Tichys Einblick
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Fleisch höher besteuern: Fehlt Geld für „Klimaschutz” und Zuwanderung?

Eigentlich ein guter Witz, wenn Politiker der Großen Koalition und der Grünen jetzt Fleisch höher besteuern wollen, während die EU gerade den Weg frei macht für mehr Fleischimporte über den großen Teich. Zum Tierwohl und aus „Klimaschutz”gründen?

© Getty Images

Es ist doch verrückt, während in Kindergärten der falsche Hase aus Schweinefleisch von der Karte genommen wird, plädieren Politiker der großen Koalition plus Grüne neuerdings dafür, das Schnitzel zu besteuern. Also Mehreinnahmen zu generieren, um die Mehrkosten der Zuwanderung zu bezahlen? Nein, natürlich wird das so direkt nicht gesagt.

Katja Klapsa, Redakteurin Innenpolitik der Welt ist diesem erneuten Griff in den Geldbeutel der Bürger einmal nachgegangen und hat Politiker aller Fraktionen befragt, wer tatsächlich für eine Fleischsteuer ist, wie das laufen soll und warum eigentlich genau.

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Die wahrscheinlich frechste Antwort der Runde gab Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion zu Protokoll. Der Landwirt aus bäuerlicher Familie findet es unerklärlich, dass Hafermilch mit 19 Prozent besteuert wird, Fleisch allerdings nur mit sieben. Jetzt raten Sie, was sein Vorschlag ist: Nein, er möchte nicht, dass Hafermilch ebenfalls preiswerter für den Verbraucher zu kaufen ist (wer auch immer Hafermilch trinkt).

Dafür zitiert Ostendorff gegenüber der Autorin den wissenschaftlichen Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums, der festgestellt hätte, dass der Umbau der Tierhaltung drei bis fünf Milliarden Euro kosten würde. Es geht dem Grünen aber nicht nur um das Tierwohl, sondern – logisch – auch um „Klimaschutz” und die klimaschädlichen Folgen der Massentierhaltung.

Das Schnitzel und die Roulade sollen also nun zusätzlich mit weiteren zwölf Prozent Mehrwertsteuer (bisher sieben) belastet werden. Und dieses Geld soll dem Umbau der Stallungen zu Gute kommen. Glaubwürdig?

Nun warten vor dem Fleischregal immer mehr Deutsche mit eng geschnalltem Gürtel auf den späten Samstag Nachmittag, dann nämlich kommt die Supermarktangestellte mit der roten Etikettenrolle und klebt die 30%-Billiger-Aufkleber auf die älteren Fleischpakete, die noch vor Montag raus müssen.

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Weggeschmissen wird dank dieser Verbilligungsorgie nämlich immer weniger in den Supermärkten. Und das gilt nicht nur für Fleisch. Wer einmal das stille Geschubse und Gedränge an der Frischetheke mitbekommen hat, dann, wenn die Preise für Joghurts und andere Milchprodukte um 30 oder sogar 50% reduziert werden, der spürt hier direkt, wo die Armut angekommen ist – beispielsweise bei der Vielkindfamilie, wo die Mutter zu Hause die Kinder versorgt, während der Vater auf dem Bau schuftet.

Aber von so einer überhitzten Sozialromantik schnell zurück an die Kühltheke und zur Idee einer Besteuerung von Fleisch in Deutschland. Nun hat die EU gerade einen Rindfleisch-Deal mit den USA abgeschlossen und die Importquoten erhöht. Während Deutschland (GroKo und Grüne) also aus ökologischen Gründen und für den „Klimaschutz” überlegt, die Steuern zu erhöhen für Fleisch, beschließt die EU, Fleisch mit einer verheerenden Ökobilanz über den Atlantik herzuschippern? Geht es noch widersinniger?

Einerseits wird ein innereuropäischer Konkurrenzschutz aufgeweicht und dann möchte Deutschland die deutschen Tierwirte noch einseitig schröpfen, indem ihre Produkte an der Theke verteuert werden sollen, angeblich um eine Wende in der Tierzucht einzuleiten?

Stephan Protschka von der AfD befürchtet, so eine Fleischsteuer würde sowieso im Bundeshaushalt versickern. Für ihn wären solche Steuern nur weitere „finanzielle Abhängigkeiten deutscher Landwirte von der öffentlichen Hand.“ Sein Vorschlag: „Ein verpflichtendes Tierwohlsiegel.“

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Wirklich? Noch ein Siegel mehr? Der Verbraucher steigt doch jetzt schon kaum noch durch, wenn so viele Fantasie-Siegel in der Regel hauptsächlich werbliche Zwecke erfüllen und an das schlechte bzw. gute Gewissen der Kunden appellieren, wenn solche Siegel längst fester Bestandteil der Vermarktungsstrategie von Nahrungsmitteln geworden sind frei nach dem Motto: Und wenn wir keines bekommen, dann basteln wir uns im Verband eben selber eines oder gründen einen neuen Verband, um uns eines basteln zu können.

FDP-Politiker Gero Hocker bringt es auf den Punkt: „Der Vorschlag trägt weder zum Tierwohl noch zum Klimaschutz bei, sondern drängt durch eine künstliche Verteuerung deutsche Produkte aus dem Markt.“

Klar, wenn die deutsche Auto- und Metallindustrie, wenn schon die Banken und weitere Wohlstandsdampfmaschinen in die Knie gezwungen wurden, warum sollte dann der deutsche Bauer noch ein Auskommen haben? Deutschland ist drittgrößter Fleischexporteur weltweit? Nein, so einem Fleischimperialismus muss der Riegel vorgeschoben, die Branche weiter geknebelt, das Geschäft zerstört werden – Deutschland wird auch an der Fleischtheke abgewickelt. Und wer macht’s vom Abrissunternehmen Deutschland? Die Union, die SPD und die Grünen.

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Gegen so eine Steuer sind die Linken. Kirsten Tackmann hält „den Ansatz für falsch, Tierschutz über eine Fleischsteuer regeln zu wollen, die ja auch sozial Benachteiligte zahlen müssten.“ Ist das eigentlich schon bigott, wenn die eigene Partei über Ulla Jelpke unbegrenzte Einwanderung ohne jede Schranke fordert und auf der anderen Seite Anwalt der nicht zuletzt dadurch sozial noch mehr benachteiligten Deutschen sein will, die bald schon auch direkt am Fleischregal spüren werden, was diese Zuwanderung wirklich kostet? Nett gemeint liebe Linke, aber zurück ins Vergessen bitte. Mit dem Rückzug von Sahra Wagenknecht habt ihr euch endgültig von der politischen Front verabschiedet.

Schauen wir noch kurz, was Union und SPD zu dem Thema sagen:
Sozialdemokrat Rainer Spiering möchte keine eigene Fleischsteuer, er will die Mehrwertsteuer erhöhen, die dann in die Agrarförderung fließt, die wiederum solche Produzenten begünstigt, die, so Spierling: „für das Allgemeinwohl, für Natur und Umwelt handeln.“ Also noch mehr Formulare, eine noch intensivere Begünstigung solcher Großtierwirte, die sich eigene Abteilungen leisten können, das maximale rauszuholen aus solchen Töpfen während der Kleinbauer zunehmend auf Hofverkauf und Direktvermarktung setzen muss, will er noch seinen Schnitt machen.

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Bleibt noch der Unionsabgeordnete: Albert Stegemann berichtet der Autorin der Welt, der Vorstoß des Tierschutzbundes – von dieser Nichtregierungsorganisation kam nämlich die Idee – sei ein konstruktiver Vorschlag: „Dafür müssten diese Mehreinnahmen aber zwingend als Tierwohlprämie genutzt werden, um die Tierhalter in Deutschland beim Umbau zu unterstützen.“ Na klar, wer es glaubt. Vielleicht wäre es mal eine gute Idee, auch im Bundestag Ohrmarken einzuführen – quasi als Belobigung, wenn die Verteilung des Jahreskontingents der Bundesverdienstkreuze schon ausgelost wurde.

Agrarexpertin Katrin Wenz vom Bund für Umwelt und Naturschutz findet das übrigens alles noch viel zu wenig, viel zu schmerzfrei für den Verbraucher: „Wenn ein Schnitzel einen Euro kostet, wären das bei einem Aufschlag von zehn Prozent weiterhin nur 1,10 Euro. Das ist immer noch sehr billig und reicht als Instrument nicht aus, um den Konsum zu senken.“ Und Greenpeace findet, dass die Abgabe besser direkt beim Schlachthof erhoben werden soll.

Da kann man nicht nur vom Glauben abfallen, sondern, wenn man zu wenig im Geldbeutel hat, demnächst also auch vom Fleisch. Wird bald wieder die Zeit kommen, wo sich der Deutsche heimlich und ohrmarkenfrei wieder eine Kuh, ein Schwein, ein paar Hühner und eine Ziege im Stall hält, wenn er noch was proteinhaltiges in den Bauch bekommen will anstelle der steuerlich auf Hafermilch-Niveau angehobenen Fleischprodukte.