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Corona-Politik im Blindflug

Münchner Universität: Sterblichkeit trotz Covid-19 nicht gestiegen – teilweise sogar gesunken

Das Fazit der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität vom 11.12.2020 ist eindeutig: Insgesamt ist in der zweiten Welle der Pandemie „bisher keine herausstechende Übersterblichkeit zu beobachten, bei der jungen Bevölkerung zeigt sich sogar eher eine Untersterblichkeit.“

picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Die Dramaturgie der politischen Entscheidungen ist bis zum Beschluss des zweiten harten Lockdowns am 13. Dezember 2020 durch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder kontinuerlich eskaliert. Zuletzt bemühte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder das Bild eines täglichen Flugzeugabsturzes, um auf maximal drastische Weise zu illustrieren, wie viele auf den Intensivstationen an Covid-19 sterben würden.

Kritiker so eines Alarmismus – oder ist er doch keiner? – werden auch von Söder diffamierend wie abwertend als „Corona-Leugner“ oder „Virus-Leugner“ beschimpft. Aber gilt das jetzt auch für die Fachleute an der Ludwig-Maximilian-Universität München?

Der in München residierende bayrische Ministerpräsident beruft sich häufig auf die Wissenschaft, die er für seine Haltung und seine Entscheidungen in Sachen Covid-19 zu Rate ziehen würde. Es sei mal dahingestellt, ob es sich hierbei um eine Alibifunktion handelt. Jedenfalls gestattet eine Berufung auf diese Fachleute den Abgleich mit wissenschaftlichen Ergebnissen der Covid-19-Forschung und Statistik.

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Und da wird es dann höchst merkwürdig, denn ausgerechnet Münchner Forscher können dem Alarmismus ihres Ministerpräsidenten nicht viel abgewinnen. Gerade veröffentlichte das „Statistische Beratungslabor (Stablab) am Lehrstuhl für Statistik und ihre Anwendung in Wirtschaft und Sozialwissenschaften“ der Universität München einen Bericht, der geeignet erscheint, eine Reihe von Corona-Maßnahmen mindestens zu hinterfragen.

Punkt 1 lautet hier:
„Todesfälle durch Covid-19 – Adjustiert auf die Einwohnerzahl zeigt sich keine ausgeprägte Übersterblichkeit.“

Der Abschnitt beginnt damit festzustellen, dass die Entwicklung der rohen gemeldeten Fallzahlen von positiv-gestesteten Covid-19 Infektionen „wenig Aussagekraft“ haben. Die Todeszahlen hingegen seien demgegenüber „etwas robuster“ heißt es weiter. München hat diese Zahlejn unter Berücksichtigung unterschiedlicher Erhebungen analysiert und kommt zu folgendem Schluss:

„Man erkennt, dass in der Altersgruppe der 35-59 Jährigen aktuell eine Untersterblichkeit sichtbar ist.“ Weiter heißt es: „In der Altersgruppe der 60-79 Jährigen zeigt sich auch unter Berücksichtigung der Covid-19-Todesfälle keine Übersterblichkeit. Bei den Hochbetagten sieht es etwas anders aus, da zeige sich „eine leicht erhöhte Sterblichkeit“. Zieht man in dieser Gruppe die Covid-19-Todesfälle ab, ergebe sich für das Frühjahr und den Frühsommer eine leichte Untersterblichkeit.

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Das Fazit der Fachleute der Münchner Universität in ihrer Untersuchung mit Veröffentlichungsdatum vom 11.12.2020 ist eindeutig:
„Insgesamt ist somit in der zweiten Welle der Pandemie bisher keine herausstechende Übersterblichkeit zu beobachten, bei der jungen Bevölkerung zeigt sich sogar eher eine Untersterblichkeit.“

Die Universität erwähnt zwar, dass sich die gezeigten Entwicklungen unter den durchgeführten Corona-Maßnahmen ergeben hätten, gleichwohl schlussfolgert man in München daraus nichts: „Eine Beurteilung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen erlauben diese Analysen der Übersterblichkeit jedoch nicht.“

Punkt 2 behandelt die „Problematische Entwicklung der Fallzahlen bei den Hochbetagten – die bisherigen Corona-Maßnahmen verfehlen notwendigen Schutz der Ältesten“.

Hier wird es noch einmal interessant, denn die Untersuchungen zeigen, dass die bisherigen Einschränkungen durchaus erfolgreich waren die Infektionszahlen betreffend. Allerdings nicht für die über 85-Jährigen. Die aber sind die Betroffenen. Die eigentliche Risikogruppe, die es zu schützen gilt.

Erstes Fazit aus München dazu:

„Es zeigt sich deutlich, dass die ergriffenden Maßnahmen (ab KW 45) zur Infektionseindämmung für die hoch vulnerable Bevölkerungsgruppe nicht hinreichend zielführend sind.“

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Die Fachleute befinden dazu interpretationsfrei: „In diesem Zusammenhang ist auch kritisch zu hinterfragen, ob die neusten verschärften Einschränkungen die primär auf die unter 85-Jährigen abzielen, zielführend sein können, um die vulnerable und hochbetagte Bevölkerung zu schützen.“

Mit anderen Worten: Die Einschränkungen bis hin zum Lockdown, der ja zuerst diese jüngeren Menschen trifft, sind keineswegs das erfolgversprechendste Mittel der Wahl. Trotzdem wird gemacht, was gemacht wird. Weil was fehlt?

Die Fachleute der Universität sind hier bei weitem nicht einmal die ersten, die in eine bestimmte Richtung mahnen, aber die Wissenschaftler wissen besser als andere warum, denn sie können es statistisch belegen: „Daher sind Maßnahmen wie der besondere Schutz (…) von Altenheimen und Pflegeeinrichtungen besonders wichtig.“

Unter Punkt 3 geht es dann noch um „Aktuelle Analysen zum Verlauf der Pandemie“ Da heißt es unmissverständlich: Kein deutlicher Rückgang nach dem Lockdown. Seit der 3. Oktoberwoche gibt es insgesamt einen stabilen Verlauf.“

Ein weiteres Fazit der Münchner Universität soll hier zum Abschluss noch zitiert werden: „Die November-Maßnahmen waren nicht hinreichend geeignet, die Entwicklung steigender Fallzahlen in der besonders vulnerablen Gruppe der Ältesten zu stoppen.“ Oder ganz ähnlich an anderer Stelle formuliert: „Problematisch ist, dass die Eindämmung der Entwicklung steigender Fallzahlen in der besonders vulnarablen Gruppe der Älteren nicht ausreichend gelungen ist.“

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