Tichys Einblick
Heiko Teggatz bei TE

Gewerkschaft der Bundespolizei fordert Grenzkontrollen und Zurückweisungen

Heiko Teggatz spricht mit TE über die neue Massenmigration und eine Methode, um mit den Zuständen an deutschen Grenzen umzugehen. Die Realität von heute ist: Sächsische Bundespolizisten machen einen Knochenjob und nehmen Rassismusvorwürfe von einer Linkspartei entgegen, die schleusen hilft.

Einsatz der Bundespolizei gegen illegal Eingereiste in Hohndorf, 24.09.2022

IMAGO / HärtelPRESS

Die Bundespolizeigewerkschaft der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hat ein „Strategiepapier zur Eindämmung irregulärer Migration nach Deutschland“ vorgelegt. Wichtig dürfte auch der letzte Teil des Titels sein: „… vor dem Hintergrund begrenzter Personalressourcen“ heißt es da. Es geht um die Machbarkeit politischer Planungen.

Nancy Faeser hatte jüngst eine kleine Kehrtwende hingelegt und erstmals die illegale Migration nach Deutschland öffentlich beklagt – obwohl viele vermuten, dass andere Absichten dahinterstecken. So sagte sie: „Wir sind gemeinsam in der Verantwortung, illegale Einreisen zu stoppen, damit wir weiter den Menschen helfen können, die dringend unsere Unterstützung brauchen.“ Also Schutz gegen „illegale Einreisen“, damit wir weiter „Menschen helfen können“. Es sind allerdings nur feine Linien, die beide Phänomene in vielen Fällen unterscheiden. 

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Tatsächlich bleibt Faesers Bekenntnis „gegen illegale Einreisen“ unglaubwürdig, solange sie nicht an deutschen Grenzen handelt. Zudem müsste sie auf mehr Grenzschutz auch an den EU-Außengrenzen hinwirken, wie es auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte. Und dabei wäre auch ein besserer Schutz deutscher Grenzen durchaus möglich. Heiko Teggatz, Bundespolizist und Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hat zentrale Punkte einer Strategie in einem Papier zusammengefasst, das er auch der Bundesinnenministerin zusandte.

In einem vorangehenden Schreiben an Faeser hatte Teggatz Anfang September bereits die Einführung stationärer Grenzkontrollen zur Tschechischen Republik gefordert – offenbar ohne den gewünschten Erfolg. Zugleich informierte er Faeser „über die Gesamtumstände“, und die schauen bekanntlich nicht rosig aus. Die Bundespolizei in Bayern und Sachsen hat alle Hände voll zu tun mit der Registrierung der Tag für Tag ankommenden neuen Migranten. In Sachsen waren es nun mehrere hundert in der Woche (TE berichtete).

 Warum feste Grenzkontrollen der Schlüssel sind

Derweil rollt auf dem Balkan die nächste Immigrationswelle auf Deutschland zu.  Österreich und Tschechien haben nun mit der Einführung fester Grenzkontrollen reagiert. Doch die Bundesregierung bleibt untätig und überlässt die anfallenden Aufgaben den Ländern, Kreisen und Kommunen.  

Ob sein neues Strategiepapier auf mehr Gegenliebe im BMI trifft als frühere Eingaben, bleibt sehr abzuwarten. In seinem neuen Brief, der TE so wie das Strategiepapier selbst vorliegt, nennt sich Teggatz auch „Grenzpolizist“. Denn das ist die auch in seinen Augen originäre Zuständigkeit der Bundespolizei, die 2005 aus dem Bundesgrenzschutz hervorging. Als offizielle Grenzschutzbehörde kann die Bundespolizei heute nur noch agieren, sobald man sie lässt. Dazu müssen Grenzen notifiziert sein. Warum feste Grenzkontrollen der Schlüssel sind, um zumindest eine erste Antwort auf diese Zustände zu geben, erklärt Teggatz im Gespräch mit Tichys Einblick.

Seine Kernforderung: Die Bundesregierung soll Gewahrsamszentren an den Grenzübergängen einrichten, um „aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Falle von unzulässigen Schutzanträgen“ zu sichern. Kurz gesagt: Zurückweisungen (vulgo Abschiebungen) bei zu Unrecht gestellten Asylanträgen sollen wieder normal werden. Ähnliche Zentren sind laut Teggatz schon heute üblich „in anderen europäischen Ländern wie Schweden und Polen“.

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Und, trotz der erwartbaren Einwände der deutschen Regierenden und der ihnen sekundierenden Medien: Auch das deutsche Recht, konkret das Aufenthaltsgesetz, lässt solche Einrichtungen zu, ebenso die Dublin-Verordnung, wie Teggatz erklärt: „Die Artikel 28 und 29 sind da einschlägig und sprechen ganz klar von der sogenannten Zurückweisungshaft. Das heißt, der Ausländer, der an der Grenze erscheint und ein Schutzgesuch, also einen Asylantrag stellt, der geht beispielsweise in Polen solange in Gewahrsam, bis die Behörden in einer Vorprüfung die Aussicht auf Erfolg des Antrags begutachtet haben.“ In Deutschland könnte das, so Teggatz, das BAMF machen.
„Ellenlange juristische Verfahren“ von vornherein vermeiden

Von einem solchen Verfahren verspricht sich Teggatz eine Entlastung der Asylbehörden, aber auch der deutschen Justiz: „Das würde bedeuten, dass unzulässige Anträge gar nicht erst in das ellenlange juristische Verfahren bis vor die Verwaltungsgerichte gehen müssten. Und unzulässig ist ein Antrag schon dann, wenn der Ausländer über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist ist.“ Das trifft allerdings auf alle Zuwanderer an den deutsch-europäischen „Binnengrenzen“ zu, wie auch Teggatz festhält: „Wer auf dem Landweg nach Deutschland, hat oft bis zu vier Schengen-Staaten durchquert und damit das Recht verloren, einen Erstasylantrag in Deutschland zu stellen. Wir können das im Moment nur nicht kontrollieren, weil wir an der Grenze eben nicht kontrollieren und die Ministerin bis heute die Notifizierung der Grenze nicht durchsetzt.“

Der resultierende „Schlachtplan“ ist klar: Teggatz fordert erneut die umgehende Notifikation der deutsch-tschechischen Grenze, damit auch dort, so wie an der deutsch-österreichischen Grenze feste Kontrollpunkte eingerichtet werden können und die Bundespolizei den Status einer Grenzbehörde (gemäß § 15 des Asylgesetzes) erhält: „Notifizierung bedeutet: Ich versetze eine Binnengrenze in den Zustand einer Außengrenze.“

Daneben fordert der Polizeigewerkschafter die „Bündelung der Kräfte von Bundespolizei, BAMF und THW“, die künftig gemeinsam an der Grenze und in den einzurichtenden Gewahrsamszentren agieren sollen: „Wir könnten mobile Kontrollstellen aufbauen und könnten diese drei Behörden dort wirken lassen. Die Bundespolizei würde die grenzpolizeilichen Maßnahmen treffen, also die Grenzübertrittspapiere kontrollieren. Stellt die Person einen Asylantrag, dann käme unmittelbar an der Kontrollstelle das BAMF ins Spiel und könnte aufgrund von nationalem und europäischem Recht sofort ein richterliches Gewahrsam verhängen.“ Und dieses Gewahrsam könnte, so Teggatz, durchaus solange gelten, „bis die Zurückweisung umgesetzt wird“.

Ähnliche Möglichkeiten für die Bundespolizei würde Teggatz übrigens auch an deutschen Bahnhöfen wünschen. Denn Bundespolizisten sind dort zwar als Bahnpolizei tätig, können aber keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchführen. Diese Änderung war eigentlich schon im Bundestag beschlossen worden, wurde aber durch den grün dominierten Bundesrat gestoppt.

Das Schlechte am heutigen Verfahren

Heute sehen diese Abläufe anders aus: Die illegal Einreisenden bekommen die Gelegenheit ihren Asylantrag zu stellen, gelangen dann in eine Erstaufnahme, wo sich dann das BAMF um den weiteren Fortgang kümmert. Teggatz beklagt die Ineffizienz des Verfahrens: „Das Schlechte daran aus behördlicher Perspektive ist, dass in dem Moment, wo der Ausländer in eine Erstaufnahme gebracht wird, die Einreise vollzogen ist. Und das möchten wir gerne verhindern, indem wir sozusagen diese Person gar nicht erst einreisen lassen, sondern bei der Antragstellung in den sogenannten Transitbereich bringen.“ Am Frankfurter Flughafen gebe es solch einen Transitbereich im übrigen schon, auch für den Berliner Flughafen in Schönefeld war er geplant. Was spricht also gegen eine Übernahme desselben Systems an die deutschen Grenzen?

In den Ankerzentren, die einmal als Transiteinrichtungen gedacht waren, gebe es diesen Effekt nicht, „weil kein tatsächliches Gewahrsam vorhanden ist“. Mit dem echten Gewahrsam, wie von Teggatz vorgeschlagen, könnte man verhindern, dass „Ausländer in die Zuständigkeit der Länder geraten“. Die Bundesbehörden könnten alles Nötige am Ort des Geschehens klären. Attraktiv wäre das auch für Länder, die heute über überlastete Erstaufnahmen klagen.

Übrigens gibt es ein Rückführungsgewahrsam schon jetzt in Bayern, wo man auch bei der Rückführung von registrierten Migranten etwa nach Italien erfolgreich sei, auch wenn das Verfahren kompliziert ist: „In anderen Ländern ist das, befürchte ich, undenkbar. Dass Brandenburg so weit geht, glaube ich nicht. Da findet sich wohl kein Richter, der sagt: Ja, bitte bringen Sie diese Person in Abschiebehaft.“ Das sei in Bayern zumindest deutlich leichter zu bewerkstelligen.

Präventiv warnt Teggatz davor, solche Maßnahmen mit dem Begriff „Pushback“ zu assoziieren: „Wenn jemand an der deutsch-österreichischen Grenze erscheint, der schon Asylbewerber in Österreich ist, aber zu uns kommt und an der Grenze ‚Asyl‘ sagt, dann dürfen wir den zurückweisen, denn er ist in einem Land, in dem er schon Schutz hat.“ Das sei also kein Pushback, auch wenn einige das gerne so beschrieben.

Faeser brach ihre eigenen Personalzusagen an die Bundespolizei

Zuletzt sieht Teggatz die Bundespolizei von ungerechtfertigten Stellen- und Mittelkürzungen betroffen – trotz gegenteiliger Zusagen von der neuen Innenministerin: „Das treibt mich nun schon seit Wochen um, seit ich gesehen habe, dass die Bundespolizei im neuen Haushaltsentwurf ganz konkret dem Rotstift unterliegt. Von den Mitteln, die wir zur Wahrnehmung unserer gesetzlichen Aufgabe benötigen, 500 Millionen Euro gestrichen. Wir laufen also Gefahr, Mitte 2023 keinen Hubschrauber mehr in die Luft bringen zu können und kein Schiff mehr zu bewegen, weil uns der Kraftstoff ausgeht.“ 

Außerdem wurden auch Stellenzusagen nicht eingehalten: Von 10.000 neuen für 2023 geforderten Stellen, soll die Bundespolizei nur 1.000 bekommen, davon nur 500 für die Aufstockung der Bereitschaftspolizei, die sowohl für Demonstrationslagen als auch zur Grenzsicherung eingesetzt werden kann. Statt zehn zusätzlichen Hundertschaften, die von Nancy Faeser persönlich versprochen wurden, bekomme man gerade einmal vier. Momentan habe man, auch aufgrund der angespannten Lage an den Grenzen, „keine einzige Einsatz-Hundertschaft mehr frei, die wir am Wochenende oder montags den Ländern ausleihen können“.

Auch für die Bahnpolizei hatte die Gewerkschaft 3.750 neue Stellen gefordert. „In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass Angriffe auf Polizeibeamte insbesondere auf Bahnhöfen exorbitant angestiegen sind.“ Das führt dazu, dass die Bundespolizei auf „Schwerpunktbahnhöfen“  lieber in „Dreierstreifen“, also mit drei statt zwei Polizisten, unterwegs sein würde. „Von denen haben wir aber nicht eine einzige bekommen.“ Man kann sich noch der Tage erinnern, als Polizisten auf deutschen Bahnhöfen eine Seltenheit waren. Nun reichen Zweierstreifen nicht mehr aus.

Zwölfstundenschichten und Rassismusvorwürfe

Nach Teggatz sind wir schon mitten in einer neuen Massenmigrationswille wie 2015: „Die Lage ist höchst dramatisch.“ Dazu trage eine – unter anderem durch serbische Einreiselockerungen – revitalisierte Balkanroute bei, aber auch das Wahlergebnis in Italien. Für die Bundespolizisten, die zum Beispiel am Dresdner Hauptbahnhof im Einsatz sind, bedeuten die ungeordneten Zustände – ohne feste Kontrollen usw. – übrigens einen „Job aus der Knochenmühle“, teils mit Zwölfstundenschichten und mehr.

Zudem müssen sich die Beamten aber, so Teggatz, während ihres Dienstes noch von grünen und linken Abgeordneten als Rassisten beschimpfen lassen. Der Vorwurf ist schon aus ähnlichen Lagen bekannt und lautet, die Bundespolizei würde „Racial Profiling“ betreiben, was Teggatz als absurd zurückweist. Pointiert fasst er zusammen:  „Wo die Bundespolizei ihren gesetzlichen Auftrag wahrnimmt, wo es um die Verhinderung unerlaubter Einreisen geht, da machen die Linken sofort mobil und beschimpfen uns als Rassisten.“

Tatsächlich gibt es eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag, in der von „großangelegten Personenkontrollen“ am Dresdner Hauptbahnhof die Rede ist, bei denen „ausnahmslos People of Color und Schwarze Menschen, die von Bundespolizeibeamtinnen und -beamten während des Halts in Dresden aus den Zügen geholt würden“ (zitiert nach einem Twitter-Account). Auf der anderen Seite hat die Linkspartei in Sachsen auch selbst bei Einschleusungen geholfen, wie die Welt berichtet. Verrückte Welt, mögen nun einige sagen. Es ist die Normalität des deutschen Parteienstaats, der sich in zu vielen Fällen nicht um die Eingaben sachkundiger Experten wie Heiko Teggatz kümmert.