Tichys Einblick
"Eigener Weg" statt Pariser Klimaabkommen

China bricht CO2-Abkommen

China behauptet zwar, seine Verpflichtungen in Klimafragen weiter zu erfüllen, doch das Tempo seiner Klimapolitik will es ohne Einmischung von außen festlegen. Preiswerte Energie und der Lebensstandard der Chinesen sind der Volksrepublik wichtiger.

IMAGO / ZUMA Wire
Peking will alleine entscheiden, wie und wie schnell es den Klimawandel angeht. So berichtet die grüne Washington Post über eine Rede des chinesischen Staatschefs Xi Jinping zum Abschluss dreitägiger Gespräche zwischen dem sogenannten »US-Klimabeauftragten« John Kerry und seinen chinesischen Amtskollegen. Aus den Übersetzungen geht nicht hervor, ob Xi nicht die Einschränkung „ob überhaupt“ mit verwendete.

China werde seine Verpflichtungen „unbeirrt“ weiterverfolgen, aber das Tempo dieser Bemühungen „sollte und muss“ ohne Einmischung von außen bestimmt werden, formulierte Xi am späten Dienstag.

Xis Ansatz bedeute – so die enttäuschte Washington Post – einen Bruch des Pariser Klimaabkommens von 2015, in dem ein chinesisch-amerikanisches Abkommen den Weg für das internationale Ziel ebnete, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu halten.

Ernüchtert kehrte Kerry nach seinen dreitägigen Gesprächen aus Peking zurück. Dabei habe – so die Washington Post weiter – China die Vereinigten Staaten als weltgrößter Treibhausgasemittent überholt und im letzten Jahr den Bau von Dutzenden von Kohlekraftwerken genehmigt, obwohl es mehr erneuerbare Energien einsetze. Sogleich zeichnen die Reporter das erneute Schreckensszenario von „historischen Hitzewellen“ in China, Südeuropa, den Nahen Osten und Nordamerika an die Wand. Auch gewaltige Waldbrände wie in Kanada und Griechenland dürfen natürlich nicht fehlen.

In einem Telefongespräch mit Reportern am Mittwoch beschrieb Kerry seine Gespräche mit chinesischen Offiziellen als „sehr herzlich, sehr direkt und, wie ich glaube, sehr produktiv“, räumte aber ein, dass sie keinen bedeutenden Durchbruch gebracht hätten. Es war das erste Mal seit einem Jahr, dass sich die beiden Seiten trafen.

Dennoch machte Peking deutlich, dass sein Energiekonzept von innenpolitischen Erwägungen geprägt sein wird. Das bedeutet: Erst einmal müssen Chinesen und ihre Industrie preiswerte und verlässliche Energie zur Verfügung haben sowie Lebensmittel in ausreichendem Masse.

Die chinesischen Behörden hätten sich darauf konzentriert, die Auswirkungen extremer Wetterereignisse abzumildern, anstatt die Emissionen zu senken, auch wenn dies bedeutet, dass mehr fossile Brennstoffe verbrannt werden, so die empörten Washington Post-Reporter.

Stattdessen scheinen chinesische Behörden die Gesundheit ihrer Bevölkerung im Blick zu haben. Die Sicherstellung der Stromversorgung während der Nachfragespitzen im Sommer betreffe das Wohlergehen jeder Familie, wird einer der Vizepremiers, Ding Xuexiang, zitiert. Klimaanlage anstatt Hitzeschutzpläne also.

Zu tief verwurzelt sind noch die grausamen Erfahrungen der Hungersnöte aus Maos Zeiten. Eine Wiederholung kann sich kein chinesischer Politiker leisten.

Doch Kerry ist sein Posten mitsamt Finanzierung und Dienstreisen wichtiger. Direkt sagen „Lass das mal gut sein“ kann er nicht, dann wäre beides weg. „Wir sind hier, um neue Wege zu beschreiten, weil wir das für wichtig halten“, sagte Kerry. „Aber wir hatten eine Reihe sehr ausführlicher und offener Gespräche und haben erkannt, dass es noch ein bisschen mehr Arbeit braucht, um neue Wege zu beschreiten.“ Und noch ein paar Dienstreisen und noch mehr Dienstflüge rund um den Erdball. CO2 hin – CO2 her.

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