Tichys Einblick
Menschenfehler: nicht heimische Nadelbäume

Maischberger und zwei Gäste, die sich lohnten

Neben all den rotgrünen Wichtigtuern und Besserwissern gibt es doch tatsächlich auch immer mal wieder vertrauenswürdige Menschen mit Herz und Verstand.

IMAGO / Panama Pictures

Heute wollen wir nicht klagen über das Talkshow-Geschwätz, heute wollen wir uns die Trüffel raussuchen, und da müssen wir zuerst Wolfgang Bosbach nennen, der im Hinblick auf unser amtierendes Politpersonal schon fast als Lichtgestalt bezeichnet werden kann. Erstaunlich, dass selbst das Studiopublikum diesen Eindruck teilte, denn unser Protokoll verzeichnet wiederholt laute Akklamation zu seinen Äußerungen.

Soll die Ukraine in die Nato? „Wir sollten alles unterlassen, was die Situation verschärft“ (Beifall). Das asoziale Verhalten von Lehrer Schrodi im Bundestag? „Ich bin weit davon entfernt zu glauben, Herr Schrodi sei repräsentativ für das Parlament. Aber hier wurden alle Vorurteile bestätigt“ (Beifall). Linnemann als neuer CDU-Generalsekretär? „Richtige Entscheidung, schon seine Vita ist beeindruckend. Er wird auch Themen ansprechen, die sonst unter den Tisch fallen. Etwa die schleichende Deindustrialisierung (Beifall), da ist ein Sozialstaat nicht lange machbar.“

AfD-Wähler? „Sind per se keine Nazis. Warum wählen so viele Menschen im Osten die AfD? Weil Probleme tabuisiert werden, die Menschen haben ein feines Gespür dafür.“ Wärmepumpen? „Die Schweden heizen zu 90% mit Wärmepumpen, aber guck mal auf die Strompreise (deutlich unter unseren).“ „Es kann ja mit der Klimakatastrophe nicht so weit her sein, wenn man die Atomkraftwerke abschaltet.“

14./15. Juli 2021
Im Ahrtal ist die Zeit seit zwei Jahren stehengeblieben
Wir hatten uns zugegebenermaßen besonders auf Ralf Stegner gefreut, den Allein-Unterhalter („Musikgrüße aus Bordesholm“) und SPD-Bundestagsabgeordneten vom Einfelder See. Inzwischen nuschelt Stegner schon wie Herbert Wehner (junge Leser, bitte googeln!), nur bellt er nicht mehr so laut, obwohl ihm der selbstgefällige Norbert Röttgen, Außengenie der CDU, gegenübersitzt. Die Ukraine, nuschelt Stegner, erfülle keine der Voraussetzungen für einen Nato-Beitritt, außerdem habe man leicht reden, wenn’s umsonst und folgenlos ist, aber „ist man Teil der Regierung, dann erwartet die Bevölkerung, dass man vorsichtig ist“.

In der Tat, von jeder Verantwortung befreit lassen sich die Kriegstrommeln leicht schlagen. Ob sie Streubomben einsetzen wolle, müsse die Ukraine selber wissen, so Röttgen großzügig, und ja, sie will. Der Russe setzt die ja auch ein, weiß der CDU-Experte wohl aus geheimen Quellen, und die USA liefere „bessere, nicht so negative“. Aber, erwidert Stegner, es seien doch „grausame Waffen, die Menschen töten“. Natürlich weiß Stegner, der schließlich gedient hat, dass es keine grausamen Waffen gibt, die nicht Menschen töten, aber das Thema kann im TV nur emotional angegangen werden.

Freiheit, Komma, unsere

Hier macht Röttgen die meisten Punkte, mit den Ukrainern, „die einem Gemetzel ausgeliefert“ sind und tapfer „die Freiheit, unsere“ verteidigen. Das kann kosten, was es wolle. 50 Milliarden? Egal, was soll das Gerede über Kindergeld und Grundsicherung? Da müssen ganz andere Prioritäten gesetzt werden. „Die Bevölkerung ist bereit, da habe ich keine Zweifel.“ Zweifel hat Röttgen eigentlich grundsätzlich nicht, deshalb ist er ja Experte.

Der Vollständigkeit halber müssen wir noch Alev Doğan von The Pioneer erwähnen. Pioneer wurde dadurch bekannt, dass man seine Interviewgäste auf dem Redaktionsschiff die Spree rauf- und runter schippert, an dem Unternehmen ist auch der Springer-Konzern beteiligt. Offensichtlich glaubt man bei Pioneer fest an die grünen Methoden, den Klimawandel zu stoppen. Frau Doğan hat außerdem herausgefunden, „dass jeder, der AfD wählt, sagt, die Nazis sind für mich kein Problem“. Ach ja, und die grüne Ulrike Herrmann von der taz, Dauergast im Staatsfunk, ignorieren wir nicht mal.

Ukraine-Krieg
Im Osten nichts Neues
Und am Schluss lernen wir sogar was. Sven Plöger ist Meteorologe und TV-Moderator, mehr jedoch wohl Märchenerzähler, der sich mit Begeisterung der Klimaapokalypse verschrieben hat. Der fasste alle kruden Theorien und Computermodelle zur späten Stunde nochmal zusammen, aber da Sie, verehrte Leser, die gelegentlich Staatsfunk konsumieren, das schon alles aus dem Effeff kennen, müssen wir es hier nicht mehr wiederholen. Überrascht hat uns dann „der Mann, der zwischen Bäumen steht“ (Maischberger), „Deutschlands bekanntester Förster“ (Forsthaus Falkensee?) Peter Wohlleben.

Ja, um den Harz steht es schlimm, aber nicht wegen des Klimawandels (na gut, ein bisschen, Peter will sich ja keine Feinde machen), nein, wegen der hier angesiedelten nicht heimischen Nadelbäume Fichten und Kiefern. Dabei ist unser heimischer Wald, fast hätten wir geschrieben unser heiliger Wald, ein Wunderwerk schlechthin. Er senkt die Temperaturen im Sommer, sorgt für Regen, aber die deutsche Fortwirtschaft wird halt schon länger von Narren regiert, und jetzt haben wir den Salat. Ja, auch die kanadischen Brände haben dieselbe Ursache, denn die Kanadier haben unseren Blödsinn kopiert, und Kiefernwald plus Feuerzeug ergibt dann die schönen Katastrophenfilme für Maischberger und Co. Inzwischen haben sogar die Pariser begriffen, dass Laubbäume in der Stadt die Temperaturen im Sommer merklich angenehmer machen. Außer in den Banlieues, aber das ist ein anderes Thema. Bonne nuit.

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