werden, begleitet von verschleierten Frauen mit Nikab. Fragt man die Kinder, was sie lernen, dann sagen sie, Gebete, ein paar andere Sachen. Das ist ihre schulische Bildung“, erklärt Macron.

Seine Regierung wolle Hinterhofmoscheen und Salafistenvereine besser überprüfen, stärker kontrollieren und überwachen, ganz besonders auch in Hinblick auf die Finanzierung dieser Institutionen. Kinder dürften ab dem kommenden Schuljahr zudem nur noch zu Hause unterrichtet werden, wenn dies medizinisch geboten sei. Auch in Bezug auf die Entsendung von Imamen soll es neue Regeln geben: Frankreich wolle diese künftig selbst ausbilden, Entsendungen aus dem Ausland schrittweise einstellen.

Das schreckliche Attentat auf den Französischen Lehrer Samuel Paty Mitte Oktober zeigt, wie notwendig der entschiedene Kampf gegen Islamismus ist. Der Lehrer wurde von einem islamistischen Fanatiker unweit seiner Schule enthauptet.
Zuvor hatte er im Unterricht mit seinen Schülern das Thema Freiheit behandelt und ihnen auch Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt. Das machte ihn zur Zielscheibe der Islamisten. Sein Tod ist damit nicht nur der Tod eines Lehrers, sondern der Tod eines Freiheitskämpfers; keine Tat gegen einen einzelnen, sondern gegen die Freiheit einer ganzen Gesellschaft.

Völlig zurecht reagiert Macron jetzt mit noch drastischeren Maßnahmen. Er beschwört die Freiheit als oberste Norm, als höchstes Prinzip und Gut der Französischen Nation und postuliert ein „Recht auf Blasphemie“. Frankreich werde sich den Islamisten nicht unterwerfen, sondern die Spaltung seiner Gesellschaft nun noch entschiedener bekämpfen. Unmissverständlich stellt Macron auf der Trauerfeier für Paty im Pariser Sorbonne klar: Auch zukünftig würden in Frankreich Karikaturen gezeigt. Das Recht hierauf gehöre zum französischen Selbstverständnis der Freiheit ebenso wie das Recht, dass jeder seine Religion frei ausüben dürfe.

Ich finde Macrons Entschlossenheit beeindruckend. Die Strategie, auf die er Frankreich einschwört, ist die einzig richtige. Die Freiheit der Gesellschaft, die demokratisch-westlichen Werte, die maßgeblich auch durch das christliche Menschenbild geprägt sind, müssen den Grundsatz des gesellschaftlichen Selbstverständnisses bilden. Wer sich mit diesen Werten nicht identifizieren kann, der kann sich nicht Europäer nennen.

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Ein solch klares Bekenntnis ist auch in Deutschland dringend von Nöten. Auch hier wird unsere Freiheit bedroht. Auch hier gilt es, mit einer rechtsstaatlichen Strategie und voller Entschlossenheit gegen die Bedrohung durch Islamisten, Salafisten und Dschihadisten vorzugehen.

Die Messerattacke von Dresden beweist, dass wir ebenso wie Frankreich schwer anfällig für islamistischen Terrorismus sind. Ein gerade einmal 20-jähriger syrisch-stämmiger Islamist, der kurz zuvor aus dem Gefängnis entlassen, bei der Polizei als Gefährder geführt und zeitweise gar überwacht wurde, greift in der Dresdner Innenstadt zwei Touristen mit einem Messer an. Ein Mann stirbt, ein zweiter wird lebensgefährlich verletzt. Für mich schier unverständlich.

Einmal mehr fordere ich ein klares und kompromissloses Vorgehen gegen Islamisten, Dschihadisten und Salafisten in unserem Land. In meinen Augen unbedingt nötig sind:

  1. das sofortige Verbot von islamistischen und salafistischen Vereinen, Verbänden und Betätigungen;
  2. die Schließung aller Hinterhofmoscheen und Verurteilung bzw. Ausweisung der Imame und Hassprediger dieser Terror-Kader-Schmieden;
  3. die Einführung eines Vollverschleierungs- und Kopftuchverbots für junge Mädchen unter 14 Jahren im Einklang mit der Religionsmündigkeit in unserem Grundgesetz;
  4. die Führung von rechtsstaatlichen Verfahren sowie Verurteilung und anschließende Abschiebung aller ausländischen Islamisten sowie Salafisten, Hassprediger und Fundamentalisten;
  5. die lückenlose Überwachung aller Gefährder und damit einhergehend die verbesserte Ausstattung aller Ermittlungsbehörden mit Befugnissen und Personal;
  6. die Entziehung und Inobhutnahme von Kindern aus radikal-islamistischen Familien;
  7. der Ausbau von Präventionsangeboten sowie Bildungsangeboten zur Stärkung des demokratischen, freiheitlichen und rechtsstaatlichen Bewusstseins der Bevölkerung, ganz besonders der Kinder und Jugendlichen.

Die Probleme liegen klar auf der Hand. Wir müssen sie sehen und auch sehen wollen und dürfen uns nicht von anderen Problemen ausstechen lassen.

Selbstverständlich müssen wir die Covid-19-Pandemie mit aller Kraft bekämpfen. Dabei dürfen wir aber gegenüber den Islamisten, Salafisten und Extremisten nicht nachlässig werden.

Die Bedrohung ist weiterhin ernst und nimmt täglich zu. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich wieder ein Anschlag ereignet, wieder unschuldige Menschen ihr Leben lassen müssen. Das dürfen wir keinesfalls zulassen. Ich fordere nochmals: Wacht endlich auf. Schon lange weise ich immer wieder auf die Gefahren hin. Hören wir endlich auf zu reden und zu diskutieren und fangen wir an zu handeln, bevor es dafür endgültig zu spät ist.

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