Tichys Einblick
„Weg mit Hartz IV"

Illner, rhetorische Frage: Ist die SPD noch zu retten?

Bei Maybrit Illner bekamen wir ein SPD-Knallbonbon präsentiert. Das Bürgergeld, das jedem gefällt, vorgestellt von Andrea Nahles in - symbolisch? - knalligem Rosa.

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Heute nähern wir uns der Illner-Sendung mal auf deduktivem Wege, also vom Allgemeinen zum Speziellen. Wie sieht die politische Großwetterlage aus? CDU und SPD haben eine Heidenangst, bei der EU-Wahl vom Wähler komplett vermöbelt zu werden, so dass beide am Ende im politischen Rollstuhl landen. Also haben sie sich mit ihren teuren Beratern zusammengesetzt und überlegt, wie sie das Schlimmste verhindern können. Für die Genossinnen und Genossen steht mehrheitlich fest: Unser Problem heißt Gerhard Schröder und sein Hartz 4. Die Unionisten wissen, ihr Schicksalsschlag trägt den Namen Merkel (was sie natürlich öffentlich auszusprechen nie wagen würden), vor allem wegen ihrer desaströsen Flüchtlings“politik“.

Die teuren Berater schlugen dann Debattencamps und Werkstattgespräche für die Parteifreundinnen und Parteifreunde vor, auf denen die jeweiligen Traumata therapiert werden sollten, und siehe da, die Berge kreißten und gebaren zwei Mäuslein. Die Neujustierung der Migrationspolitik auf der einen, die Verabschiedung von Hartz 4 auf der anderen Seite.

„Weg mit Hartz IV – gut fürs Land oder nur für die SPD?“ fragte Maybrit Illner süffisant unter anderen auch den Christian Lindner von der Lindnerpartei, der störrisch antwortete, er werde sich jetzt nicht den Kopf der SPD zerbrechen, bis ihn Welt-Journalist Robin Alexander beschied: „Doch. Deswegen sind wir ja hier.“

Abbruch statt Aufbruch
Endlich ist die SPD wieder dort, wo sie nie hin wollte
Mehr Verlass war da auf den Spiegel-Mann Markus Feldenkirchen, der seinerzeit schon Martin Schulz in den Untergang begleitete. Endlich mal wieder Pläne und Haltung bei der SPD, lobte Feldenkirchen, und wenn sich Herr Lindner aufregt, könne das ja auch so falsch nicht sein. Den SPD-Wähler verortet der Spiegelsnob im „unterprivilegierten Teil der Gesellschaft, die Kader geschulte Illner nannte die SPD-Wähler „die Abgehängten“.

Nahles widersprach nicht. Nur Robin Alexander, aus dem Ruhrgebiet stammend, war da wohl näher an der alten Sozialdemokratie, die im Arbeiter- und Facharbeiter-Milieu dominierend war und fast alle Betriebsräte stellte.

Anderseits dürften nur Akademiker und Arbeitslose mit Niveau unter den Zuschauern verstanden haben, was Nahles mit „das Movens der Sozialdemokratie“ gemeint haben könnte. Wir fassen zusammen: Home Office, Frauen, Arbeit schaffen (z. B. durch 4 Milliarden Euro in Fake-Arbeitsmarkt), Rechtsanspruch auf Qualifizierung (zu was auch immer). Hartz 4, so viel steht fest, bekommt wie das Kita-Gesetz und die Mietpreisbremse einen neuen Namen: Das Bürgergeld.

Die Linke spaltet
Wie echte Europäer verleumdet werden sollen
Anders als der Mann vom Spiegel unterstellte, gab es keinen großen Widerspruch von Lindner. Hartz 4 plus Minijobs ohne Abzüge – kein Problem für die Liberalen. Mehr Schonvermögen dito. Das dürfte das Hauptproblem der SPD sein: eigentlich sind alle dafür. Und ob der Marsch ins „linke Spektrum“ (wie Illner die SPD-Vorschläge nannte) der SPD hilft, wo doch die CDU längst „all dor“ sitzt?

Ach, klagte Robin Alexander, der sein sozialdemokratisches Herz hinter trockenem Humor versteckt hielt, die SPD könne langfristig mit ihrer Geschenkepolitik nur verlieren. „Wenn die SPD etwa 12 Euro Mindestlohn einführt, fordert Die Linke 14 €, und die AfD 16 € nur für Deutsche.“ Haha.

Lindner als von der Runde bestimmter Vertreter der Steuerzahler, musste dann noch die Frage stellen: Wer soll das bezahlen? Da durfte SPD-Vorstandsmitglied Olaf Scholz im Einspieler erklären: „Alles was Sozialdemokraten planen, ist gut begründet und gegengerechnet“. Was macht der Mann beruflich? Keine weiteren Fragen.

Appeasement pur
Warum feiert ein Staatsminister 40 Jahre Mullah-Terrorregime?
Natürlich ging es altbekannt hin und her um, wer so und so lange gearbeitet habe, müsse mehr bekommen als der, der gar nicht … und natürlich die Kinder. Für die gibt es eine „eigene Kindersicherung“, sagte Nahles stolz. Die „Rumänen“ in Duisburg (gemeldet) wird’s freuen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie weit weg von den Realitäten unsere „Eliten“ in ihren eigenen Teichen schwimmen. Dass die Zuwanderung von jährlich 200.000 Armutswanderern in die Sozialsysteme dieselben schneller sprengen werden, als dass wieder ein Sozialdemokrat Kanzler wird, haben die noch gar nicht begriffen.

Markus Feldenkirchen schlägt da locker mehr Staatsschulden vor, als Lindner, naiv, wie er manchmal ist, die Schuldenbremse anführt. Als habe er das, was die Amerikaner seit Einführung ihrer Schuldengrenze mit Verfassungsrang „Shutdown“ nennen, nie mitbekommen.

Eingeladen war auch das mögliche erste Opfer des neuen Bürgergeldes, Katja Kipping von SED/PDS/Die Linke. Denn mit deren Slogan „Hartz IV – Verarmung per Gesetz“ begann der Aufstieg der Partei, wie Alexander erinnerte. „Vorher waren die nur der Vertriebenenverband der DDR-Diktatur“.

Wenn die Regierenden aber mit ihrem Latein dann mal am Ende sind – DDR-Walter und Politbüro-Erich sei Dank – steht Katja Kipping mit der finalen Lösung bereit.

Halt, das Menschliche soll nicht fehlen! Schließlich steht neben der Partei auch Andrea Nahles, das „Gottesgeschenk an die SPD“ (so Oskar Lafontaine vor seiner Flucht) auf dem Prüfstand. Schließlich versteht sie nichts von Wirtschaft, oder wie Gerhard Schröder noch deutlicher sagte: „Das würde sie nicht mal selbst von sich behaupten“. „Jeder kann sagen, was er will“ hatte Nahles schon der „Zeit“ gesagt und wiederholte das auch hier, nicht ohne den stolzen Hinweis, sie habe als Ministerin 40 Gesetze verabschiedet (da wurde uns dann doch plümerant). Um auf Nummer sicher zu gehen, riet übrigens die Süddeutsche Andrea Nahles gerade, Sigmar Gabriel fernzuhalten.


Der etwas andere Jahresrückblick: 
BLACK BOX – das Kultbuch. So war 2018 – jetzt bestellen >>>