Tichys Einblick
Bettina Röhl

„Angela Merkel ist heute die Königin der Antifa“

Bettina Röhl befand schon 2018 in ihrem Buch „Die RAF hat Euch lieb“, Angela Merkel habe die Urmutter der 68er-Bewegung abgelöst. Eine gewagte Fährte von Ulrike Meinhof zu Angela Merkel? Jedenfalls eine, die 2020 von Zuträgern der Merkelmacht wie Saskia Esken und anderen in ein Bekenntnis zur Antifa mündete.

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Was in der Überschrift wie ein Befund von heute klingt, ist indes eine Einschätzung aus einem Buch von 2018 von Bettina Röhl. Nun wäre Röhl sicher nicht einverstanden damit, ihr zu unterstellen, sie hätte damals nur munter in die Glaskugel geschaut. Denn Röhls Fazit, was die Rolle der Bundeskanzlerin im Zusammenspiel mit der Antifa angeht, ist Ergebnis einer besonderen historisch-politischen Analyse in Röhls Buch „Die RAF hat Euch lieb“.

„Die RAF hat Euch lieb“ hatte mit Erscheinen das Potenzial, nicht weniger zu sein, als ein Signal zum Umsturz der in Beton gegossenen zahllosen Regalmeter RAF-Literatur. Und die Autorin hat eine neue Wegmarke gesetzt, als sie eine direkte Linie der 68er-Ideologie hinüber in alle Politikfelder der Gegenwart feststellte und Angela Merkel gewissermaßen zur Gralshüterin des Erbes von Rudi Dutschke bis hin zu Ulrike Meinhof und Andreas Baader machte:

„Mit Macht hat sich Angela Merkel spätestens seit 2011 mit ihrer Energiewende als Kopf der Schlange 68 etabliert. Merkel, erst seit der Wende mit gesamtdeutscher Politik befasst, hat womöglich gemerkt, welchen politischen Wettbewerbsvorteil es bringt, auf der 68er-Frequenz zu agieren. (…) Man könnte es auch so sagen: Meinhof war die Urmutter, Merkel ist heute die Königin der Antifa.“

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Bettina Röhl sieht den Hass auf die großartige Idee des Westens durch die Mao-Bibel spazieren tragende erste Generation der 68er in einer weltumspannenden „Fatwa des Völker- und Massenmörders Mao Zedong“ wurzelnd. Damals, als sich der Hass der 68er gegen alles richtete, „was westlich ist, was westliche Kultur ist, was westliche Moral ist, was westliche Leistung ist.“ Nun kann man hier trefflich streiten, wo da die alte und die neue Kultur beginnt, wo da Bob Dylan und die E-Gitarre ihre Rolle spielen, wo der erste eigene Plattenspieler den Volksempfänger abgelöst hatte.

Und selbstredend war die Inthronisierung von Angela Merkel auf den verwaisten Thron der Ulrike Meinhof in 2018 eine literarische Zuspitzung der Autorin Röhl. 2020 muss der aktuelle Befund aber tatsächlich so aussehen, dass Angela Merkel sich zur Zeremonienmeisterin der Antifa gemacht hat. Und obendrauf politisch so geschickt, dass sie sich dabei in der Wählergunst nicht die Finger schmutzig macht. Da wo es noch klemmen könnte, machen die Zureicher der Merkelregierung die Drecksarbeit wie jüngst beispielsweise die grüne Ex-Bundesministerin Renate Künast, als sie im Bundestag eine Ausweitung der Finanzierung der Antifa forderte.

Jetzt ist Angela Merkel nicht mehr nur die Schutzpatronin der GroKo, ihre Entourage trägt ihre Sänfte jetzt auch gern mal durch das Vorzimmer einer linksextremistischen Organisation. In der DDR-Diktatur, wahlweise im Unrechtsregime DDR, war der Antifaschismus Staatsdoktrin. Und Angela Merkel war Teil dieses Systems. Von dort hat sie ihre politische DNA. In der DDR wurde der Antifaschismus zum Instrument der Unterdrückung jedweder Opposition. Und die Verantwortung nachzuweisen, dass sie mit diesen Wurzeln abgeschlossen hat, liegt allzeit bei der Bundeskanzlerin.

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Sie wird aber auch dieser Verantwortung nicht gerecht, ihre Vergangenheit scheint sie eingeholt zu habe, beispielsweise, als sie so rudimentär auf die Gewaltexzesse beim G-20-Gipfel in Hamburg reagierte. Aber noch mehr, als sie sich auch öffentlich gemein machte mit einer politmedialen Verachtung, mit der Denunziation, der Diskreditierung und Diffamierung der politischen Opposition sowohl im Parlament wie außerparlamentarisch.

Wenn nun aber Angela Merkel die neue Königin der 68er-Ideologie und also auch als einflussreichste politische Stichwortgeberin die Heerführerin der Kampftruppen dieser Bewegung geworden ist, dann hat auch der letzte Rest von 68er-Romantik und 68er-Errungenschaften seine Bedeutung für die Gegenwart verloren.

Nein, Angela Merkel hört keinen Bob Dylan oder gar Nirvana. Wir wissen es leider genauer, weil die Augsburger Allgemeine die Peinlichkeit begangen hatte die Königin beim Kochen zu besuchen unter dem Titel: „Was Angela Merkel beim Kochen hört“. Da stehen dann Merkelzitate wie aus einer ranzigen staatlich alimentierten königlichen Hofpost: „Beim Kochen und beim Küchenarbeit machen und so weiter, da höre ich gerne Radio.“ Und im Radio höre sie dann am liebsten klassische Musik, erfährt der Leser.

Eindrucksvoll übrigens belegte jüngst Rainer Langhans als einer der Urväter der 68er Kultur das endgültige Ende der Woodstock-Blümchenromantik, als er in einem Interview dem amtierenden US-Präsidenten durchaus etwas Positives abgewinnen konnte. Wenn Merkel die Königin der 68er-Bewegung ist, dann sympathisiert ein Rainer Langhans folgerichtig mit Donald Trump. Und damit ist dann der 80-Jährige Rainer Langhans plötzlich zielsicher so etwas wie Avantgarde.