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Haltet den Dieb

Haldenwang und seine Warnungen vor einer Zunahme des Linksextremismus

Nicht umsonst warnt Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang jetzt vor einem erstarkenden Linksextremismus. Aber er vergisst dabei das Wichtigste: Jene zu nennen, die diesen Extremismus begünstigen, die davon profitieren, die damit ihre politische Macht noch weiter konsolidieren.

imago Images/Christian Thiel

Thomas Haldenwang hatte „Ja“ gesagt, damals im November 2018, als Hans-Georg Maaßen als Präsident des Bundesverfassungsschutzes aus politischen Gründen entfernt wurde und Haldenwang den Posten bitte übernehmen sollte und auch übernahm.

Er hatte „Ja“ dazu gesagt, sich politisch instrumentalisieren zu lassen. Kaum denkbar, mit weniger Vorschusslorbeeren in so ein Amt zu starten. Und wenn Maaßen schon sagt, er hätte sich nie um den Posten beworben, dann ahnt man, wie Haldenwang sich dabei fühlen muss als eine Art politisch gefälliger Grüßaugust des Bundesinnenministers und der Kanzlerin selbst.

Aber der Devotismus des Wuppertaler Juristen scheint doch nicht unendlich. Oder es ergibt sich fast von selbst, dass, wen man so weit unten startet, dass dann jede irgendwie oppositionell wirkende Geste wie eine Rebellion gegen die Politik der Bundesregierung ausschaut und Haldenwang wirken lässt, als gäbe es da so etwas wie eine Unbeugsamkeit im Amt gegenüber einer politischen Einflussnahme des Auftraggebers. Das aber – soviel vorweg – ist nicht der Fall.

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Dennoch interessant, wie scheinbar konträr zur Regierungslinie und zu der des sozialdemokratischen Bundespräsidenten die jüngsten Äußerungen des 60-Jährigen klingen. Schon Anfang des Jahres warnte der Präsident des Verfassungsschutzes davor, dass nach den Erkenntnissen seiner Behörde die Hemmschwelle bei Linksextremisten sinken würde. In dem Zusammenhang nannte er unter anderem das Verbot der linksextremistischen Plattform „linksunten.indymedia“ einen Erfolg. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung meinte Haldenwang, dass im linken Milieu Gewalt gegen Personen und insbesondere Polizisten als „legitimes Mittel des Widerstands“ verstanden werde.

Eine neue RAF sah er Anfang 2020 aber nicht am Horizont erscheinen, war er bemüht hinzuzufügen. Diese Aussage allerdings zeigt schon, wie schmerzhaft der Spagat sein muss, so man weiß, dass der Staat heute selbst längst indirekt zum Förderer dieses gewaltbereiten Linksextremismus geworden ist, wo die Rote Armee Fraktion ihn noch als Feind Nr. 1 begriffen hatte.

Jetzt, im Oktober 2020, erneuerte Thomas Haldenwang seine Warnungen vor einer Zunahme des Linksextremismus ein weiteres Mal. Es hat sich also nichts geändert oder die Lage ist noch schlimmer geworden, wir kommen gleich dazu, woran das liegen könnte.

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Haldenwang bezieht sich hier zunächst auf die Ausschreitungen rund um die Räumung eines der letzten besetzten Häuser in der Bundeshauptstadt. Besetzte Häuser, die von der Berliner Senatsregierung bisher als so etwas wie ein allgemeines Kulturgut verstanden wurden. Als gelebte Vielfalt oder wie immer man diese Lebensweise für Linksextremisten sehen mag. Der Schutzwall ist gebrochen, die Liebigstraße 34 ist geräumt, 132 mutmaßlich Linksradikale wurden vorübergehend festgenommen, 19 Polizisten verletzt und vorläufig 37 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Thomas Haldenwang erneuert also jetzt entlang dieser Ausschreitungen seine „alte“ Warnung, die Gewalt im Linksextremismus werde zunehmend brutaler und personenbezogener.

Das ist auch deshalb interessant, weil es auch ein tief greifendes Versagen der Behörde unter Haldenwang erahnen lässt. Denn selbstverständlich ist Haldenwang als Verfassungsschutzpräsident eben das und kein Regierungsschutzpräsident, als der er aber leider betrachtet werden muss. Warum ein Versagen? Weil Haldenwang eben nicht erst Anfang des Jahres vor einem Zuwachs des Linksextremismus gewarnt hatte, sondern schon wenige Monate nach Amtsantritt im März 2019 und hier sogar explizit mit Bezug auf die Hausbesetzerszene gegenüber Welt am Sonntag formulierte:

„Es gibt bestimmte Ereignisse, bei denen man schon vorher ahnt, dass es zu linksextremistischer Gewalt auf den Straßen kommen wird. Da denke ich auch an die Räumung von besetzten Häusern.“

Damals sagte Haldenwang weiter, seine Behörde kümmere sich „mit hoher Intensität um den Bereich des gewaltorientierten Linksextremismus.“ Nun ist die Feststellung der Faktenlage das eine. Wenn sich allerdings Innen- und Justizministerium, wenn sich Politiker weigern, daraus die nötigern Schlüsse abzuleiten, verschwinden die Ermittlungsergebnisse einfach im Giftschrank.

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Aber zu welchem Schluss könnte man dann kommen? Dahin, dass es der Regierung Merkel genehm sein könnte, dass sich hier eine Art außerparlamentarische linksextremistische Exekutive selbst etabliert. Was hier arg alarmistisch klingt, ist nachprüfbar: Im Parlament fordern Parlamentarier der grünen und linken Fraktionen wiederholt eine finanzielle Auffettung der Antifa. Weiter wird bereits darüber debattiert, solche und andere Fördermittel im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich nicht mehr antragsgebunden, sondern sogar dauerhaft an Nichtregierungsorganisationen zu vergeben, die sich nach offizieller Lesart u.a. dabei verdient gemacht haben sollen, Rechtsradikalismus, Rassismus usw. zu bekämpfen. Es geht hier also um die Anrufung der sogenannten Zivilgesellschaft, auch ein Wort, dessen Bedeutung vollkommen pervertiert und verdreht wurde.

Die Regierenden finanzieren sich eine außerparlamentarische Kraft bis hin zu Gewaltexzessen (Berlin), die im Gegenzug diese Regierenden mit ihren Aktionen unangetastet lassen und nicht weniger erreichen sollen, als eine breite Protestbewegung gegen diese in Zügen oligarchische Dauergroko-Parteienlandschaft zu verhindern, Angst zu verbreiten und echte Opposition zu unterdrücken.

Selbstverständlich ist auch der Sozialdemokrat im Amt des Bundespräsidenten Teil dieses Systems Merkel. Denn Frank-Walter Steinmeier macht etwas Verwerfliches: Er nutzt die Trauer am Jahrestag des Amoklaufs von Halle dazu, den im Gefolge der teilweise unsinnigen Corona-Maßnahmen aufkommenden Unmut gegen die Regierung zu unterdrücken, indem er diesen vertikalen Protest nach oben wieder in die Horizontale verschiebt und die Menschen aufeinander hetzt. Aber wie macht Steinmeier so etwas Verwerfliches ausgerechnet bei der zentralen Trauerfeier in Halle für die Opfer des Amoklaufes?

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Es klingt zunächst ganz harmlos, aber es schürt Hetze und Hass und wird auch von Linksextremisten als Aufforderung verstanden werden, die Kritiker der etablierten Politik und der Regierung mit Gewalt zu bedrohen oder diese sogar vielfach anzuwenden. Nein, es trifft nicht nur die Polizei, es trifft vielfach die Opposition in Deutschland. Es klingt also nur vermeintlich harmlos, wenn Steinmeier in Halle dazu auffordert: „Wir müssen uns einmischen – in der U-Bahn, im Café, auf dem Schulhof, auf der Straße, im Netz.“

Und wo Steinmeier die Unverschämtheit besitzt, weiter auszuführen, Antisemitismus sei dabei auch „ein Seismograf für den Zustand unserer Demokratie.“ Nein, Antisemitismus ist vor allem leider mittlerweile eines geworden: Ein Seismograf für den Zustand des Landes nach über fünf Jahren Migrationspolitik der Bundesregierung, der merkelschen Massenzuwanderung, des merkelschen vorgeblich humanitären Imperativs.

Und um das hier abschließend noch zu sagen: Nicht umsonst warnt Haldenwang ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt vor einem erstarkenden Linksextremismus. Aber er vergisst dabei das Wichtigste: Mit dem Finger auf jene zu zeigen, die diesen Extremismus begünstigen, die davon profitieren, die damit ihre politische Macht nur noch weiter konsolidieren.

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