Tichys Einblick
Journalisten auf Staatslohn

Staatsknete für die Ehefrau von Cem Özdemir und Hirschhausen, Kerner: Höchst Vertraulich!

Die Bundesregierung nennt nach Monaten der Verschleppung doch noch die Namen von Journalisten auf Staatslohn – aber nur, wenn die auch zustimmen. Die Aufarbeitung bleibt damit halbgar. Besonders problematisch: Auch die Ehefrau von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir kassiert aus dem Krokodilfonds des Auswärtigen Amtes

Sie war fast eingeschlafen: die Affäre um jene Journalisten, die Aufträge von Ministerien entgegengenommen hatten. Zuletzt musste die Bundesregierung nach mehrfachem Nachhaken der AfD-Bundestagsfraktion zugeben, dass die Gelder doch höher ausgefallen waren als zuletzt angegeben. Nicht rund anderthalb Millionen Euro waren in den Journalistenbeutel gewandert, sondern rund 2,3 Millionen Euro.

Jetzt kommt die Sache neuerlich in einem vermutlich letzten Akt ins Rollen. Nachdem mehrere Medien, darunter auch TE, wochenlang über die Liste berichteten und mehrere Namen der anonymen Geldnehmer entschlüsselt hatten, argumentierte die AfD, dass es nunmehr ein öffentliches Interesse an der Angelegenheit gebe. Zudem steht der Fall weiterhin in einem Spannungsfeld. Die Exekutive argumentiert mit dem Vorrang des Datenschutzes, die Legislative mit dem Vorrang des parlamentarischen Auskunftsrechts.

Auf den 30. März datiert die Anfrage der AfD, die auf eine Herausgabe aller Identitäten und die spezifischen Geldbeträge beharrt. Nicht weniger als zwei Monate hat die Beantwortung demnach gedauert. Und auch diese Antwort ist alles andere als kohärent. Insgesamt fünf Anlagen übereicht die Bundesregierung der Fraktion mitsamt den Antworten. Dabei legt die Bundesregierung einerseits zwar die Namen offen. Andererseits sind die spezifischen Bezüge nur öffentlich, wenn die jeweiligen Journalisten dem zugestimmt haben.

Die Anlagen unterscheiden sich damit folgendermaßen: Anlage 1 und 2 enthalten Namen und Bezüge der Journalisten, die mit der Veröffentlichung ihrer Vergütung einverstanden sind; die Anlagen 3 und 4 dagegen sind nur in der Geheimschutzstelle des Bundestags zugänglich. Sie sind als „VS-Vertraulich“ eingestuft. Das weckt unangenehme Erinnerungen. Denn ganz ähnlich hatte die Bundesregierung im Fall DUH gemauert, als es um deren Rahmenauftrag im „Bürgerdialog Stromnetz“ ging. Auch diese spezifische Summe ist nie veröffentlicht worden, sondern nur in der Geheimschutzstelle zugänglich.

Eine ähnliche Aufteilung gibt es bei den Anlagen 5 und 6, bzw. 7 und 8. Die AfD hat auch nach den Vergütungen von Journalisten „im Rahmen abhängiger Formate“ gefragt, die „im Auftrag“ der Bundesregierung handeln. Diese Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil in vielen Fällen Steuergelder über Umwege an Journalisten flossen, weil sie in Formaten auftraten, die nicht direkt von den Bundesministerien ausgerichtet wurden, jedoch von abhängigen Organisationen. TE hat genau einen solchen Fall recherchiert: das Zentrum KlimaAnpassung (ZKA), dass dem Bundesumweltministerium angehört. Dennoch wurde die Auftragsvergabe nicht genannt. Auch in diesem Falle bleiben die Anlagen 7 und 8 in der Geheimschutzstelle verschlossen.

Wie schon vermutet, fallen die Einkünfte für Journalisten höchst unterschiedlich aus. Suma Sumaskanda von der Deutschen Welle bekam für drei Aufträge insgesamt 32.124 Euro – einer davon, die Moderation der Internationalen Metropolis Konferenz, dotiert allein bei 18.000 Euro. Auch die Honorare von Linda Zervakis, die dafür sorgten, dass die Affäre weite Teile der Öffentlichkeit erreichte, bestätigen sich. Sie erhielt zwischen 2018 und 2020 insgesamt 9.080 Euro. Nicht inbegriffen ist das Gehalt von 12.000 Euro im Jahr 2022, die aus dem Kanzleramt flossen; es taucht in der Liste der nicht-öffentlich-rechtlichen Journalisten auf, weil sie zu dem Zeitpunkt bereits für Pro7 arbeitete.

Einige Fallbeispiele für öffentlich-rechtliche Journalisten und ihre Gehälter: Volker Wieprecht (RBB) erhielt 4.000 Euro für die Moderation der Bundeskonferenz im Jahr 2019 4.000 Euro. Jörg Thadeusz (ARD/RBB) erhielt für einen Auftrag im Bundesjustizministerium rund 3.000 Euro. Sabrina N ́Diaye (RBB) brachte es auf rund 4.500 Euro bei der Moderation des „Digital Assesibility Summit“. Benjamin Stöwe vom ZDF bekam rund 3.500 Euro für die Moderation der Messe Zukunft Personal. Bescheiden nimmt sich dagegen die Vergütung von ZDF-Vize-Chefredakteurin Anne Gellinek mit rund 650 Euro für einen Auftrag aus.

Dass Zervakis als Prominente so offen mit den Honoraren umgeht, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass diese schon früher an die Öffentlichkeit kamen. Bei anderen prominenten Namen sieht es intransparent aus. Ob Ingo Zamperoni, Eckhardt von Hirschhausen, Johannes B. Kerner oder Düzen Tekkal – ihre Gehälter sind nur in der Geheimschutzstelle nachzusehen und bleiben damit nichtöffentlich. Aber auch die Gehälter von ZDF-Redakteur Oliver Deuker, Nina Poppel vom SWR oder die Prager Korrespondentin des DLFs, Marianne Allweiss, sind nur in der Anlage 3 genannt.

Hirschhausens Gehalt, als er im Dienst der Öffentlich-rechtlichen stand, bleibt unbekannt; allerdings wird er bei den nicht-öffentlich-rechtlichen zweimal aufgeführt. Zweimal sind es Aufträge des Entwicklungsministeriums: Eine Moderation (rund 2.400 Euro) und „Social Media“ (rund 2.400 Euro). Beide Aufträge wurden im Oktober bzw. im Dezember 2021 vergeben.

Dabei fällt noch ein Name ins Auge: Pia Maria Castro. Sie ist die Frau von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir – und arbeitet für die Deutsche Welle. Dreimal wird sie als Auftragnehmerin beim Auswärtigen Amt bzw. GIZ aufgeführt. Ihre Bezüge bleiben geheim und liegen nur in der Geheimschutzstelle vor.

Fälle wie diese bestätigen Martin Renner von der AfD-Bundestagsfraktion darin, dass die jetzige Offenlegung lediglich ein weiterer Akt in der Salamitaktik der Bundesregierung ist. „Die Bundesregierung versucht offensichtlich mit wirklich allen Mitteln, sich der von uns geforderten Herstellung von Transparenz bezüglich ihrer Geschäftsbeziehungen zu Journalisten zu verweigern“, erklärt er in einer Pressemitteilung.

Einerseits werde heute von der Regierung nahezu jede kritische öffentliche Äußerung aus rein machtpolitischem Kalkül zu einer „Gefährdung der Demokratie“ gemacht und stilisiert. „Demgegenüber zeigt die gleiche Bundesregierung aber keinerlei Problembewusstsein, wenn sie die zwingend erforderliche Distanz insbesondere zu den öffentlich-rechtlichen Medien permanent aushöhlt, unterwandert und so letztlich zu korrumpieren droht“, so Renner. „Anders kann man es nicht bezeichnen, wenn die Bundesregierung sich prominente Spitzenkräfte aus dem Bereich der Medien durch üppig honorierte Geschäftsbeziehungen dauerhaft gewogen hält.“

Wenn die Veröffentlichung der Klarnamen von mit Steuermitteln bezahlten Journalisten von deren Einverständnis abhängig gemacht oder mit anderen fadenscheinigen Begründungen abgelehnt würde, dann sei ganz offensichtlich etwas „faul im Staate“. „Um eine weitere Gefährdung unsere Demokratie abzuwenden, werden wir jetzt umfassend juristische Schritte prüfen und gegebenenfalls einleiten“, kündigte der AfD-Politiker an.


Nachtrag, Sonntag, 4. Juni:

„Republica“-Gründer fühlte sich vom Kanzleramt überrumpelt

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Auf der Digitalmesse „Republica“ sind in diesem Jahr keine externen Moderatoren zugelassen. Alle eingeladenen Politiker würden auch von den Veranstaltern moderiert, sagte Mitbegründer Markus Beckedahl dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Im vergangenen Jahr wurde Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von der Moderatorin Linda Zervakis befragt, die anscheinend eine Kostenpauschale aus dem Kanzleramt erhielt, was für erhebliche mediale Aufregung sorgte.

„Da wurden wir vom Kanzleramt überrumpelt“, sagte Beckedahl. „Wir hatten Olaf Scholz eingeladen, mit uns zu debattieren. Er hatte zugesagt, wir hatten ihn bereits überall angekündigt.“
Nach einem halben Jahr Planung mit dem Kanzleramt sei dann zwei Wochen vorher einseitig angekündigt worden, dass es keine Diskussion mit den Republica-Machern geben werde, sondern dass Linda Zervakis den Kanzler befrage. Ein Rückzug sei da nicht mehr möglich gewesen, sagte Beckedahl. „Aber so etwas wird uns nicht noch einmal passieren.“

Beckedahl wird dieses Jahr Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) befragen, der im Kabinett auch für Digitales zuständig ist. Er habe bei Wissing bisher leider nicht wahrnehmen können, „dass er für das Digitale brennt“, sagte Beckedahl dem RND. „Wenn er im Gespräch über Digitales eine Verkehrs-Metapher benutzen kann, leuchtet sein Gesicht auf und er fühlt sich wohl – das hätte ich gerne auch beim Digitalen.“ Die „Republica“ wird von Montag bis Mittwoch in Berlin-Treptow stattfinden.

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