Tichys Einblick
Cinquestelle-Überläufer zu Salvini

Italien: Mitterechts-Bündnis weiter an 50 %

Die Parteiwechsler können zwar mit Nachrückern besetzt werden, doch bei etwaigen Neuwahlen wären diese Abgeordneten bei der Lega ganz sicher gesetzt, was in ihrer bisherigen Partei gar nicht sicher gewesen wäre bei stetig sinkenden Beliebtheitswerten.

Gegen Salvini bleiben diese Sardinen kleine Fische

Alessandra Benedetti - Corbis/Corbis via Getty Images

In Italien rechnen die Politbeobachter und Parteien selbst mit ein paar (wenigen) Überläufern ausgerechnet von den gelben Fünfsternen (M5S) hin zu Salvini und seiner Lega. Was zeigt, wie uneins und ungefestigt die einst für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung gegründeten Fünfsterne sind.

Wenn man schon in Rom ist, wo Imperatoren und Rhetoren die Geschichtsverläufe bestimmten, spricht man hier auch von kommenden „Tunikawechseln“. Drei sollen es wohl derzeit sein, wird mehr als nur spekuliert, die ihren Trenchcoat nach außen wenden – eben auch tragbar, wenn auch unter einer anderen Farbe. Auch die Namen der Abgeordneten, Lucidi, Urraro und Grassi, kursieren bereits, nicht so bekannt, aber mit einem Standing, wie nicht nur Il Giornale, sondern auch Il Fattoquotidiano berichten.

Während M5S-Chef und Außenminister Luigi Di Maio bereits stichelt, „die Lega kann uns ruhig den Preis für die Abgeordneten nennen …“, bleibt Matteo Salvini ganz gelassen und kontert: „Wir werden unsere Würde sicher nicht verraten …“, nicht die Lega sei schließlich in den Sesseln kleben geblieben.

Dass über die Abgeordneten im Senat, Ugo Grassi sowie Francesco Urraro und Stefano Lucidi so heiß diskutiert wird, fast wie auf dem Fußballtransfermarkt, dem Calciomercato, zeigt nur, wie angespannt die Lage im Kabinett Conte II von Premier Giuseppe Conte nun ist.

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Contes Standing selbst hat in den vergangenen Wochen sehr gelitten, zumal ihn die italienischen Bürger als viel zu devot gegenüber Von der Leyens EU sehen, Stichwort, Europäischer Stabilitätsmechanismus, der einfach ohne Modifizierungen übernommen werden sollte. Tja, und die Lega, die sei schon damals in Regierung mit Conte immer dagegen gewesen. Giuseppe Conte, sowie die PD und die Fünfsterne haben nun ein Problem, sie wollten es still und am Bürger vorbei absegnen. Die Italiener wollen aber nicht für fremde Banken, für die deutschen und an deren einstehen mit ihrem Geld. Nun, mit den drei Abtrünnigen, befürchtet man, dass die „Cinquestelle“ auseinander fallen könnten. Sie müssten sich komplett neu justieren oder erfinden. Es könnten weitere Parlamentarier folgen, befürchtet Di Maio, es gehe zu wie auf dem „Fischmarkt“.

Auch Silvio Berlusconi, der früher dafür bekannt war, selbst unzufriedene und finanziell „klamme“ Abgeordnete für seine Partei, Forza Italia, abgeworben zu haben, ist überzeugt, dass wohl noch weitere Parlamentarier wechseln könnten, aber nicht nur zur Lega, auch zu den anderen, die unbedingt weiter regieren möchten.

Nehmen wir also Ugo Grassi, den Professor für Jurisprudenz und öffentliches Recht in Neapel, der sagte, er habe sich in der Lega mit seinen Themen und Ansichten wiederentdeckt: »Während der Regierung von Conte I habe ich verstanden, dass viele meiner „politischen Ziele“, vom damaligen Regierungspartner, der Lega, geteilt wurden.«

Und heute nun, so der „Professore“ weiter, biete ihm die Lega die Möglichkeit, auch mit der gegenseitigen Wertschätzung, die in den vergangenen Monaten entstanden sei, eine zweite Chance, diese Ziele auch zu erreichen.

Die zwei anderen hadern ebenfalls mit sich und den Fünfsternen, auch können sie Anfeindungen kaum verstehen, denn schließlich sei es auch nicht normal, dass man mit auf den Wagen eines Verlierers steige – sie meinen damit die italienischen Sozialdemokraten der PD, die sie einst so heftig bekämpft hatten.

Die Parteiwechsler können zwar mit Nachrückern besetzt werden, doch bei etwaigen Neuwahlen wären diese Abgeordneten bei der Lega ganz sicher gesetzt, was in ihrer bisherigen Partei gar nicht sicher gewesen wäre bei stetig sinkenden Beliebtheitswerten. Stabil, daran hat sich nichts geändert, bleibt das italienische Mittrechts-Bündnis bei knapp 50 Prozent in den Umfragen.

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