Tichys Einblick
Mediziner unter Beschuss

Keine echten Notfälle an Bord der NGO Open Arms

„Es gibt etwas, das sehr widersprüchlich ist, oder das nicht zusammenpasst, weil von den 13, aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegenen Migranten, nur einer eine Ohrenentzündung hatte, während es den anderen recht gut ging.“, so Francesco Cascio, der Leiter der Lampedusa-Klinik gegenüber "Il Giornale". Es habe keine ernsthaften oder gar lebensbedrohliche Krankheiten gegeben. Also keine, die eine Weiterfahrt direkt nach Spanien unmöglich gemacht hätten.

ALESSANDRO SERRANO/AFP/Getty Images

Matteo Salvini blieb nichts anderes übrig, als seine Hände in Unschuld zu waschen – der Innenminister wäre wahrscheinlich hart geblieben, aber nunmehr wollte es Giuseppe Conte (auf Druck und für Zugeständnisse der EU?) eben so, dass 13 illegale und „sehr kranke“ Migranten an Land gelassen werden sollten sowie ein paar Minderjährige unter den 147 „Flüchtlingen“ auf dem NGO-Schiff Open Arms – jetzt befinden sich wohl noch 130 an Bord, aber neben Spanien, Rumänien und Deutschland haben sich ein paar andere Nationen bereit erklärt, die illegalen Zuwanderer aufzunehmen – wiederum fast nur Männer.

Nur deshalb gab Salvini wohl das Zepter in Contes Hände, vielleicht auch, um zu zeigen, seht her, solange ich nicht hart bleibe, wird der Regierungschef weich. Es muss also immer Lampedusa sein, so scheint es – und der deutsche Innenminister Seehofer scheint komplett abgetaucht.

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Der Eid des Hippokrates ist vielen bekannt, den Medizinern und Ärzten jedoch, sollte er stets Leitfaden und Kodex, ja Berufsethos zugleich sein, an den sie sich beim täglichen Tun und Handeln stets erinnern: lebenserhaltende und rettende Maßnahmen immer in den Mittelpunkt all ihrer Tätigkeiten zu stellen. Früher mehr als heutzutage wird der Eid des Hippokrates selbst bei der Approbation nur noch selten oder aber abgewandelt erwähnt.

„Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und bei Asklepios, Hygieia und Panakeia sowie unter Anrufung aller Götter und Göttinnen als Zeugen (…)“ , dass für den Kranken oder Patienten, nur Verordnungen zu treffen sind, „zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.“ Was heute in den Ohren sehr altmodisch anmutet – aber was gemeint ist, weiß jeder Kranke, der sich in die Hände eines Doktors begibt.

Nun, ehrlich sollte ein Arzt auch immer sein. Francesco Cascio, der Leiter der Lampedusa-Klinik jedenfalls war wohl zu sachlich und zu ehrlich, als er aus seinem erstellten Klinikbericht zu den 13 Flüchtlingen vom Schiff Open Arms Reportern und Nachrichtenagentur folgendes mitteilte, ohne jedoch zu sehr in die Tiefe zu gehen, eher, als seine Einschätzung: „Es gibt etwas, das sehr widersprüchlich ist, oder das nicht zusammenpasst, weil von den 13, aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegenen Migranten, nur einer eine Ohrenentzündung hatte, während es den anderen recht gut ging.“ Das Cisom-Personal jedoch (Il Giornale klärt auf, das medizinische Personal des Malteserhilfsordens, und wohl einer Krankenschwester an Bord), hatte mitgeteilt, dass Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern an Bord wären, darunter 20 Fälle von Krätze.

Es gab also – und man habe die Migranten durch Ärzte gut untersucht – so der Dottore und Professore Francesco Cascio, bei keinem der 13 Migranten ernsthafte oder gar lebensbedrohliche Krankheiten. Also keine, die auch eine Weiterfahrt direkt nach Spanien unmöglich gemacht hätten.

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Das alles hätte Dr. Cascio, 56, der lange Zeit auf Sizilien politisch für Berlusconis Forza Italia, und im Regionalparlament aktiv war, wohl besser nicht kund tun sollen. Der Arzt, Leiter der Klinikambulanz in Lampedusa, und auch für die Gesundheitserziehung an den Schulen verantwortlich, war sich wohl nicht bewusst, welche Lawine der Empörung er bei denen losgetreten hatte, die mit Fakten und Tatsachen, die konträr zu ihrer Weltanschauung stehen, nichts anfangen können. Verschwörung, Verschwörung, auf Kosten Kranker.

Natürlich wurde an Bord des Schiffs Open Arms festgestellt, dass der Platz und die hygienischen Rahmenbedingungen knapp bemessen wären. Alles finde quasi, auch die physiologischen Bedürfnisse, auf einer großen freien Fläche statt.

Außerdem, so teilte der Bord-Kapitän mit, sei die psychische Atmosphäre auf dem Schiff sehr angespannt. Jederzeit könne es unter den Migranten eskalieren. Eine ähnliche Konstellation wie auf der Sea-Watch3 von Carola Rackete.

Mediziner Cascio jedoch habe sich nichts vorzuwerfen, beharrt er. Sein Team und er nähmen ihre Profession sehr ernst.

Und so bleibt einmal mehr festzuhalten, dass die NGO-Schiffe und Institutionen, trotz ihrer großzügigen Spenden, auf Minimalreise ausgestattet und besetzt sind – schippern gar Journalisten mit, wird es sicher noch beengender und bedrückender an Bord. Dass man vorwiegend, junge und starke sowie zahlungskräftige Männer vor Libyen „rettet“ auch. Blickt man auf die Bilder, gut in Szene gesetzt mit Richard Gere, fragt man sich unwillkürlich, wer hier gesundheitlich angeschlagener zu sein scheint. (Übrigens erholte sich Gere schon einen Tag später mit einer Schönheit am italienischen Strand; per Foto eingefangen, die Gossip-Medien kennen da nichts).

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Es drängt sich einem der Verdacht auf, und viele formulieren diesen offen, alle NGO gemeinsam fahren blauäugig und ohne große Vorkehrungen, ja naiv fahrlässig los, im Glauben, dass sie Bedürftige retten. Im Gegenteil aber stehen die Schleuser und einige NGO in engem Kontakt. Die ganz Schwachen und Bedürftigen, schaffen es nie bis nach Libyen, mit den Hungerbäuchen harren sie in tiefer Agonie im Sudan, und vor allem im Jemen aus. Aussicht auf Hilfe? Kaum.

Derweilen spielen sich Leute wie Rackete als Weltenretter auf, obwohl sie nähere Häfen ignorieren und den psychischen Druck auf dem Boot kaum aushalten können. Vielleicht muss es auch deshalb Lampedusa sein, die Italiener sind keine Unmenschen. Aber krank, krank werden die meisten Migranten immer erst an Bord der NGO.

Die Gesellschaftsläuterer benutzen die Migranten als Spielball, und umgekehrt auch – wer fette Summen an Schleuser gezahlt hat, möchte nach Europa und nicht im Maghreb hängen bleiben.

Krätze, Magendarm-Probleme und Ohrensausen auf dem NGO-Schiff? Immer erst kurz vor Italien. Hippokrates hat einst seinen Eid geschworen, die linken Aktivisten dagegen setzen die Gesundheit vieler als Druckmittel und Lüge ein. Nicht nur auf dem Schiff. Kranke oder „Minderjährige“, meinte Salvini sarkastisch, die Verantwortung mögen andere tragen.

Am Sonntagnachmittag meldeten Medien wie das ZDF, dass die Open Arms das Angebot aus Spanien abgelehnt hatte in einen südspanischen Hafen einzufahren. Passagiere der Open Arms seien teilweise von Bord gesprungen um ans italienische Land zu schwimmen.

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