Tichys Einblick
TERROR IN TEXAS

Synagoge in Geiselhaft – Juden im islamistischen Visier

In Texas wurde eine Synagoge von einem britischen Staatsangehörigen in Geiselhaft genommen. Der Täter wollte jüdische Gläubige gegen die bekannte Terroristin „Lady Al-Qaida“ freipressen. Sehr wahrscheinlich war die Geiselnahme islamistisch motiviert.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Brandon Wade

Die Gemeinde Beth Shalom in Texas ist noch immer ein Tatort, auch nachdem alle Geiseln wohlauf und befreit sind. Ein Mann hatte in einer Synagoge jüdische Gläubige als Geiseln genommen und die Freilassung einer Al-Qaida-Terroristin gefordert. Er behauptete, er hätte Bomben deponiert. Nach mehren Stunden andauernder Verhandlungen stürmte ein FBI-Team die Synagoge und erschoss den Geiselnehmer.

Der Schock sitzt nicht nur in der jüdischen Gemeinde in Texas tief, sondern bei Juden auf der ganzen Welt. Der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, erklärte, die US-Regierung müsse gegen Antisemitismus Stellung beziehen: „Dieser schreckliche Vorfall erinnert uns daran, dass die US-Regierung heute handeln muss. Die Katastrophe wartet, wenn keine ernsthaften Maßnahmen gegen Antisemitismus ergriffen werden.“ Doch während der US-Präsident die Tat zurecht einen „Terrorakt“ nennt, behauptet ein FBI-Beamter, der Angriff hätte mit Juden nichts zu tun. In Wahrheit steigt aber der Hass auf Juden mit der wachsenden islamistischen Bewegung weltweit. Der islamistische Terror hat Juden womöglich noch nie so stark im Visier gehabt wie heute.

Terror während des Gottesdienstes

Es war gerade Gottesdienst, als am Samstag ein bewaffneter Mann gezielt die Synagoge Colleyville in Texas in Geiselhaft nahm. Unter den vier jüdischen Geiseln befand sich auch der Rabbi. Der Nachrichtensender ABC wurde durch einen US-Beamten darüber informiert, dass der Geiselnehmer, Mohammed Siddiqui, sich als „Bruder“ der pakistanischen Terroristin Aafia Siddiqui ausgeben würde. Der Geiselnehmer habe verlangt, die Terroristin Siddiqui freizulassen.

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Die Neurowissenschaftlerin Dr. Aafia Siddiqui, auch bekannt als „Lady Al-Qaida“, sitzt seit 2010 im Fort Worth Gefängnis in Texas, wo sie eine 86-jährige Haftstrafe wegen versuchten Mordes verbüßt. Sie soll der islamistischen Terrororganisation Al-Qaida angehört haben und stand angeblich mit Khalid Sheikh Mohammed, einem Drahtzieher der Terroranschläge 9/11, in Kontakt. Im Jahr 2008 wurde sie in Afghanistan festgenommen. Ihr wurde vorgeworfen, Natriumzyanid zu besitzen sowie Unterlagen zum Bau von chemischen, atomaren und biologischen Waffen.

Während eines FBI-Verhörs im Jahr 2008 gelang es ihr, eine Pistole zu ergattern und mit dieser auf Beamte zu schießen (ohne diese dabei zu verletzen). Schon mehrmals in der Vergangenheit hatten Islamisten verschiedener extremistischer Gruppen versucht, „Lady Al-Qaida“ freizupressen. Darunter nicht nur Al-Qaida, sondern auch der Islamische Staat (IS). Zudem hat sich die pakistanische Regierung für ihre Freilassung eingesetzt. Regelmäßig protestierten in Pakistan Islamisten gegen ihre Inhaftierung und für ihre Freilassung.

Der Geiselnehmer ist britischer Staatsbürger

Doch ob es sich wirklich um ihren „Bruder“ handelt, ist bisher unklar – vieles deutet derweil in eine andere Richtung. Das FBI hat die Identität des Mannes festgestellt, ist jedoch bisher nicht bereit, diese preiszugeben. Mittlerweile hat der Anwalt von Mohammed Siddiqui erklärt, dass es sich nicht um den Bruder von Aafia Siddiqui handeln würde, der sich in einem ganz anderen Teil des Bundesstaats Texas aufhalten würde.

Während der Geiselnahme lief der Gottesdienst-Livestream auf der Facebook-Seite der Gemeinde. Im Livestream war zu hören, wie der Mann wütend sprach. Den britischen Berichten zufolge soll es sich um einen Mann mit britischem Akzent handeln. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums teilte der Nachrichtenagentur PA am Sonntag mit, man wisse vom Tod eines britischen Mannes in Texas und stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden. Mittlerweile sprechen auch weitere Nachrichtensender davon, dass es sich bei dem Geiselnehmer um einen Briten handelt.

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In einem Statement schrieb der Rechtsberater des Bruders von Aafia:
 „Dieser Angreifer hat nichts mit Dr. Aafia, ihrer Familie oder der weltweiten Kampagne für die Gerechtigkeit für Dr. Aafia zu tun. Wir möchten, dass der Angreifer weiß, dass seine Handlungen böse sind und diejenigen von uns, die Gerechtigkeit für Dr. Aafia suchen, direkt untergraben. Im Namen der Familie und von Dr. Aafia fordern wir Sie auf, die Geiseln unverzüglich freizulassen und sich selbst zu stellen. Das Büro von CAIR-Houston vertritt Dr. Aafias Bruder seit 2004. Wir haben bestätigt, dass das Familienmitglied zu Unrecht beschuldigt wird … Wir fordern die Reporter, die behaupteten, dieser Mann sei ein Mitglied der Familie von Dr. Aafia, auf, ihre Berichte zu korrigieren und sich bei der Familie Siddiqui zu entschuldigen.“
Juden im Visier des Islamismus

Obwohl der Geiselnehmer eine jüdische Glaubenseinrichtung während eines Gottesdienstes in Geiselhaft nahm, teilte der FBI-Beamte Matt DeSarno mit, dass nach bisherigen Erkenntnissen der Geiselnehmer auf ein Thema fokussiert gewesen sei, das nicht speziell die jüdische Gemeinschaft betreffe. Solch eine Aussage klingt völlig absurd angesichts der erschreckenden Ereignisse in den letzten Stunden. Der Polizeichef von Colleyville, Michael Miller, sagte, es sei bislang unklar, warum sich der Mann die örtliche Synagoge als Ziel ausgewählt habe. Es seien umfangreiche Nachforschungen mit Blick auf sein Motiv und mögliche Kontakte im Gang. US-Präsident Biden erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme: „In den kommenden Tagen werden wir mehr über die Beweggründe des Geiselnehmers erfahren.“ Er betonte, jeder, der Hass verbreite, müsse wissen: „Wir werden uns gegen Antisemitismus und gegen die Zunahme des Extremismus in diesem Land stellen.“

Noch absurder scheint die Aussage des FBI-Agenten, wenn man sich die letzten versuchten und begangenen Attentate der vergangenen Jahre vor Augen führt. Allein schon wegen des neu eskalierenden Nahost-Konflikts im Mai 2021 kam es weltweit zu Ausschreitungen sowie Gewalt- und Mordaufrufen gegen Juden. In der vermeintlich liberalen Stadt New York City wurden Juden auf der Straße gejagt und krankenhausreif geprügelt. In ganz Europa fanden radikal-islamische Demonstrationen statt, bei denen mehrheitlich zu Gewalt und Mord an Juden aufgerufen wurde. In der deutschen Stadt Gelsenkirchen gab es eine große Hass-Demo von über hundert Menschen vor einer Synagoge.

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Vor Kurzem wurde der Duisburger Islamist Sven P. zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt – der junge Islamist plante 15 konkrete Anschläge in Israel. Darunter befanden sich Ideen für Anschläge mit Sprengstoff und Gewehren an belebten Plätzen in Israel, beispielsweise an Busstationen, in Einkaufszentren und am Flughafen. Türen an Einkaufszentren wollte er mit dem Gift Rizin versehen. Gerade wenn es um Al-Qaida geht, erinnert man sich an das Jahr 2002, als ein Al-Qaida-Terrorist einen Selbstmordanschlag auf die Synagoge Al-Ghriba in Tunesien beging, 14 deutsche Touristen starben damals. Im selben Jahr plante die Terrorgruppe al-Tawhid Anschläge auf das Jüdische Museum Berlin.

Vor wenigen Monaten, im September 2021, wurde ein islamistischer Anschlag in Deutschland verhindert, konkretes Ziel war die Synagoge in Hagen am Jom-Kippur-Tag. Die Gefahr für Juden wird durch das Wachstum des Islamismus in Deutschland und weltweit immer größer. Dies hat einerseits mit dem Nahost-Konflikt zu tun, der von der Terrorgruppe Hamas und anderen islamistischen Gruppen medial durch Propaganda befeuert wird. Auch Regierungen wie das Erdogan-Regime hetzen öffentlich gegen den jüdischen Staat Israel und gegen Juden. Einige muslimische Vereine in Deutschland verbreiten und schüren Antisemitismus.

Andererseits wächst die islamistische Bewegung weltweit an. Die islamistische Ideologie ist zutiefst judenfeindlich und antisemitisch. Diese gefährliche Situation zeigte sich insbesondere auch, als in Europa im Frühjahr 2021 viele radikale Demonstrationen von islamistischen Gruppen organisiert wurden. Mithin geraten Juden noch stärker in das Visier von Islamisten. Die Gefährdung jüdischer Einrichtungen durch islamistische Attentate steigt.

Bisher sind die Motivation und genauen Hintergründe der Geiselnahme in Texas  noch unklar. Doch allein die stundenlangen Verhandlungen mit dem FBI über die Freilassung der Terroristin „Lady Al-Qaida“ legen den Schluss nahe, dass es sich um ein islamistisches Motiv handelt. Dass der Geiselnehmer mit britischer Staatsbürgerschaft die Terroristin „Aafia Siddiqui“ als „Schwester“ bezeichnet hat, kann als „Schwester“ im islamistischen Glaubenssinne gemeint sein – und muss keine Verwandtschaft bedeuten. Viel mehr könnte dies darauf hindeuten, dass der Täter mutmaßlich zu einer Terrororganisation gehört. Bisher hat sich noch keine Terrororganisation zu der Tat bekannt. Da die Taten islamistischer Einzeltäter zunehmen, könnte es sich auch um einen Täter handeln, der aus eigenem Antrieb handelte. Dafür würde auch sprechen, dass in islamistischen Kreisen das Verlangen groß ist, „Lady Al-Qaida“ zu befreien.

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