Tichys Einblick
Sonderweg

Deutschland bei Corona-Maßnahmen hart, doch in Europa nehmen die Fliehkräfte zu

Während Potsdam Ausgangssperren für Ungeimpfte anordnet und das Bundesgesundheitsministerium den Wirkstoff von Johnson&Johnson herabstuft, verlängert die Schweiz den Genesenenstatus auf zwölf Monate. Schottland kündigt sogar eine zeitnahe Aufhebung der Omikron-Maßnahmen an.

IMAGO / Willi Schewski
In Brandenburg verhängen Städte und Kreise Ausgangssperren gegen Ungeimpfte. Potsdam und die Landkreise Havelland und Teltow-Fläming haben am Dienstag beschlossen, nächtliche Ausgangssperren anzuordnen. Das berichtet die Berliner Zeitung. Grund sei die hohe Sieben-Tage-Inzidenz von Corona. Die Regelung treten bereits ab Mitternacht in Kraft und gilt von 22 Uhr bis 6 Uhr. Geimpfte und Genesene dürfen sich weiterhin in dieser Zeit an der frischen Luft aufhalten. Potsdam verzeichnet derzeit eine Sieben-Tage-Inzidenz von 974,1, im Havelland beträgt sie 863,4, in Treptow-Fläming 823,6.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat zudem klargestellt, dass Personen, die mit Johnson&Johnson geimpft wurden, nicht mehr als grundimmunisiert gelten. Rund 3 Millionen Menschen haben sich in Deutschland mit dem Wirkstoff behandeln lassen, da dieser für den Impfstatus nicht zwei, sondern nur eine Dosis verlangt. Nun stellt das BMG klar: zum „Boosterstatus“ brauchen auch Johnson&Johnson-Geimpfte drei Spritzen. Schon bei den DIVI-Statistiken war auffällig gewesen, dass Hospitalisierte, die sich mit Johnson&Johnson hatten impfen lassen, nicht als „vollständig immunisiert“ gelistet wurden. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte den Vektor-Impfstoff noch im August empfohlen und selbst verabreicht.

Schweizer können Genesenenstatus alle 90 Tage durch Antikörpertest verlängern

Andere Länder Europas schlagen die Gegenrichtung ein. Während das Robert-Koch-Institut die Dauer des Genesenenstatus auf nur noch drei Monate gekürzt hat, weitet die Schweiz den Genesenenstatus aus. Bereits im November letzten Jahres hatte die Schweiz darüber informiert, dass eine Verlängerung des „Covid Zertifikats“ für Genesene verlängert werden könnte. Zitat: „Aktuelle wissenschaftliche Daten zeigen nun, dass Menschen nach einer Covid-Infektion ausreichend vor schwerer Erkrankung und Hospitalisation geschützt sind. Die Gültigkeitsdauer der Zertifikate für Genesene kann deshalb auf 12 Monate verlängert werden.“

Schweizer Bürger, die eine Covid-19-Infektion erlitten haben, bekommen zuerst einen Genesenenstatus für drei Monate. Danach können sie einen Antikörpertest machen, der ihren Status um 90 Tage verlängert. Die Prozedur kann bis zu zwölf Monaten verlängert werden. Für genesene Touristen in der Schweiz gilt die Verordnung nicht, sie müssen weiterhin einen PCR- oder Antigen-Test machen. Eine solche Regelung hatten auch Lauterbach und der Virologe Hendrik Streeck in einem BILD-Gespräch vom 24. September 2021 für sinnvoll gehalten. Geblieben ist davon wenig. Streeck hat mittlerweile den gekürzten Genesenenstatus durch das RKI kritisiert. Er sei aus seiner wissenschaftlichen Erkenntnis „nicht erklärbar“.

Sturgeon: Rückkehr zu einem „hybrideren Ansatz“ ab Februar gegen Corona

Schottland hat indes angekündigt, am nächsten Montag alle Omikron-Maßnahmen aufzuheben. Die Erste Ministerin Nicola Sturgeon bestätigte, dass sich das Land in einem „Abwärtstrend“ von Infektionen befinde. Die Verpflichtung zum Tischservice im Gastgewerbe solle abgeschafft, und die Teilnahmebeschränkungen für Indoor-Veranstaltungen aufgehoben werden, ebenso wie die Beschränkungen, die Erwachsene daran hindern, an Indoor-Kontaktsportarten teilzunehmen. „Ab Montag werden wir auch die Leitlinien aufheben, in denen die Menschen aufgefordert werden, sich an ein Drei-Haushalts-Limit für Versammlungen in Innenräumen zu halten“, erklärte Sturgeon.

Sturgeon betonte jedoch, trotz der Lockerungen nicht übermütig zu werden. „Um also das Risiko zu minimieren, dass wir uns mit dem Virus infizieren, wäre es für uns alle vernünftig, in dieser Phase in unseren sozialen Interaktionen vorsichtig zu bleiben“, sagte die Erste Ministerin. „Wir werden uns jedoch jetzt mit der Wirtschaft über eine Rückkehr zu einem hybrideren Ansatz ab Anfang Februar austauschen.“ Das Impfpass-System werde zudem nicht wie vorher geplant auf die Gastronomie angewendet werden.


Lesen Sie auch:

Anzeige