Tichys Einblick
rumours about germany

Aufklärungskampagne Auswärtiges Amt: Migranten-Abschreckung mit Wattebäuschchen

Leute lassen sich nicht einfach abschrecken, ihr Glück zu suchen, wie es sich das Auswärtige Amt vorstellt. Statt deutlich zu machen: „Sorry, your’re not welcome!“ halbherzige Kampagnen, die Zweifel säen sollen, aber nur noch weitere anlocken.

Screenprint: rumoursaboutgermany.info

Rumours about Germany ist eine Aufklärungskampagne des Auswärtigen Amts, die im außereuropäischen Ausland bereits seit Herbst 2015 mit Informationen auf Bussen und Plakatwänden Migranten davon abhalten will, sich aufgrund falscher Informationen von Schleppern u.a. auf den Weg nach Deutschland zu machen. Grundsätzlich eine gute Idee.

Könnte man jedenfalls denken. Besonders dann, wenn man sich weiter so schwer tut mit den Abschiebungen hunderttausender von Rechts wegen nicht in Deutschland erwünschter Personen: Sind sie erst einmal angekommen, mag man sie nicht mehr wegschicken.

Aber die Lage wird nicht besser. Es kommen mehr, es bleiben mehr. Städte und Kommunen setzen SOS-Meldungen ab, wie zuletzt Salzgitter. Nun soll also gegengesteuert werden, indem man schon dort interveniert, wo jemand loszieht. Nein, es gibt nicht für jeden Einwanderer ein Häuschen im Grünen, erzählt die Smartphone-kompatible Website Rumours about Germany auf Arabisch, Französisch und Englisch.

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Sagen will das Auswärtige Amt: Deutschland wird für euch kein Schlaraffenland. Irgendwie jedenfalls. Aber wie erfolgreich waren zuvor die Plakatwände und Informationen an Bussen? Die Zahlen der immer noch Ankommenden sagen darüber nichts. Es scheint sogar so, als würden die wattierten Warnungen auch noch jene aufschrecken, die vorher noch gar keine Idee von Deutschland hatten: Abschreckung mit der Puderquaste verwandelt sich in Verheißung. Die Interpretation des Raunens. Ein wenig hoffnungsvoller Kampf für die Bundesrepublik, ein Schattenboxen gegen Windmühlen. Und immer eine Informationsniederlage gegenüber hunderttausenden von WhatsApp-Nachrichten direkt aus dem gelobten Land.

Nein, Hoffnungen gespeist aus Wunschträumen kann man nicht rational begegnen. Der rote Porsche, das Selfie vor dem Brandenburger Tor und die Regalmeter Aldi – welche Website mit halbherzigem Abwinken wie Rumours about Germany will da konkurrieren? Will man überhaupt?

Die begehrten Fotos kommen von überall her: So müssen Smartphones zwar mittlerweile in vielen Schwimmbädern draußen bleiben, aber wer will das kontrollieren? Reizvolle Motive und multiple Nachrichten aus dem Paradies lassen sich nicht verhindern. Und so finden sicher auch Berichte über eine hoffnungslos überlastete Polizei ihre Zielgruppe, wie solche über die erfolgreichsten Verhaltensweisen zum Asylverfahren, über Klagewege und Verzögerungstaktiken und darüber, wo der Pass landen muss (Müll), wenn man länger bleiben will, als einem in Deutschland zugestanden wird. Ein inflationäres Katz und Maus.

Rumours about Germany: Ein Wegweiser. Viele Lesarten.

Rumours about Germany: nein, hier geht es dem Auswärtigen Amt nicht darum, eindeutig zu erklären, dass das Asylrecht kein Tor für Einwanderung ist. Dazu fehlt weiterhin der Mut, unattraktive Entscheidungen zu fällen. Der gleiche fehlende Mut, der Kanzlerin und Regierung hinderte, Grenzen zu sichern, weil man doch unschöne Bilder vermeiden wollte.

Rumours about Germany: Man will Menschen abhalten, herzukommen, hat aber keine Idee, wie. Rumours about Germany möchte Fehlinformationen durch Fakten ersetzen. Aber dafür muss man sich erst einmal den Fakten stellen.

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Drei Fragen stellt die Website. „Sure about leaving?“, „ON your way?“ und „Need to return?“ Ein merkwürdiger Travel-Berater für Personen, die auf dem Weg sind, sich auf den Weg machen wollen oder doch umdrehen möchten. „7 big lies of traffickers“ hat man zusammengestellt. So klärt man darüber auf, dass die Schiffe für die Überfahrt keinen Pool haben und kein Kino. Abgebildet ist ein Schlauchboot. Und es gäbe auch keine 2.000 Euro Begrüßungsgeld. Nur was soll der Angesprochene damit anfangen, wenn sein Nachbar gerade per WhatsApp schreibt, dass er Monat für Monat für sich und seine Familie 2.560 Euro bekommt? Und Lüge Nr. 7, die man für wichtig erachtet, aufzuklären: „…and if you don’t like in Germany, they’ll just give you a visa for Canada.“ Was für eine Farce, möchte man anmerken.

Der Beauftragte für Strategische Kommunikation im Auswärtigen Amt heißt Andreas Kindl. Er verantwortet das Konzept des Online-Angebots und er schafft es unfreiwillig in einem Satz zusammenzufassen, warum „Rumours about Germany“ schon jetzt ein gescheitertes Projekt genannt werden darf. Warum es einfach nur noch mehr Zuwanderung generieren wird:

„Wir klären sachlich darüber auf, dass ein Start in Deutschland nicht so einfach ist wie viele denken – ohne dabei in die Falle zu tappen, nur negative Beispiele zu nennen“, sagt Kindl.

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Aber was für eine Falle soll das sein? Die Merkel-Falle des humanistischen Imperativs? Nein, hier kann es nicht mehr um die Frage gehen, ob etwas möglicherweise zu negativ erscheint. Hier geht es um die Transparenzmachung eines eindeutigen deutschen Asylrechtes, das den wenigsten, nein, das sogar praktisch keinen einzigen Fall anerkennen dürfte, Personen in Deutschland Asyl zu gewähren, die aus sicheren Herkunftsländern kommen oder etliche von ihnen aber mindestens ein solches bereits durchreist haben.

Und wenn diese Informationen ins Arabische übersetzt noch zu abstrakt sein sollten, dann muss man eben in den sauren Apfel beißen, dann müssen Bilder herhalten. Mit Bildern und Selfies hat es angefangen. Bilder können nun helfen, es zu beenden: Aufnahmen von Abschiebehaftanstalten. Aufnahmen von Sammellagern. Aufnahmen von Festnahmen von kriminellen Asylbewerbern. Aufnahmen von Schlägereien unter Asylbewerbern. Und Aufnahmen von Deutschen, die gegen diese Form des Asylmissbrauches protestieren. Natürlich: unschöne, hässliche Aufnahmen, die heute aber konkret zur deutschen Realität gehören, nicht mehr solche von Refugees-welcome begeisterten Deutschen am Münchner Bahnhof. Aufnahmen, die man sich eingestehen und die man sich trauen muss vorzuzeigen.

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Aktuell informiert das Auswärtige Amt über „Rumours about Germany“ folgendermaßen: „So entkräfte die Seite beispielsweise das Gerücht, dass man in Deutschland überall mit Englisch weiterkommt.“ Was bitte soll das genau bedeuten? Deutschland will also ernsthaft Migranten davon abhalten herzukommen, indem man ihnen sagt, sie müssten Deutsch lernen, um sich zu verständigen? Aber welcher echte Flüchtling würde sein Leben NICHT retten wollen, nur weil er in Freiheit eine Sprache lernen muss?

Ergo richtet sich das Auswärtige Amt eben doch nicht nur an potentielle Asylbewerber, sondern an Migranten ins Sozialsystem. Die allerdings haben sowieso keinerlei Rechte, nach Deutschland einzureisen. Warum sagt man es dann nicht genau so? „You’re not welcome!“ oder etwas sanfter: „We’re sorry, but you’re not welcome.”

Nein, Auswärtiges Amt. Nein, Bundesregierung, wenn ihr es nicht ernst meint, wenn ihr nicht ernst machen wollt, wenn ihr nicht Willens seid, die dringendsten Probleme zu lösen, dann macht besser überhaupt nichts. Dann müssen es eben die Realtäten klären. Nichts ist schlimmer, als sich nur halbherzig zu bemühen. Der Umgang mit der Einwanderungswelle ab 2015 ist bereits durchgehend markiert von einer Chronologie der Halbherzigkeiten, des Versagens. Staatlicherseits. Und das liegt nicht an den vielen ehrenamtlichen Helfern. Die meinten und meinen es nur gut, opfern viel Zeit, dem Versagen des Staates noch einen irgendwie humanitären Anstrich zu geben. Aus gutem Herzen.