Tichys Einblick
Gold statt Papiergeld

Gold: Rettung vor dem Schwundgeld der Zentralbanken?

Der Goldpreis erreicht ein neues Hoch. Aber wie geht es weiter? Auffällig ist, dass es derzeit Zentralbanken sind, die Gold aufkaufen - zur Sicherung der eigenen Reserven.

Gut 14 Prozent Gewinn allein im ersten Halbjahr, so ein Ergebnis kann sich sehen lassen. Erzielt mit zinslosem Gold, gerechnet in Euro (in Dollar wären es vier Prozentpunkte weniger gewesen). Wie reimt sich das? Ganz einfach: Die Zinsen von immer mehr Anleihen sind ins Minus gerutscht, die der Bundesanleihen sogar allesamt bis zu 30 Jahren Laufzeit. Und in Amerika versucht der Präsident höchstpersönlich, das Zinsniveau senken zu lassen, indem er den Chef der dortigen Zentralbank ständig wegen zu hoher Zinsen beschimpft – voraussichtlich mit Erfolg. Die Erkenntnis, die Anleger aus alldem schöpfen: Statt Minuszinsen in Kauf zu nehmen, lieber auf zinsloses Gold setzen. Und noch ein Gedanke, der sich aufdrängt: Der Realzins, also der Nominalzins abzüglich Inflationsrate, spricht zusätzlich für Gold, spätestens, sobald die Inflation in Fahrt kommt.

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Es lohnt sich, auch anderweitig die Geheimnisse hinter dem steigenden Goldpreis zu erforschen, denn im ersten Halbjahr sackten besonders die Zentralbanken das Edelmetall fleißig ein: 374 Tonnen, ein Anstieg um 47 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018. Besonders fleißige Goldkäufer waren die Zentralbanken Russlands (gut 75 Tonnen), Chinas (gut 60 Tonnen) und der Türkei (60 Tonnen). Hinzu kamen zunehmende Käufe von Exchange Traded Funds (ETF), das sind goldgedeckte Fonds.

Der Goldpreis, traditionell in Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gemessen, ist in letzter Zeit über 1.500 Dollar gesprungen; seinen Gipfel hatte er im Herbst 2011 mit mehr als 1.900 Dollar erreicht. Seit den 70er Jahren hat er eine bewegte Geschichte hinter sich – und wie es jetzt aussieht, auch vor sich. 1970 bei 35 Dollar gestartet gestartet, stieg er zunächst bis Anfang 1980 auf das 24-Fache. Dann folgten zwei Jahrzehnte mehr ab- als aufwärts, bis im Herbst 1999 mit einem Übereinkommen der damals wichtigsten Zentralbanken der Startschuss für einen neuen Preisanstieg fiel, der – mit einer Unterbrechung durch die Finanzkrise von 2008/09 – bis zum Herbst 2011 anhielt und immerhin einen 7-fachen Preisanstieg mit sich brachte. Danach folgten bewegte Jahre, zunächst mit einer Abwärtsbewegung bis 2015 und einer kräftigen Aufwärtsreaktion 2016, schließlich mit viel Hin und Her, bis es im ersten Halbjahr 2019 zum Preisausbruch nach oben kam.

Die Geschichte des Goldpreises in den vergangenen fünf Jahrzehnten lehrt uns, dass das Edelmetall keineswegs immer ein Fels in der Geldbrandung war und ist, wie oft behauptet wird. Es kann, muss aber nicht diese Funktion ausüben. Aktuell sieht es allerdings so aus, als würde sein Preis zum nächsten größeren Aufschwung ansetzen. Dies vor allem aus zwei Gründen: Weil das erwähnte Abkommen aus dem Jahr 1999 überflüssig geworden ist und weil die Entwicklung der Minuszinsen geradezu nach einem Schutz vor ihnen schreit.

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Der erste Grund rührt daher, dass die am Goldhandel beteiligten Zentralbanken – einst 15, jetzt 22 – seit der Finanzkrise zu Nettokäufern geworden sind. Bei ihnen handelt es sich, anders als 1999, um sogenannte starke Hände. Das heißt, dass sie ihre Goldschätze unter Führung der russischen und der chinesischen Zentralbank eher aufstocken als abbauen. Wobei sie dem Dollar als traditionellem Antipoden des Goldes immer weniger vertrauen, weil die Verschuldung der USA bislang ungeahnte Höhen erreicht hat.

Der zweite Grund ist naheliegend, weil aus dem Spiel mit Minuszinsen bitterer Ernst zu werden droht. Das Spiel geht so: Banken, Hedgefonds und andere Mitglieder der Finanzcommunity spekulieren auf die Fortsetzung der Minuszinsen, weil derzeit kaum eine der führenden Zentralbanken Anstalten macht, Pluszinsen zu generieren. Die Gegenbewegung zu den weiter ins Minus rutschenden Zinsen bilden – mathematisch zwingend – steigende Anleihenkurse. Das Spiel damit kann eine Weile gut gehen. Wie lange, ist indes nicht vorhersehbar. Sobald auch nur einer der führenden Spieler nervös zu werden droht, dürfte ihr Kartenhaus zusammenbrechen.

Wie sich das auf den Goldpreis auswirken wird, hängst von seiner erreichten Höhe und davon ab, ob Anleger das Edelmetall dann noch so wie heute als sicheren Hafen für ihr Vermögen oder als ultimative Versicherung ansehen würden. Bis dahin dürfte die Preisentwicklung unter Schwankungen im Trend nach oben gerichtet sein. Warum, liegt auf der Hand: Das Goldangebot der Minen wurde nach dem Preisrückgang von 2011 bis 2015 immer knapper; für sie lohnte es sich nicht mehr, wenige Gramm Gold aus einer Tonne Gestein zu fördern. Bis das Angebot nachhaltig erhöht werden kann.

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