Tichys Einblick
Sondersendung

Olaf Scholz bei Maischberger: Echte Erinnerungslücken und andere …

Sechzig-Minuten-Gespräch von Sandra Maischberger mit Bundeskanzler Olaf Scholz im Ersten, und wieder ist bewiesen: Ein Interview mit Olaf Scholz ist wie Fahrstuhlmusik – nicht aufdringlich, unverbindlich und völlig belanglos.

Screenprint: ARD/Anne Will

Eine halbe Stunde Ukraine, und wer in den letzten Wochen gelegentlich TV geschaut oder eine Zeitung gelesen hat, erfuhr von Scholz nichts Neues. Allerdings fragte Sandra Maischberger auch nur, was alle Journalisten vor ihr andere Politiker gefragt hatten. Die Pipeline-Sprengung, ein terroristischer Akt gegen unsere Infrastruktur? Nicht mal am Rande erwähnt. Von unserem Geheimdienst, längst ebenso heruntergewirtschaftet wie so vieles im Land, ist da auch keine Aufklärung zu erwarten. Scholz hätte vom Prigoschin-Putsch in Russland eher auf Twitter erfahren können als von unseren Agenten, aber Chef Olaf hat auch da Verständnis, denn „unsere Dienste beobachten alles mit großer Sorgfalt“. Wohl dank der Kenntnisse dieser Dienste hat Scholz auch „keine Anzeichen dafür, dass Präsident Biden keine zweite Amtszeit durchstehen könnte“, und wenn er jeden Tag eine Treppe rauf- oder runterfällt.

Ergebnis Umfrage
Zwei Drittel mit Scholz unzufrieden
Mit seiner eigenen Arbeit ist der Bundeskanzler rundum zufrieden. Nächste Woche das Heizungsgesetz („gutes Gesetz“): „Bis 2045 wollen wir klimafreundlich leben“, bis 2030 kommen 80 Prozent des Stroms aus alternativen Energien, blablabla. Hier gestattet sich Maischberger den Hinweis: Dafür müssten pro Tag 5 Windkraftwerke gebaut werden, derzeit sind es 1,4. Von den Fußballfeldern mit Photovoltaikanlagen ganz zu schweigen. Reine Verschiebungssache, dann müssen „später eben 10 Windkraftwerke pro Tag gebaut werden“. Dafür gibt’s dann extra ein „Monitoring“. Maischberger: „Worauf können wir Sie festlegen?“ Scholz: „Ich will erreichen, dass blablabla…“

„Sind Sie ein Kanzler mit Gedächtnislücken?“, fragt Maischberger wahrscheinlich absprachegemäß, um sich nicht den Vorwurf einer reinen Stichwortgeberin machen lassen zu müssen. Das Wort „Cum-Ex“ nimmt sie dabei nicht in den Mund, so dass Scholz großmütig zugeben kann: „Unvermeidlich.“ Wissen Sie noch, was Sie im Alter von 7 gemacht haben? Ebend.

Das Publikum ist inzwischen weggedöst, vielleicht kommt beim Thema AfD Stimmung auf. Einspieler: Der Verlierer von Sonneberg sagt mit Tränen in den Augen, wegen der schlechten Arbeit der Regierung habe er gegen den AfD-Kandidaten seinen Landratsposten verloren. Nein, nein, sagt Chef Olaf, überall gebe es diese Schlechte-Laune-Parteien, in England den Brexit und in den USA Trump. Das liege daran, „dass in den reichen Ländern nicht alle sicher sind, dass die Zukunft auf ihrer Seite ist“, aber wir (also er und die Rotgrüngelben) schaffen für alle „eine gute Zukunft“ und haben Respekt für Jedermann. Genau das habe er auch vor der Wahl gesagt, so Maischberger, und wenn er das gehalten hätte, hätte es nicht dazu kommen können, dass die AfD vor der SPD liegt. Selbst Esken habe moniert, das Heizungsgesetz sei nicht gut kommuniziert.

„Ich bringe da jeden Tag Ordnung rein“, behauptet Scholz steif und fest, aber ja, der Eindruck sei nicht gut, „weil Streit keinen guten Eindruck macht“. Dabei sei er zweifellos der Regierungschef in Deutschland, der am meisten kommuniziert. Dann hat er wohl die Ministerriege in Deutschland, die am wenigsten kapiert. Oder zuhört.

Der „grüne“ Irrtum
Wirtschaftswunder reloaded? – Der Traum des Bundeskanzlers
Pudding-Scholz nagelst du nicht an die Wand, das muss auch Maischberger langsam gemerkt haben. Vielleicht, weil er Anwalt ist, man weiß nur nicht von wem. Lebensmittel-Mehrwertsteuersenkung als Inflationsentlastung für die Armen will Maischberger, wie in Spanien oder Italien, aber Scholz hat die vielen hundert Milliarden bereits fürs Gas verpulvert. Außerdem kann man keine Steuern senken, so der studierte Spezialdemokrat, „weil man die ja wieder anheben muss“. So steht’s im Handbuch. Aber die Abgeordneten gönnen sich mal eben 3.000 Euro, so Maischberger, und der Kanzleranbau für 800 Millionen sei auch nicht nötig.

Die Migration lässt immer mehr Bürger verzweifeln, aber die belehrt Olaf Scholz: „Ohne Migration wären wir heute ärmer“ – eine Advokaten-Verdrehung der Fakten. Bald kämen sogar echte Fachkräfte, denn wir haben „das modernste Recht der Welt geschaffen“. Wo liegt der Sinn in einem Interview, bei dem falsche Tatsachenbehauptungen unwidersprochen dahinplätschern? Sowas macht bei Hape Kerkeling („Witzischkeit kennt keine Grenzen“) Spaß, der vor dem Glücksmelodie-Automaten steht: Geben Sie Ihre Größe ein. Piep. Geben Sie Ihre richtige Größe ein…

Den letzten Absatz schaffen „wir“ jetzt auch noch. „Sie reden häufig in Comicsprache (Doppel-Wumms)“, so Maischberger, die anscheinend nicht weiß, dass solche Verhohnepiepelungen der Massen auf dem Mist von PR-Profis gewachsen sind. „Haben Sie früher Comics gelesen?“ „Ja.“ „Und welche?“ Hm. „Das ist jetzt eine echte Erinnerungslücke.“ Hm hm. Die anderen Erinnerungslücken sind also unecht, vorgetäuscht? Das fragt Maischberger natürlich nicht, denn dann ist die Sendung vorbei.

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