Tichys Einblick
Neue Sicht auf Bekanntes

Im ZDF: Das Drehbuch des Terrors unserer Tage

Es gibt ihn also doch, den islamischen Terror, und es sind keine verwirrten Einzeltäter? Das ZDF mit einer neuen Analyse - der Sender versucht, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

Screenprint: ZDF Zoom

Wer an der öffentlichen-rechtlichen Berichterstattung bereits verzweifelt ist, sah am Dienstag ein kleines aber sehr helles Licht am Horizont aufblitzen. Und das noch dazu unter der Regie von Elmar Theveßen, des stellvertretenden Chefredakteurs des ZDF und nach Auskunft des Senders: „Experten für Terrorismus“. Ausgerechnet, weil da bisher wenig kam, wenig erwartet werden durfte. Aber was Theveßen da unter dem Titel „Drehbuch des Terrors“ abgeliefert hat, ist echter Sprengstoff. Investigativer Journalismus, der dem Berufsethos gegenüber loyal bleibt. Der Ross und Reiter nennt, ohne dabei an politische Empfindlichkeiten in Berlin zu denken.

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Selten ist so etwas geworden, aber gemeinsam mit Rainer Fromm hat Elmar Theveßen vorgeführt, wozu hochsubventionierte Öffentlich-Rechtliche mit ihren gewaltigen Instrumentarien in der Lage sein können, wenn sich bloß mal einer aus der komfortablen Deckung wagt. Untertitel „Wie gefährlich sind Europas Islamisten?“ Die Antwort, soviel kann vorweg gesagt werden, ist maximal erschütternd wie bedrohlich. Theveßen hat die Lebensuhr Europas mit seinem 43 Minuten Beitrag auf fünf Minute vor zwölf gestellt, während Angela Merkel im Kanzleramt immer noch behauptet, sie hätte nichts falsch gemacht.

Theveßen startet auf dem Breitscheidplatz 2017. Der Plot ist gut gewählt. Die beiden Journalisten agieren aus einer virtuellen Operationszentrale heraus. Um sie herum, eingeblendet wie Puzzelteile, die Fotos und Dokumente zu und von den Protagonisten des Schreckens. Theveßen recherchiert ein Netzwerk der Islamisten in Deutschland. Er fügt akribisch die Einzelfälle zusammen. Und tatsächlich erkennt er einen Masterplan des Schreckens für Europa. Im Mittelpunkt seiner Ermittlungen steht ein Handbuch, ein Pamphlet für Islamisten: „Muslim Gangs –The Future of Muslims in the West“. Untertitel: „How to survive in the West“. Die beiden Journalisten halten es für das „Drehbuch des Terrors unserer Tage“. Und die Journalisten erinnern sich an ein Interview, das sie vor fast genau fünf Jahren mit dem britischen „Hassprediger“ Omar Bakri geführt hatten, der in einer düsteren Prophezeiung und mit der Rückendeckung von 80 Millionen Muslimen das Schicksal unseres Kontinent umschreibt.

„Sprengstoff, Kalschnikows, Fahrzeuge, Beile oder Messer: 54 Angriffe alleine in diesem Jahr.“ Und das alles entspreche genau einem Plan, den der IS ausgeheckt hätte. „Muslim Gangs“ – Handlungsanweisung für Handlungsanweisung folgt die Entsprechung, der reale Horror festgehalten in Filmsequenzen des Grauens. „Es ist, als hätten (die Terroristen) exakt durchgeführt, was im Buch steht.“, kommentiert Theveßen. „Sicherheitsexperten gehen davon aus, das Islamisten in ganz Europa dieses Buch gelesen haben.“

Erstes Fazit: Muslim-Gangs in Europa sind die Vorkämpfer des Islamismus. Und diese Gangs haben enge Verbindungen zur kriminellen Szene. Kriminalität und fanatischer Glauben in einem Cocktail des Schreckens. Jahrelang ideologisch aufgeladen und rekrutiert von der Salafistenszene im Gewand zunächst harmlos erscheinender Aktionen, wie der Koranverteilung in den heute verbotenen „Lies!“-Aktionen. Und das alles behauptet nicht etwa nur der Film, ein hochrangiger Fachmann wie Burkhard Freier, Leiter des Verfassungsschutzes NRW nach dem anderen bestätigt, was die Journalisten als These durch den Film führen.

Zitat aus „Muslim Gangs“: „Wie sollen sie die Verbreitung einer kompromisslosen Form des Islam im Herzen Europas stoppen, wenn sich die Prediger an die Gesetze halten? Sie können die Gesetze gezielt gegen Muslime richten, aber dann werden sich noch mehr Muslime entfremden und zu gewalttätigen „Extremisten“ werden.“ Satz für Satz könnte man dem Skript dieses Films folgen. 43 Minuten lang wird die Eskalation des Islamismus in Europa durchdekliniert, dass einem schwindelig wird. Die Dokumentationsmacher beschönigen nichts.

Nerim Yaman, Mutter des 16-Jährigen Attentäters Yusuf T. erzählt von der Beeinflussung ihres Sohnes, der sie nichts entgegensetzen konnte. Sie bat sogar das Innenministerium und den Verfassungsschutz um Hilfe, sprach flehentlich bei fünfzig Moscheen vor in ganz NRW. Nichts geschah, bis die Bombe auf einer Hochzeit im Gemeindehaus der Sikh-Gemeinde in Essen explodierte.

„Muss eine Tat passieren, damit man reagiert?“ fragt die Mutter in Tränen aufgelöst. Später wird der Film noch zeigen, dass diese Mutter leider keinesfalls der Regelfall ist. Im Gegenteil, Mütter wären in den radikalisierten Familien sogar die wichtigsten Verbreiter der Ideologie des Islamismus. Sie wären der Überbau über diesem ganzen Wahnsinn. Und die Strukturen seien längst verfestigt bis hin zur Vermittlung von gleichgesinnten Ehefrauen, den späteren Müttern, weiß der Anwalt von Yusuf T. aus den Gesprächen mit seinem Klienten.

„Unauffällig bleiben, soziale Kontakte aufbauen, sich als Teil einer Bewegung verstehen. Und die ist offenbar deutlich größer, als bisher bekannt. Das geht aus geheimen Unterlagen hervor, die uns anonym hinterlassen werden.“, kommentiert wieder Theveßen. Nicht irgendwelche Dokumente, sondern „Polizei- und Geheimdienstdokumente mit Erkenntnissen über gewaltbereite Salafisten.“ Auf diesen umfangreichen Unterlagen und dem Abgleich mit dem Pamphlet „Muslim Gangs“ basiert diese Dokumentation. Sie liefern die Fakten. Die Unterlagen erreichten die Redaktion per USB-Stick. Darauf fanden sich „umfangreiche Listen, Wegweiser durch die Struktur der islamistischen Terrorszene. Daten über Vorstrafen, Netzwerke, Kontakte, Seilschaften. Hunderte Namen, Adressen, Telefonnummern, konspirative Moscheevereine, Lokale, Privatwohnungen.“

Man kann nur mutmaßen, aber offensichtlich ist einem hochrangigen Beamten in einem der Dienste sprichwörtlich der Kragen geplatzt über die Diskrepanz zwischen den erschreckenden Erkenntnissen seiner Behörde, fehlendem politischem Handeln und medialer Verharmlosung. Ein hoch brisantes Wikileaks. Und endlich einmal finden die richtigen Fernsehmacher zusammen, die wissen, was damit zu tun ist. Journalisten, die nicht mehr bereit sind, nur Schlichter sein zu müssen, die Warner sein wollen.

Vielleicht war die erschreckende Faktenlage auch einfach zu gewaltig, zu wirkmächtig im Aufzeigen der Gefahrenlage für Europa. Das Gewissen mag dehnbar sein, hier hat es sich einmal als starrköpfig gegenüber politischen und persönlichen Abwägungen gezeigt. Was von TE bis hierher rezensiert wurde, beschäftigt sich mit den ersten zehn Minuten dieser Dokumentation. Noch sind die gesamten 43 Minuten in der Mediathek einsehbar. Zu hören und zu sehen sind in der folgenden halben Stunde noch weit aus bedrohlichere Szenarien.

Also nutzen Sie diese Chance. Schauen Sie sich diesen Film von Rainer Fromm und Elmar Theveßen an. Nein, er wird sie auf keine Weise beruhigen können. Aber die Dokumentation des Schreckens schafft Klarheit darüber, was Europa zu erwarten hat, was bereits passiert, worauf wir jetzt reagieren müssen.

Zur ZDF-ZOOM Sendung „Das Drehbuch des Terrors“ >>


Nachtrag: Die Sendung wird am 18.12.2017 um 21:45 Uhr auf ZDF Info nochmals zu sehen sein.