Tichys Einblick
Hart aber Fair

Lauterbachs Massensprechstunde: AstraZeneca verursacht jetzt doch „überwältigend wahrscheinlich“ Hirnthrombosen

Bei Hart aber Fair haben sie die Zahl der Gäste reduziert, Lauterbach hätte es eigentlich auch allein getan. Überraschend: Nein, AstraZeneca ist nicht mehr einfach nur super und sicher. Die Blutgerinnsel werden vom Impfstoff ausgelöst, sagt auch der Pandemiepapst.

Screenshot ARD: Hart aber Fair

Bei „Hart aber Fair“ schmiss man gestern, wenige Stunden vor Sendestart, das gesamte Sendungskonzept über den Haufen. Eigentlich wollte Frank Plasberg am Montagabend Wahlnachlese betreiben – doch die Meldung, dass Deutschland die Impfung mit dem AstraZeneca-Stoff aufgrund mehrer Fälle von Hirnthrombosen aussetzt, hat den Talkshowhost kurzfristig dazu bewegt, umzudisponieren.

Ursprünglich wollte man mit Paul Ziemiak, Kevin Kühnert, Cem Özdemir und einer  Journalistin der „taz“ das Wahlergebnis diskutieren – doch die fast schon unbändige Vorfreude auf diese Runde war vergeblich. Aus der alten Besetzung bleibt nur Welt-Journalist Robin Alexander, der jetzt zu einem völlig anderen Thema mitreden darf. Schnell guckt man, wen man beim WDR noch so für eine schnelle Corona-Runde in Reserve hat – und zaubert neben der Allzweckwaffe Karl Lauterbach noch den Fernsehwissenschaftler Ranga Yogeshwar und Andreas Gassen, den Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, aus dem Hut.

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Es sind an diesem Abend nur vier Gäste da. Das ist aber kein Problem, denn Lauterbach redet sowieso für zwei. Der Moderator macht den SPD-Politiker schnell zum Dreh-und Angelpunkt der Sendung. Streckenweise wirkt es fast so, als hätte Pandemie-Papst Karl I. zu einer Fernsehaudienz geladen. Grafiken, auf die sich Plasberg im Sendungsaufbau bezieht? Die hat er, wie er freimütig zugibt, von Lauterbachs Twitteraccount. Fragestellungen der Zuschauer werden, wie in einer seltsamen Massen-Sprechstunde, direkt an den Talkshow-Dauergast weitergeleitet und seine Weisheit wird fast schon ehrerbietig empfangen – „Wissen Sie da mehr, Herr Lauterbach?“

Und wissen tut er so einiges, das meiste aber besser oder am besten. Dass die Impfungen mit AstraZeneca-Impfstoff ausgesetzt wird, hält er für falsch – auch, wenn er anerkennt, dass die für den Impfstopp ursächlichen Nebenwirkungen „überwältigend wahrscheinlich“ durch das Vakzin verursacht werden. Vor ein paar Wochen warb er noch wie ein schlechter Versicherungsvertreter für den Impfstoff, der wahlweise sicher, super oder super sicher war – jetzt ist alles ganz anders.

„Aber wir sind in einer solchen Notlage, dass ich es bevorzugt hätte, dass wir weiterimpfen und AstraZeneca parallel weiter untersuchen. Der Nutzen überwiegt den Schaden. Das Risiko hätte man in Kauf nehmen können“, so der Gesundheitspolitiker. Er und Robin Alexander sind sich einig: Der Impfstopp ist fatal, und sollte AstraZeneca ganz wegfallen, drohe uns, wie Lauterbach formuliert, „eine Katastrophe“ – es bleibt aber an Robin Alexander, nebenher noch auf die fatale Regierungspolitik als Grundlage für eine solche Katastrophe hinzuweisen. Spätestens jetzt zeige sich, dass die Impfpolitik der EU krachend scheitere.

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Ganz anders sieht das Ranga Yogeshwar. „Wir reden von Nebenwirkungen, die wirklich gefährlich sind.“ Deswegen hielte er die Entscheidung für richtig – um Vertrauen nicht zu verspielen. Auch der Ärztevertreter Gassen sieht das so: „Transparenz ist das wirksamste Mittel gegen Verschwörungen und Impfgegner.“ Dass Hotels, Restaurants und Co. durch den Impfstopp im Zweifel noch länger geschlossen bleiben müssen, nimmt er ganz locker. Es seien ja „nur“ 17 Millionen Impfdosen, die nun auf der Kippe stünden – und „eine Woche“ länger Lockdown mache „den Kohl ja auch nicht mehr fett“. Wer selbst die Praxis offen hat, sieht die Dinge halt gelassener.

Nicht wirklich behandelt wird die Frage, warum sich Gesunde einem derartigen Impfrisiko aussetzen sollten. Das unterscheidet Impfung von Behandlungen mit einer Krankheit: Bei einer vorliegenden Krankheit sind bei der medikamentösen Behandlung die Krankheit- Folgen mit möglichen Nebenwirkungen des Medikaments bzw. Eingriffs abzuwägen. Bei der Impfung setzen sich Gesunde einem Risiko aus, die sich ansonsten vielleicht anstecken und vielleicht erkranken und auch dann nur vielleicht ernsthaft erkranken würden. Viele „vielleicht“ also bei einem hohen Nebenwirkungsrisiko, wie sich zeigt. Aber solche differenzierenden Überlegungen sind derzeit nicht gefragt – alle Gäste bei hartaberfair zeigten sich impfbegeistert. Damit liegen sie gehorsam auf der Regierungslinie: Impfen, Impfen, nicht an die Folgen denken oder gar darüber sprechen. Impfkritik ist quasi verfassungsfeindlich. Moderator hat ihnen den „Lassen-Sie-sich-Impfen-Knochen“ hin und sie schnappen danach wie dressiert.

Die Zuschauer scheinen das nicht anders zu sehen: Zuschriften wie „wo kann ich mich anmelden, um trotzdem geimpft zu werden“ sind bei weitem nicht die Minderheit dessen, was aus dem Gästebuch zu Wort kommt. Viele sind offensichtlich bereit alles in Kauf zu nehmen, um endlich aus dem Lockdown zu kommen – wer will es ihnen verdenken. Lauterbach fordert Risiken nicht als absolut zu nehmen, sondern ins Verhältnis setzen – würde man das nur auch mit den Corona-Zahlen machen, wäre eine vernünftige gesundheitspolitische Abwägung möglich. In der Sendung unterwirft man sich aber einfach der fixen Idee, man müsse den Lockdown solange aufrecht erhalten, bis die Impfung eine Herdenimmunität hergestellt hat – man müsse eben nur schneller impfen. Doch dass die zahlreichen AstraZeneca-Probleme diese Strategie ad absurdum geführt haben und am Ende einen ewigen Lockdown ohne gesundheitliche Grundlage bedeuten, bleibt unerwähnt. Die Strategie der Bundesregierung ist gescheitert und mit ihr der letzte halbe Grund für einen Lockdown. Nur kurz ein Satz von Robin Alexander, dass vielleicht auch andere Strategien denkbar gewesen sein. Jetzt gilt nur noch die Impfstrategie. Da hätte man gerne mehr gewußt.

Bemerkenswert, dass in der nachfolgenden Tagesschau wieder auftrat: Karl Lauterbach. Sie haben es erraten. Gesundheitsminister Jens Spahn dagegen scheint sich zu verstecken. Er wird wissen, warum.

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