Tichys Einblick
Umweltsau Teil 2 mit Corona

ZDF – „Meine Oma liegt seit vorgestern im Koma, im Koma, im Koma“

Nochmals ein Kinderchor, nochmals dieselbe Oma-Motorrad-Melodie. Und der klägliche Versuch, die Debatte rund um den „Umweltsau-Song“ wieder aufzurollen: langweilig, eindimensional, geschmacklos.

Screenprint: Youtube
Erinnern sie sich an Zeljo Davutovic? Der ist Chorleiter des WDR-Kinderchors, der an WDR-Produktionen mitwirkt, eine gemeinsame Idee der Chorakademie Dortmund und des WDR. Davutovic hatte im Dezember 2019 seine 15 Minuten Andy-Warhol-Ruhm („15 Minutes of Fame“) mit einer Aufnahme von „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau.“ Schlagzeigentaugliche beleidigende Äußerungen. Ein Aufreger vor allem deshalb, weil hier mit öffentlichen Geldern via Zwangsgebühren Minderjährige von älteren umweltbewegten Aktivisten dazu angeleitet wurden, ihre eigenen Großeltern in beleidigender Art und Weise zu besingen.

Später dann versuchte besagter Chorleiter u.a. den Lesern der Süddeutschen zu erklären, dass mit der „Textfigur „Oma“ wir alle gemeint sind.“ Aber er räumte auch ein, dass es vielleicht zu kompliziert sei, „ein „um die Ecke denken“ von allen zu erwarten.“ Anschließend entschuldigte sich Davutovic bei allen, „die den Text nicht als Satire anerkennen möchten.“

Das Video wurde aus dem Netz genommen, jedenfalls vom Ursprungsort beim WDR, ein Mitarbeiter kartete noch mal mit „Nazioma“ nach, der breite Protest aus allen politischen Lagern wurde immer lauter, eine Sondersendung wurde geschaltet. Sogar Ministerpräsident Armin Laschet meinte, damit punkten zu können, sich gegen dieses Video zu positionieren, und Tom Buhrow als Intendant entschuldigte sich „ohne Wenn und Aber“ und blieb auch nach dem Shitstorm durch die eigenen Mitarbeiter dabei. Der NDR verbreitete allerdings später stellvertretend für „viele WDR-Mitarbeiter“ die Legende, „ein rechter Mob“ wäre für den Shitstorm verantwortlich gewesen. Es hätte gegen das Video gar keine Massenbewegung gegeben. Die Hörer-Hotline des WDR sei „mehrfach von mutmaßlich rechten Nutzern“ geteilt worden. Da sprang also ein öffentlich-rechtlicher Sender dem anderen zur Seite, ach ja.

Weil viele Bürger und Zuschauer die Oma-Beleidigungen aber stur weiter blöd fanden und weil die ideologischen Fernsehmacher hartnäckig sind im Umdeuten von eigentlich abgeschlossenen Debattenergebnissen, oder weil sie schlicht die Schmach der Niederlage auf Basis ihres dann doch zu großen Unfugs und Unsinns nicht ertragen können, legt jetzt das ZDF stellvertretend für diese ideologisierte Klientel nochmal nach. Und wie machen sie das? Ausnahmsweise mal ohne große Extrakosten: Die x-te verunfallte Kopie eines Harald-Schmidt-Humors aus den 1980er Jahren sollte es richten. Kürzer gesagt: Man erinnerte sich also an Jan Böhmermann und der macht’s dann eben auf seine Art.

Das Ergebnis ist ein weiterer Song mit einem Kinderchor und einem weiteren Chorleiter, der sich nicht schämt, die ihm Anvertrauten ideologisch auf denkbar billigste Art und Weise zu missbrauchen. Jan Böhmermann, den der Focus in dem Zusammenhang „Lästerzunge“ nennt, was den Kern des ideologischen Problems nicht trifft, legt die „Umweltsau“ also neu auf, und dieses Mal sind die Großeltern die Corona-Leugnerinnen, die aber am Ende elend verrecken – selbst Schuld. Haha.

Dabei übernimmt Böhmermann den übelsten Part seines „Liedes“ selbst, anstatt es konsequent die Kinder singen zu lassen. Da hängt das ganze dann auch, aber Ideologie und Eitelkeit sind enge Verwandte – so what? Den „Fluch des Jahres 2020“ möchte das öffentlich-rechtliche Flaggschiff brechen, verkündet er. Und – ulkig, ulkig soll es sein – der Haussender sichert sich ab: Das alles sei natürlich Satire. Und natürlich kein „neuerlicher Angriff auf die Großmütter der Republik“.

Die Oma erstürmt also in „schwarz-weiß-rot den Reichstag“. Dann hustet sie im Widerstand. „Meine Oma weiß, es gibt gar kein Corona, Corona, Corona. Sie glaubt nicht mehr an Tagesthemen und ans MoMa. Meine Oma hat das Spiel schon früh durchschaut“, singen die Kinder des Kinderchors. Und dann kommt Böhmermann und ergänzt, was er den Kindern nicht in den Mund legen wollte oder ihnen wegnahm, weil es seine Schmutzpointe ist: „Meine Oma liegt seit vorgestern im Koma, im Koma, im Koma. Mit nem Plastikschlauch in ihren Tracheostama. Pandemie vorbei und meine Oma auch.“

Chorleiter Michael Kokott übrigens wollte sich auf eine Zeitungsnachfrage dazu nicht äußern. Was sollte er auch sagen? So als unbedeutende kleine Randfigur in diesem Böhmermann-Borderliner-Orchester hat er den Mund zu halten. Es wird gesungen, was auf den Tisch kommt – ansonsten einen auf die Klappe.


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