Tichys Einblick
Teil 5: Nur Neubau hilft

Republik ohne Fundament

Die Berliner Republik schwankt im weichem Boden des Parteienstaats. Dieses schiefe Gebäude kann nicht repariert werden, sondern verlangt nach einem Neubau.

© Andreas Rentz/Getty Images
Dushan Wegner fand ein besonders treffendes Bild, das exakt ausdrückt, was ich mit meinen Befunden zum Parteienstaat seit vielen Jahren zu vermitteln versuche:

Beim berühmten Schiefen Turm von Pisa sind die oberen vier Stockwerke in einem Winkel zum restlichen Turm gebaut. Der Turm begann sich schon während des Baus zu neigen, also »korrigierte« man es, indem man den Rest schief draufsetzte. Das Problem war aber der weiche Boden!

Das Problem des weichen Bodens beschreibt das Problem der Bundesrepublik. Sie gründet auf weichem Boden. Ihre Taufpaten wussten nur, was sie nicht sein sollte. Ihre Geburtshelfer gaben ihr nur mit auf den Weg, was nie wieder werden sollte: so etwas wie Hitlers NS-Staat. Damit legten sie der neuen Republik kein tragfähiges und auf Dauer stabiles Fundament.

In Wahrheit trug die Bonner Republik allein das sogenannte Wirtschaftswunder, als Slogan „Wohlstand für alle“ von der CDU zur Bundestagswahl 1957 plakatiert. Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft mit ihrer Ikone der Deutschen Mark war die Identität der Westdeutschen, die sich oft selbst Bundesdeutsche nannten. Der Stolz auf die DM war der Zopf, an dem sich die gedemütigten Deutschen im Westen aus dem Sumpf zogen, in den sie der NS-Staat früh gestoßen hatte, was sie aber erst nach der militärischen Niederlage ansatzweise zu merken begannen. In das Wappen der Bonner Republik hätte die DM besser gepasst als der flugunfähig wirkende Adler. Zu bröckeln begann diese Identität mit dem Beginn des langen Marsches der später Achtundsechziger genannten im Jahre 1967. Dass ausgerechnet ein Kanzler der CDU den Bundesdeutschen samt eingemeindeten DDR-Deutschen die Identitäts-Ikone der harten DM wegnahm und der Weichwährung Euro opferte, ist einer der Treppenwitze der Geschichte.

Die Klimakrieger in ihrem Kulturkrieg gegen den Kapitalismus denken heute nicht im Traum daran, auf die Bequemlichkeiten der sinnentleerten und kulturlosen Massenverschwendungsgesellschaften der Industriestaaten zu verzichten. So war es auch mit ihren Vorläufern, den Kulturkriegern der sogenannten Achtundsechziger. Sie traten keinen Marsch durch die Institutionen an, sondern marschierten in diese ein, übernahmen sie nach und nach und blähen seitdem den Staat immer noch weiter über alles Maß auf. Ihr vorläufiges Meisterstück ist es, eine Kanzlerin, die von der CDU getragen wird, zur klammheimlichen Umwidmung des Nadelöhrs Asylrecht zum Scheunentor Asyleinwanderung bewogen zu haben.

Nun schicken sich die Kulturkrieger an, dieses Meisterstück mit einem neuen zu überbieten. Unter Ausrufung der Losung vom angeblichen Klimanotstand sind sie dabei, dem Staat eine Generalvollmacht zu erteilen, der für sein willkürliches Handeln überhaupt keine demokratische und rechtliche Legitimation mehr braucht.

Wie Dushan Wegner die oberen vier Stockwerke des schiefen Turms von Pisa deutet, die in einem Winkel zum restlichen Turm gebaut wurden, um den schon im weichen Boden sich neigenden zu „korrigieren“, entspricht dem vergeblichen Versuch der auf die Kulturkrieger hörenden Träger des Parteienstaats, die Berliner Republik in eine Räterepublik von steuerfinanzierten NGOs und anderen nicht legitimierten Privatagenturen der sogenannten Zivilgesellschaft umzupolen. Ähnlich wie Kohl und Co. nicht merkten, in die Dienste welcher Interessen sie sich mit dem Euro und der Ever Closer Union stellten, unterstützen die Kulturkrieger EU und UNO in deren Mission als Agenturen Globaler Konzerne, während sie sich einbilden, den Kapitalismus abzuschaffen.

Die Berliner Republik schwankt im weichem Boden des Parteienstaats. Dieses schiefe Gebäude kann nicht repariert werden, sondern verlangt nach einem Neubau. Um den soll es in den weiteren Folgen gehen.

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