Tichys Einblick
Lauterbach will Cannabis legalisieren

Hart aber Fair: Nüchtern nicht zu ertragen

Hart aber Fair war eine für den Zuschauer unfaire Sendung. Sie drängt einen in den Rausch – Mittel egal –, um sie ertragen zu können; aber sie ist so langweilig, dass man im Rausch einschlafen würde. So bleibt nur das nüchterne Durchhalten einer Sendung, die an das Ertragen von Präventionskursen in der Schule erinnert.

Screenprint: ARD Mediathek

Der Reihe nach: Die Sendung wurde nach hinten verschoben. Normalerweise beginnt Hart aber Fair um 21:00 Uhr, doch in dieser Woche war der Start um 22:15 Uhr. Dann konfrontierte die Sendung zum Thema „Saufen normal, Kiffen bald legal: Ist Deutschland auf dem falschen Trip?“ den Zuschauer mit minutenlangen Vorträgen von Karl Lauterbach. Ein Versuch, die Schlafqualität der ARD-Zuschauer zu verbessern?

Um die erste Hälfte der Sendung zusammenzufassen: Alkohol ist schlecht, deshalb muss seine Ausgabe kontrolliert und müssen immer mehr Deutsche zum Nichttrinken animiert werden. Der Alkoholkonsum der Deutschen sinkt zwar von Jahr zu Jahr von selbst, in das Privatleben der Bürger muss aber dennoch weiter eingegriffen werden, weil die Bürger nicht schnell genug mit dem Trinken aufhören.

Markus Blume von der CSU lässt die Gelegenheit zur Opposition verstreichen – lieber stimmt er dem Gesundheitsminister Lauterbach öffentlich zu, als seine Ideen zu kritisieren. Es wäre so einfach für die CSU, ein paar Punkte zu sammeln, etwa mit einer Aussage wie: „Ich sehe kein Problem im verantwortungsvollen Alkoholkonsum.“ Die Menschen einfach in Ruhe lassen: scheinbar ein undenkbares Konzept.

Regierungsplan verstößt gegen EU-Recht
Der Dilettantismus regiert auch bei der Cannabis-Legalisierung
Doch der Kern der Sendung war die Diskussion über die Legalisierung von Marihuana. Hier kommt es mal zur Kontroverse: Blume will Marihuana nicht legalisieren. Für ihn sind die Gefahren und Schäden der Droge zu groß. Lauterbach hingegen will sie legalisieren: wieder im Namen der Prävention.

Lauterbach sieht das Problem darin, dass der Handel von Marihuana nicht verhindert werden kann. Die Droge ist jetzt schon legal, weil der Staat das Verbot nicht durchsetzen kann. Es ist ein typisches Talkshow-Argument: Der Staat versagt darin, seine Gesetze durchzusetzen, also muss der Staat die Gesetze ändern, bis es wieder passt. Weil die Berliner SPD die Kontrolle im Görlitzer Park verloren hat – Lauterbach selbst durchquert den Dealer-Park nur mit Wachschutz –, soll Cannabis legal sein, um die Jugend zu schützen.

Das mit dem die Jugend schützen stellt Lauterbach sich so vor: Cannabis-Anbau wird staatlich zugelassenen Unternehmen erlaubt. Diese dürfen ihr Cannabis dann an staatlich lizensierte Fachhändler oder Apotheken verkaufen. Trotz Mindestlohn, Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz und um sich greifender Bürokratie soll der Preis für dieses legal gekaufte Marihuana dann niedriger sein als das Zeug, das die Drogendealer verkaufen: Dealer, die sich nicht an deutsches Arbeitsrecht gebunden fühlen und auf ihre Preise keine 19 Prozent Mehrwertsteuer aufschlagen müssen.

Hier in diesen staatlichen Verkaufsstellen soll auch Prävention stattfinden: Denn wer bufft nicht gerne eine Runde und lässt sich von einem Apotheker über die Gefahren aufklären? Zahllose Aufklärungskampagnen in Schulen und Universitäten stehen nicht ohne Grund in dem Ruf, bei vielen Empfängern dieser Kampagnen den Hunger nach Rausch nur noch entfacht zu haben.

Kiffen, Krankenhäuser und Karl
Lauterbach kämpft um seinen Platz an der Sonne
So soll der Marihuana-Schwarzmarkt ausgetrocknet werden. Das soll verhindern, dass Jugendliche in Kontakt mit härteren Drogen kommen – weil das sonst die Dealer immer anbieten. Das ist Lauterbachs Idee. Damit der Plan funktioniert, muss aber der Preis von legalem Gras in Deutschland niedriger sein als der von illegalem Gras. Louis Klamroth will wissen: Würde die Bundesregierung auch Marihuana subventionieren, um den Preis für das offizielle Gras unter den von illegalem Gras zu drücken? Lauterbach versucht der Frage auszuweichen, spricht davon, dass die Regierung „den Preis ausgestalten“ müsse. Und meint damit eine direkte Kontrolle dieser Preise. Und das muss auch Subventionen beinhalten, denn die neuen Cannabis-Betriebe kann man wohl nicht pleite gehen lassen.

Drei weitere Gäste sind in der Sendung: Nathalie Stüben ist alkoholsüchtig und lebt nun abstinent. Ihr Weg in den ständigen Rausch und der Weg aus der Sucht wäre für die Sendung interessant gewesen. Stattdessen bleiben von ihr Forderungen nach Schockbildern auf Schnapsflaschen – analog zu den verstörenden Bildern auf Zigarettenpackungen.

Genauso interessant wären mehr Ausführungen von Sabine Ahrens-Eipper gewesen. Sie ist Psychotherapeutin und könnte wohl zu den tatsächlichen physischen und psychischen Folgen von Cannabis-Konsum sprechen.

Dazu kam noch der Musiker „Curly“, auch „Curlyman“ genannt, der einen Wein-Podcast betreibt und besonders gerne über das Kiffen singt. Sein inhaltlicher Beitrag zur Diskussion ist zu sagen, dass er gerne kifft und als Genussmittel Wein trinkt.

Doch die drei wurden fast immer von Lauterbach überdröhnt. Und so bleibt eine Sendung, in der die Politik vor ihrer Unfähigkeit, ihre eigenen Gesetze durchzusetzen, kapituliert. Stattdessen wird Cannabis legal: und Lauterbach dröhnt weiter in den Talkshows vor sich hin.

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