Tichys Einblick
Dokumentation

Katarina Witt: „Willkommen zurück in der DDR“

Die frühere Eiskunstläuferin Katarina Witt, aufgewachsen in der DDR, hat sich in den letzten Monaten öfter geäußert, aber jetzt ist ihr angesichts der Corona-Politik der Kragen geplatzt.

IMAGO / Alexander Trienitz

Nachdem Nena die 99 Luftballons platzten, legt jetzt Katarina Witt einen dreifachen Rittberger nach. Auf Facebook schreibt sie: „Es ist für mich nicht der geringste Triumph, feststellen zu müssen, das ganz Deutschland ein Jahr lang, mal einen Hauch davon verspürt, wie es ist, von einer Handvoll Regierungsmitgliedern bestimmt, gelenkt und beeinflusst zu werden.“

Witt aus Falkensee/Kreis Nauen war ein Exportschlager der DDR; war auch für ihr schelmisches Lächeln und ihre für DDR-Verhältnisse doch ziemlich ausgepägt individualistischen Anwandlungen beliebt. Ihre Kleinkriege mit der strengen Trainerin Jutta Müller waren häufig Thema im Boulevard, auch jenseits der Grenzanlagen der DDR.

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Die zweifache Olympiasiegerin, vierfache Weltmeisterin und sechsfache Europasiegerin im Eiskunstlauf hat den Übergang von der DDR in die Bundesrepublik vergleichsweise gut überstanden, andere DDR-Prominente mussten empfindlichere Einbußen hinnehmen. Wer allerdings wie Witt so eng auch mit der Politprominz der DDR bekannt sein musste, also mehr über die Mechanismen des Machtapparates wusste als andere, der neigt sicher – noch mehr als der EX-DDR-Bürger sowieso schon – dazu, empfindliche Antennen zu haben, wo Demokratie und Menschenrechte in Gefahr scheinen. Witt hat sich in den letzten Monaten öfter geäußert, aber jetzt ist ihr noch einmal explizit der Kragen geplatzt.

Hier ihr kompletter Text:

„Liebe Facebook-Freunde,
nach über einem Jahr, sind wir genau da angekommen, wo wir begonnen haben.
#wirbleibenzuhause
Nach über einem Jahr, nichts dazu gelernt, vollmundige Ankündigungen und Versprechen gebrochen, in Spenden- und Maskenskandalen verwickelt, bei der Impf- und Teststrategie komplett versagt und und und.
Was für eine erschütternde Bilanz der hilflosen Planlosigkeit.

Dafür noch einmal erneute 4 Wochen verschärfter Lockdown.
Weitere Freiheitseinschränkungen, Vorgaben, wer wann, wohin, oder überhaupt Reisen darf, die existierende festgeschriebene Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt und die Unmündigkeit des Volkes, wird unter Vorgabe der Rücksichtnahme festgelegt.

Die Ähnlichkeit ist verblüffend, was man im Namen „zum Wohle des Volkes“ so kollektiv, früher im Sozialismus und gegenwärtig im Kapitalismus, in so kleinem Kreise einfach durchsetzten kann!
Ich mag es gar nicht aussprechen, aber ein kleines Teufelchen auf meiner Schulter flüstert mir fast schelmisch ins Ohr – „Willkommen zurück in der DDR“.

Der lebensgefährliche Virus ist da und es gilt, Menschen zu beschützen!
Doch zwischenzeitlich gibt es sichere Öffnungs-Konzepte, die ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben, wenn auch eingeschränkt, zulassen würden.
Unternehmer und Erfinder, die mit allen Kommunikationsmedien, Tag und Nacht versuchen, mit Konzepten den Laden des Lebens aufrecht zu erhalten, stehen im Gegensatz zu den nächtlichen Tagungen, wo es darum geht, den Laden des Lebens alternativlos wieder dicht zu machen.
Lösungsorientierte Ideen werden von ein paar wenigen Verantwortlichen entweder vom Tisch gewischt, vermischt oder die Modernität und Innovation dessen einfach nicht verstanden. Keine Chance für verantwortungsvollen „Trial and Error“!

Ich gehe zu Zahnärzten oder Orthopäden, wenn ich Schmerzen habe. Ich gehe zu meinem Anwalt, wenn ich Rechtsbeistand brauche und um korrekt meine Übungen beim Training auszuüben, verlasse ich mich auf den Rat einer erfahrenen Trainerin.
Für Wärme, Witz, Geborgenheit und Liebe habe ich meine Familie und Freunde.

Mein Leben beeinflusste ein sozialistischer Dachdecker, der das Haus kreierte, in dem ich aufwuchs. Eine fürsorgliche Physikerin bringt mir die Moleküle meines bisher selbstbestimmten Lebens durcheinander und ein Bankkaufmann, bietet mir in der größten Gesundheitskrise unseres Landes keinen Impfplan an!
Mit welchem Problem, kann ich einen Politiker eigentlich belästigen?
Konfuzius hilft da auch nicht weiter: „Es wäre dumm, sich über die Welt und widrige Umstände zu ärgern. Sie kümmern sich nicht darum.“

Oh nein, es ist für mich nicht der geringste Triumph, feststellen zu müssen, das ganz Deutschland ein Jahr lang, mal einen Hauch davon verspürt, wie es ist, von einer Handvoll Regierungsmitgliedern bestimmt, gelenkt und beeinflusst zu werden.
Vielleicht wird dies im Rückblick eine einjährige Momentaufnahme einer gesamtdeutschen Geschichtsperiode?
Und vielleicht auch ein Schlussstrich, dass wir ehemaligen DDR Bürger uns nicht mehr erklären und verteidigen müssen!
#wirsindzuhause

Mit spätabendlichen Grüßen,
Eure Katarina“

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