Tichys Einblick
US-Wahl: Alles was Sie wissen müssen

Die Mehrheit der Amerikaner glaubt, dass Trump heute wiedergewählt wird

Trumps Comeback in den Umfragen, die letzten Wahlkampftage, die viel diskutierte Rolle ethnischer Minderheiten bei der Wahl und die Frage, ob wir morgen überhaupt schon das Wahlergebnis kennen.

Es haben bereits 93 Millionen Amerikaner ihre Stimme per Early Voting oder Briefwahl abgegeben. Heute öffnen in den Vereinigten Staaten die regulären Wahlurnen. In den frühen Morgenstunden am Mittwoch wird mit den ersten Ergebnissen gerechnet. Aber:


Kennen wir morgen früh überhaupt schon den Wahlsieger?

Nicht unbedingt. Es könnte in der Wahlnacht auch so kommen, dass in Bundesstaaten wie Pennsylvania, Georgia oder Arizona kein Sieger feststeht. Mit Millionen an Briefwahl-Stimmen könnte sich ein Sieger erst nach Tagen herauskristallisieren, manch ein Staat nimmt noch Tage nach der eigentlichen Wahl Briefwahlstimmen entgegen – eine Tatsache, die in Pennsylvania bereits Gegenstand von Gerichtsverfahren ist, da sie direkt dem Staatsgesetz zur Wahl widerspricht. Der Supreme Court hat ein Eilverfahren zur Verhandlung der Klage wegen Stimmengleichheit nicht angenommen. 

Richterin Barrett nahm an dem Urteil noch nicht teil, da sie in den Fall nicht eingearbeitet war, aber prominente konservative Richter des Supreme Court namentlich Richter Thomas und Gorsuch schrieben in einem Statement: “Die Behandlung dieser wichtigen Verfassungsfrage durch den Gerichtshof hat unnötigerweise Bedingungen geschaffen, die zu ernsthaften Problemen nach den Wahlen führen könnten.” Das bedeutet konkret, dass der Fall eventuell doch noch vor den Supreme Court kommen kann und solche Stimmzettel für ungültig erklärt werden könnten. Dieses Beispiel zeigt, was für eine lange juristische Auseinandersetzung folgen könnte, wenn das Rennen sehr eng wird. Allerspätestens am 14. Dezember wird es dann aber ein Ergebnis geben, wenn die Wahlmänner in ihren jeweiligen Staaten ihre Stimme abgeben.


Die letzten Umfragen: Trumps Comeback? 

Lange wurde Trump – ähnlich wie 2016 – in Umfragen abgeschrieben. Doch Trump holte in den letzten Tagen auf. Seine Beliebtheitswerte stiegen im letzten Monat noch einmal um 6%. Der Umfragevorsprung von Joe Biden wird je nach Institut zwischen 1 und 10 Prozentpunkten taxiert – er schrumpft allerdings fast überall.

Besonders in den Swing States machte Trump Boden gut. Nachdem Biden verkündete, er wolle die Ölindustrie abwickeln, verlor dieser massiv Unterstützer in Staaten, in denen die Ölindustrie ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Jüngste Krawalle linker Gruppen spielten Trump ebenso in die Karten. In Pennsylvania schmolz Bidens Vorsprung auf nur noch gut 3% zusammen, in Florida verspielte Biden ebenfalls viel.

Während 2016 viele Umfragen schlichtweg falsch lagen, ist auch nach den heutigen gängigen Mainstream-Instituten das Rennen in den Swing States so knapp, dass mit Einberechnung der Fehlertoleranz ein Wahlsieg Trumps auch nach diesen Prognosen möglich ist. Das zeigt folgende Grafik:

Laut einer für Aufsehen sorgenden Umfrage von Des Moines Register/Selzer liegt Trump mit 7 Prozentpunkten in Iowa vorne. Das Institut hatte in den letzten Jahren die Ergebnisse im wichtigen Swing States erstaunlich präzise vorhergesagt. Sollte sich das bewahrheiten, wird das Rennen nochmal richtig eng. 

47% der Amerikaner glauben, dass Trump heute gewinnen wird, während 46% von einem Biden-Sieg ausgehen. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass nahezu alle größeren Medien Trumps Niederlage bereits vorwegnehmen wollten. 


Überraschende Umfragewerte bei ethnischen Minderheiten 

Das Wahlverhalten unterscheidet sich in den USA traditionell stark nach Ethnien. Während die Republikaner fast bei jeder Wahl die Mehrheit bei den weißen Wählern erreichen, halten die Demokraten konstant etwa 90% der schwarzen Wähler. Bei Hispanics sieht es ähnlich aus. Die Demokraten fahren hier seit Jahren eine Denunziationsstrategie: Die Republikaner sind Rassisten und daher unwählbar. Die Konsequenz: Die schwarzen Stimmen werden aus dem Spiel genommen, die Wahlen unter den weißen Wählern entschieden. Scheinbar hat man sich zu sehr darauf ausgeruht: 

heute journal im Anti-Trump-Einsatz
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Trumps Unterstützung bei ethnischen Minderheiten im Land ist so groß wie lange bei keinem Republikaner mehr. Manche Umfragen bescheinigen dem Präsidenten sogar bis zu 30% Zustimmung unter Schwarzen und bis zu 40% unter Hispanics – für einen Republikaner sind das sensationelle Werte. Schon die Hälfte dieser Zustimmungswerte könnte Donald Trump den Sieg in eng umkämpften Staaten wie Arizona oder Florida sichern. Der letzte Republikanische Präsidentschaftskandidat vor Trump, der moderate Mitt Romney, der aktuell bei Black Lives Matter-Demos mitläuft, erhielt nur 6% unter Schwarzen und 27% unter Hispanics.

Obwohl Biden Trump bei Hispanics in allen Swing-States übertrifft, schneidet Trump überraschenderweise in fünf der wählerreichsten besser ab als erwartet, darunter Florida (41%), Nevada (38%), Texas (35%), Georgia (35%) und North Carolina (28%). Sollte das prognostizierte enge Rennen im Electoral College Realität werden, könnte ein Sieg in nur zwei dieser Staaten für Trump den Unterschied ausmachen – und dort könnten es die Stimmen der Hispanics sein, die ihn über die Ziellinie bringen. Das wissen auch die Demokraten, die die Interessen von insbesondere männlichen Hispanics in den letzten Jahren vernachlässigt haben. Das ewige Entertainen des Themas Immigration und hier und da ein bisschen spanisch sprechen reicht eben nicht mehr, um große Teile dieser Community zu erreichen. Die Demokraten verlieren so vor allem die Mittel- und Oberschicht, die ganz banale Interessen hat: niedrigere Steuern, öffentliche Sicherheit, oder ein gutes Geschäftsklima zum Beispiel. Trumps Kampagne zielt genau auf diese Demographien ab, analysieren unter anderem der ehemalige demokratische Politiker Kristian Ramos und die renommierte US-Zeitung Politico.

Viel Unwissen
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Ähnlich verhält es sich unter Afroamerikanern, bei denen selbst vorsichtige Schätzungen davon ausgehen, dass der Präsident hier seine Wählerschaft verdoppeln könnte – auch, weil sein Herausforderer Biden dort nicht unbedingt beliebt ist. Als Senator trug er 1994 die „Crime Bill“ mit, ein Gesetz, welches Gefängnisstrafen verschärfte und die in der Kriminalstatistik überrepräsentierte schwarze Bevölkerung hart traf. Und im Wahlkampf brüskierte er Afroamerikaner immer wieder: So sagte er zum Beispiel über Schwarze, die ihn nicht wählen würden, sie seien „keine echten Schwarzen“ („Y’all ain’t black“). Vize des ersten schwarzen Präsidenten gewesen zu sein, balanciert das nur schwerlich aus. Um die Wahl zu gewinnen, muss Joe Biden an Obamas Ergebnisse unter Minderheiten anknüpfen. Doch das erscheint immer unwahrscheinlicher. Das Problem Bidens und der Demokraten: Schwarze und Latinos wollen selbst entscheiden, wer oder was rassistisch ist – ohne Anweisung eines alten, weißen Mannes.
Volle Energie: Abschlussrallies durch die Swing States

Es bleibt nur noch wenig Zeit bis zur US-Wahlnacht: Trump tourt in den letzten Tagen und Wochen durchs Land, hielt etwa allein am Montag insgesamt fünf Rallies in vier verschiedenen Bundesstaaten.

Wenn man sich seinen Terminkalender anschaut, sieht man, dass der Präsident Non-Stop Wahlkampf macht. Am Sonntagabend noch eine Wahlkampfrally in Georgia, dann geht es weiter nach Florida, wo er nachts eine Wahlveranstaltung nahe Miami hält. Am nächsten Morgen geht es weiter diesmal in Fayetteville, North Carolina, ein weiterer Swing State im Süden, Montagmittag dann im US-Nordosten in Scranton, Pennsylvania. Am späten Nachmittag geht es an die Großen Seen im mittleren Westen, mit einem weiteren Wahlkampfauftritt in Michigan, einem der Staaten, denen er den spektakulären Wahlsieg 2016 zu verdanken hatte.

Der nächste abendliche Stopp ist dann in Kenosha, Wisconsin in einem weiteren Staat des sog. “Rust Belt”. Kenosha war Wochen zuvor Schauplatz schwerer Randale und Plünderungen geworden. Am gleichen Abend geht es dann schließlich zurück nach Michigan zu einer zweiten Trump-Rally um 10:30 Uhr Ortszeit.

Bereits in den letzten Tagen konnte Trump große Menschenmengen für seine Veranstaltungen mobilisieren. Berichten zufolge besuchten mehr als 10.000 Trump-Fans seine “Make America Great Again Victory Rally” auf dem Rollfeld eines Flughafens in Butler, Pennsylvania. Auf Bildern war eine riesige Menge zu sehen. Vor einer guten Woche kamen schätzungsweise 15.000 Unterstützer zu einer Trump-Rally in Florida. Trumps Wahlkampfveranstaltungen ziehen immer wieder mehrere tausend Besucher an.

Biden hingegen hält viel weniger Veranstaltungen ab und versammelt mit Corona-beschränktem Aufbau meist nur eine Hand voll Leute. Bei ihm weiß man allerdings nie so recht, ob so wenige kommen können wegen der harten Corona-Vorkehrungen oder ob er so harte Corona-Vorkehrungen erlässt, weil sonst offenbar würde, wie wenig Amerikaner zu seinen Rallies kommen.

Als Trump seinen letzten Wahlkampfauftritt am Montag gegen Mitternacht beendet, hat er mit der Air Force One mehr als 3.000 km innerhalb von 24 Stunden zurückgelegt. Es wird sich zeigen, ob sich diese unglaubliche Kraftanstrengung am Ende bezahlt macht.

Von Air Türkis, Sebastian Thormann und Max Roland


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