Tichys Einblick
Die Klimagemeinde wie immer in der Überzahl

Göring-Eckardt bei Hart aber Fair: Macht keinen Sinn, bei Graichen weiterzugraben

„Grüner Filz bei Habeck: Ist die Energiewende in Gefahr?“, fragte keck aber wohl unvermeidbar die Staatsfunkredaktion, und die Heizungsbauerin Sandra Moraitidis aus Lindlar sprach wohl allen Diskutanten der Runde aus dem Herzen, als sie sagte, das wird schon, schließlich „möchte jeder grün werden“.

Screenprint: ARD/hart aber fair

Drei in der Runde sind es bereits, Katrin Göring-Eckardt, Markus Feldenkirchen vom Spiegel und vom Finanztip Hermann-Josef Tenhagen – Christian Dürr (FDP) ist zumindest schon mal teils grün lackiert. Julia Klöckner (CDU) hat zuletzt bei der hartnäckigen Befragung im Ausschuss an das Tandem Habeck/Graichen gepunktet – also mal schauen.

In der Causa Habecks Filzministerium einigte man sich grundsätzlich auf ‚Graichen ist an allem schuld, denn der habe „den einen Fehler zu viel“ gemacht. Das Systemische an der Vetternwirtschaft kam gar nicht erst auf den Tisch. Überhaupt mache es wenig Sinn, da weiter zu graben und sich „mit solchen Personalfragen aufzuhalten“, fand Göring-Eckardt, schließlich geht’s ja um den lieben Klimagott (nicht Habeck, sondern der von der evangelischen Klimakirche).

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Göring-Eckardt weiß übrigens, wie vergesslich der politmediale Komplex bei Verfehlungen in sakrosankten Bereichen ist, wie interessierte Leser sogar Wikipedia entnehmen können: „Im November 2022 erhielt die Organisation United4 Rescue, in der ihr Lebenspartner im Vorstand sitzt, zwei Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt des von den Grünen geführten Außenministeriums. Dies führte medial und in Teilen der Politik zum Vorwurf der Vetternwirtschaft.“ Also, vergesst die 600.000 Euro an Graichens Schwester, hier liegen 2 Millionen auf dem Tisch. Also weiter, immer heiter.

Spiegel-Mann Feldenkirchen hatte tatsächlich die Chuzpe zu behaupten, es sei eine „Kolumne“ in seinem Blatt gewesen, die die Graichen-Affäre ins Rollen gebracht habe. Tichys Leser wissen‘s besser. Dass ein Ausschuss Druck auf Habeck machte, den die Union imitierte, wollen wir Julia Klöckner gerne glauben. Auch hat sie die Gefahr, die von den toxischen grünen Netzwerken ausgeht, immerhin erkannt und benannt.

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Den Großteil der Sendung ging es aber um Habecks vermurkstes Heizungserneuerungsgesetz, das Bürger und Fachleute in Angst und Schrecken versetzt. Das hat zu allererst mit Habeck zu tun. Denn anstatt den Entwurf in der „Fortschrittskoalition“ gesetzes- und zukunftssicher zu machen, drückte Habeck den unausgegorenen Entwurf in den Bundestag und Bundesrat, worauf die FDP dem nun ohne gravierende Änderungen nicht zustimmen will. Technologieoffenheit und Finanzierbarkeit der Förderungen sind die aktuellen Stichworte.

Wir müssen also über die Wärmepumpe reden. „Die Wärmepumpe zieht die Wärme aus der Luft“, erklärte Göring-Eckardt, und bevor hier jemand ein ähnliches Bonmot wie die Kobolde in Batterien oder Stromnetze als Speicher vermutet: Die ehemalige Theologiestudentin hat tatsächlich recht. Das Problem ist lediglich: Im Winter, bei Minusgraden, braucht die Technologie deutlich mehr Strom. Und hier geht der (Selbst?) Betrug richtig los. Strom kommt hierzulande größtenteils aus Kohlekraftwerken – was jede Öl- und Gasheizung sauber aussehen lässt – oder wird als Atomstrom aus dem Ausland zugekauft.

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Der Bürger, der den Unsinn längst ahnt, reagiert schlauer, als unsere selbsternannte Elite ahnt: Er baut wie blöde Ölbrennwertheizungen ein, solange das noch geht. Oder er lässt seine bestehenden Gas- und Ölheizungen schnell noch erneuern, um den Politsturm zu überstehen. Deshalb hat Heizungsbauerin Sandra auch keine Zeit, mal eben ins TV-Studio zu kommen, sondern wurde von einem mobilen WDR-Kamerateam zugeschaltet. Auch für die Grünen-Wähler, für die Geld keine Rolle spielt, hat sie eine schlechte Nachricht: Wärmepumpen sind aus. Ihr Tipp an die Runde: Ein längeres Zeitfenster für die Zwangsumrüstung, so 10 bis 20 Jahre, anstatt nur noch 6 Monate.

„Man kann sich auch mal korrigieren“, wirft Klöckner ein Stöckchen Richtung Göring-Eckardt-Feldenkirchen, aber Einsichtsfähigkeit ist da einfach nicht vorhanden. Auch das leicht nachvollziehbare Argument, der Hausbesitzer müsse erst einmal wissen, was seine Kommune plant, bevor er selbst die Heizungsentscheidung trifft, wurde damit gekontert, dass schon CDU-Merkel „zu spät“ aufs Klimapferd gesetzt habe, und, so scheinbar reumütig der Spiegel-Mann, „auch die Journalisten“ hätten die Klimadringlichkeit zu spät erkannt. Aber das liegt an der Gnade seiner späten Geburt, denn der Spiegel setzte bereits 1986 den Kölner Dom fototechnisch unter Wasser und warnte zum Herzerweichen vor der Klimakatastrophe. Nass wurde der Dom bislang allerdings nur bei Regen.

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Nicht einmal Klöckners Totschlagsargument „Angst und Unruhe bringt nur der AfD was“ führte zu Einsicht und Entgegenkommen bei den Hartgesottenen, wahrscheinlich haben sie aber auch Angst, ihnen entgleitet gerade das Klima-Momentum. Nun ist es egal, was in Talkrunden so geschwätzt wird, schließlich hat Chef Olaf Scholz die Richtlinienkompetenz, aber da haben die Fanatiker Glück, denn vom Kanzler hört und sieht man nix.

Hatten wir die Technologieoffenheit erwähnt? Göring-Eckardt hatte das nicht ganz verstanden, aber für FDP-Dürr den Trost bereit: „Vielleicht macht ja jemand eine Super-Erfindung.“ Und da klatschen tatsächlich ein paar Laienbrüder.

Finanztip-Tenhagen bereitete vor allem die Fördergelder-Frage die größte Sorge. Wer bekommt wieviel? Die Reichen nix, die Armen 80 Prozent? Weil aber kein Spezialdemokrat anwesend war, konnte hier keine Klarheit geschaffen werden.

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