Tichys Einblick
Sie merken es nicht

Illner Spezial: Falsche Fragen – falsche Antworten

Mittlerweile brauchen die Grünen nicht mal mehr jemanden vorbeizuschicken beim Maybrit Illner Spezial. Die Propaganda funktioniert auch so.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Es gibt ja wohl tatsächlich Leute im politischen Raum, die glauben, die Union habe bei der EU-Wahl verloren, weil ein gewisser Rezo auf youtube die großartige Merkelpartei „zerstört“ habe. Deshalb stand am Anfang der Illner-Show das Wort von Annegret Kramp-Karrenbauer, was wir sinngemäß so wiedergeben wollen: Was wäre, wenn 70 Zeitungsredaktionen vor der Wahl beschlossen hätten zu schreiben, die und die Partei dürfen Sie nicht wählen … deshalb brauchen wir im digitalen wie im analogen Bereich Regeln.

Sie merken es nicht. Und wenn du sie mit der Nase durch den Unsinn ziehen würdest, den sie von sich geben. Herrschaften! Genau das ist doch geschehen: Mehr als 70 Zeitungsredaktionen, eigentlich fast alle, (und alle öffentlich-rechtlichen Kanäle) haben rauf und runter geschrieben und gesendet, die eine, bestimmte Partei auf keinen Fall zu wählen und mehr oder weniger offen aufgefordert, den Grünen die Stimme zu geben. Dafür ist das Abschneiden der Grünen mit 20% übrigens recht blamabel!

Aber, wie gesagt, sie merken es nicht, bei der CDU, dass sie mittlerweile fallen gelassen wurden weil grün den Redaktionsherzen näher liegt und bei Illner hört man diese Wahrheit schon mal gar nicht, und so bleiben sie bei der Herbeifantasierung einer großen Jugendbewegung, die auf Playstation und Online-Videos, Urlaubsreisen und Steaks verzichten will – wegen Klima. Deshalb war die Illner-Redaktion wohl mächtig stolz darauf, vier junge Leute an den Tisch geholt zu haben, die für dieses neue Fantasialand stehen: Diana Kinnert, 28, über die die Rheinische Post schwer beeindruckt schrieb „jung, lesbisch, CDU“, den waschechten youtuber Florian Dietrich „31, zwei Kinder“ (Selbstauskunft), der als LeFloid 3 Millionen Follower haben soll und Johanna Uekermann, mit 31 wahrscheinlich das letzte SPD-Mitglied unter 32 in Bayern und deshalb gleich in den Parteivorstand gewählt. Die Schulschwänzerbewegung Fridays for Future wurde von der Studentin Carla Reemtsma vertreten, von der wir gerne gewusst hätten, ob sie mit der Zigarettendynastie, aber das fragte leider niemand.

Wir wollen diese Runde, die mit Oberlehrerin Illner an eine Stunde Gruppenunterricht im Fach Gesellschaft erinnerte, flott zusammenfassen. Zensur im Internet, die fälschlich AKK zugeschrieben, eigentlich aber von Justiz-Heiko betrieben wurde, „geht gar nicht“ (LeFloid), Volksparteien sollen mal nicht labern, sondern was machen (Diana, Johanna, Carla und LeFloid), die „großen, entscheidenden Fragen mal ansprechen“ (Johanna). Das wichtigste Thema überhaupt ist Klima (Clara) und die „Artikulationsweise der großen Parteien mit ihren pdfs für die über 60-Jährigen“ – hahaha, voll daneben. Das war doch sehr schön, Frau Illner, würde der Schulrat sagen.

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Weil aber die Illner-Show eher selten von Jungwählern gesehen wird, hat die Redaktion für ihre Zielgruppe zwei Statler und Waldorf (die Alten von der Muppetshow) eingebaut, sprich Gesine Schwan und Ruprecht Polenz. Über Gesine haben wir schon alles geschrieben (gehen Sie ins hiesige Archiv), und weil nichts Neues hinzukam, bleibt ein wenig Zeit für Ruprecht, 73, das Social Media-Irrlicht der CDU. Also von wegen Kommunikation per pdf! Ruprecht sang ein Hohelied auf Twitter, das hat er wohl vom US-Präsidenten gelernt (wenigstens etwas). Jedenfalls sollte jeder Unionist Twitterer werden und sich dafür mindestens eine Stunde am Tag Zeit nehmen. Und zwar rapido! Denn wir „haben nur noch 9 Jahre Zeit“. Sonst geht mit Ruprecht die ganze Welt unter. (Klima!) Was, wenn nicht Folgendes rechtfertigt seinen heiligen Zorn über verantwortungslose Medien? So habe er heuer bei Focus online gelesen, dass „Windräder schlimmer für Artenvielfalt seien als der Klimawandel“! Verbieten muss man doch sowas!

Weil man beim Thema „Das GroKo-Desaster – falsche Themen, falsche Antworten?“ nicht immer nur mit Jung & Alt über Klima reden kann, wurden Claudia Kade, Politikchefin der „Welt“ und Hans-Ulrich Jörges, Grünen-Fanboy (siehe hier) vom untergehenden „Stern“, um ihre Meinung gebeten. Für Letzteren lag der Fall klar auf der Hand: Neuwahlen, mit Armin Laschet als AKK (Armin-Kanzlerkandidat), am Ende aber geht die SPD mit der Linkspartei zusammen als SED unter Führung eines grünen Kanzlers. Alb-Träumen 80.

Claudia Kade beschränkte sich auf die klare Analyse „Die SPD wird sich pulverisieren“ und verzichtete auf die Glaskugel. Natürlich darf in keiner Propagandashow die AfD fehlen, die besonders in den östlichen Bundesländern sehr gut abgeschnitten hatte. Obwohl in Thüringen geboren, verstieg sich Jörges zur These „die Jungen gehen weg, die Nazis bleiben dort“, wahrscheinlich war er nie in Dresden oder Leipzig, um nur mal zwei boomende Metropolen zu nennen.

Und aus seiner ureigenen Twitterblase ließ Ruprecht verlauten, die Ossis hätten „die Migration in den neuen Bundesländern kaum erlebt“. Das heißt, der alte Polenz hat nicht einmal von den bundesweit bekanntgewordenen Messerattacken und Zuständen in Chemnitz, Köthen oder Magdeburg irgendetwas mitbekommen. Dafür fabulierte er von 20% der Deutschen, die sich aktiv in der Flüchtlingshilfe engagierten, denen er seinen tiefsten Dank ausrichtete.

Illners Jugendring gab noch Kunde davon, dass man gelernt habe, was jahrelang gelehrt wurde. Dass man „demokratisch wählen“ müsse, und das heißt, nur „demokratische Parteien“ und da gehört die AfD ja nicht dazu.

Auf dem gleichen Niveau befand sich Ruprecht Polenz‘ kleine Politiktheorie: „Die Politik muss das Schiff sicher ans andere Ufer bringen.“ Das mit dem anderen Ufer klappt ja schon ganz gut, aber dennoch war die Klasse nicht mit der Theorie einverstanden. Johanna von der bayerischen Splitterpartei (SPD) sagte streng: „Nix Schiff auf fremder See. Alle Probleme sind menschengemacht. Aber manch einer will nichts tun, weil man Leuten was wegnehmen muss.“ „, nur darum geht’s, Ruprecht!


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