Tichys Einblick
Aktenzeichen XY ungelöst

Das ZDF möchte mit wahren Verbrechen bei den Jüngeren punkten

Das ZDF baut sein Erfolgsformat „Aktenzeichen XY ungelöst“ aus. Am Hauptsendeplatz gibt es ein erweitertes Format zu sehen, und freitags wird künftig ein neuer Ableger der Fahndungsshow ausgestrahlt.

Bild: ZDF/Nadine Rupp

„Die Forensik lügt nicht.“ Das ist der Kernsatz, der in nahezu jeder Folge der Medical Detectives zu hören ist. Die Sendung gehört zum in den USA hoch beliebten Format der „True Crimes“, also der wahren Verbrechen. Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Tätersuche, sondern darauf, wie die Gerichtsmedizin dazu beiträgt, Verfahren gegen Verdächtige wasserfest zu machen. Etwa jede zehnte Folge handelt davon, wie ein Verdächtiger mit Hilfe der Forensik entlastet wird.

Vox strahlt die teilweise 25 Jahre alten Folgen im Nachtprogramm aus. Sehr erfolgreich: mit hohen zweistelligen Einschaltquoten. Diese wiederum haben dem Cousin aus der RTL-Familie geholfen, ARD und ZDF in der Gesamtwertung bei den Zuschauern unter 50 Jahren hinter sich zu lassen – wenn diese sich nicht gerade mit Rechten für Sportereignisse gute Quoten einkaufen. Wenn ZDF also nicht für „Zuschauer durch Fußball“ steht, dann gehört Aktenzeichen XY ungelöst zu den wenigen Formaten, mit denen die Mainzer ein jüngeres Publikum erreichen.

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An den Mittwochen versammelt Moderator Rudi Cerne um 20.15 Uhr in der Regel insgesamt fünf bis sechs Millionen vor dem Fernseher. Davon ist ein Fünftel bis ein Viertel jünger als 50 Jahre. Ein Traumwert für das ZDF. Laufen Rosamunde Pilcher oder andere Kitschformate, ist nicht mal jeder zehnte Zuschauer nach 1972 geboren. In dieser Zielgruppe ist das ZDF auf Platz sechs abgerutscht. Deutlich hinter Vox.

Folglich macht es Sinn, dass das ZDF sein eigenes Flaggschiff in der Sparte „True Crime“ nun häufiger in See stechen lässt. Den Vertrag mit dem ehemaligen Eiskunstläufer Rudi Cerne hat der Sender um vier Jahre verlängert. Im Herbst bekommt er einen eigenen Podcast: „Aktenzeichen XY … Unvergessene Verbrechen“. Aber auch im linearen Fernsehen erweitert das ZDF das Angebot. So ist am Mittwoch, 29. Juni, erstmals „Aktenzeichen XY … Vermisst“ zu sehen. Ähnliche Sonderfolgen kennen die Zuschauer bereits. Bisher ging es dort aber nur um vermisste Kinder und Jugendliche.

Ein neues Format geht am Freitag, 5. August, erstmals auf den Sender. Ab 21.15 Uhr läuft „XY gelöst“. Etwas Ähnliches gab es bereits erfolgreich mit Cerne unter dem Markennamen Aktenzeichen. Doch die neue Sendung dauert nur 45 Minuten und hat mit Sven Voss einen eigenen Moderator. Er rekonstruiert gelöste Fälle. Dabei kommen am Fall beteiligte Ermittler und Staatsanwälte zu Wort, auch Experten wie etwa Forensiker. Also genau so wie bei Medical Detectives, First 48 oder Anwälte der Toten.

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Der Freitag ist schon jetzt einer der wenigen Abende, an denen es dem ZDF gelingt, in der Gruppe der Leute unter 50 Jahren eine Chance auf die Marktführerschaft zu haben. Dazu tragen vor allem die Satireformate Heute Show und ZDF Magazin Royale bei. Durch das neue XY-Format wird das Heute Journal von Sendungen eingerahmt, die eine Chance bei jungen Zuschauern haben. Ein wichtiger Schritt für das Zweite im Kampf um höhere Zwangsgebühren. Denn die öffentlich-rechtlichen Sender müssen immer öfter zusehen, wie junge Zuschauer ihren Nachrichtenformaten regelrecht ausweichen. Erreichen die Öffentlich-Rechtlichen aber immer weniger Zuschauer, verlieren sie auch den Wert für die Politik, von deren Entscheidungen die Sender abhängig sind.

Ohne sich das offen einzugestehen, ist der Ausbau der Aktenzeichen-Formate auch ein Zugeständnis an den eigentlichen Geschmack der Zuschauer. Die Redakteure des Senders können selbst gar nicht links und woke genug sein. Das wirkt sich bis ins Unterhaltungsprogramm aus, in dem mittlerweile mehr Flüchtlingsboote als Traumschiffe zu sehen sind. Egal wie wertvoll solche Filme den Verantwortlichen erscheinen – sie haben einen Schönheitsfehler: Das will keiner sehen außer dem Sockelpublikum, das den öffentlich-rechtlichen Sendern auch dann noch folgen würde, wenn die ein Aquarium verfilmen.

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„True Crime“-Formate haben von sich aus eine konservative Attitüde. Während woke Angebote eine Welt zeigen, wie sie sein soll, beschäftigen sich „True Crime“-Angebote mit der Welt, wie sie ist. „Forensik lügt nicht.“ Als es durch Angela Merkels Flüchtlingspolitik ein Tabu wurde, negative Folgen der Einwanderung anzusprechen, geriet auch Aktenzeichen unter Druck. Die gesuchten Täter haben eben allzu oft ein „südosteuropäisches Erscheinungsbild“ oder fragen beim Einbruch „Wo Tresor?“.

Die Redaktion reagierte mit einem Beitrag über einen Paketboten. Minutenlang wurde seine Einwanderungsgeschichte erzählt, dann kam der Überfall. Er überlebte ihn mit einer leichten Verletzung und gestohlen wurden fünf Amazon-Pakete. Erstaunlich wenig für eine Sendung, in deren Konzept steht, sie sei der Fahndung nach schweren Verbrechen vorbehalten. Die politische Absicht ließ sich in dem Fall allzu leicht ablesen. Doch nachdem auf Twitter ausreichend gelästert wurde, hielt sich die Redaktion mit weiteren so offensichtlichen Versuchen zurück.

Medical Detectives ist offen konservativ. Die Experten sagen in deutlichen Worten, für wie nichtsnützig sie manchen Täter halten und sprechen sich sogar für die Todesstrafe aus. Wichtiger aber ist, dass die Redaktion – anders als woke Fernsehmacher – jeden Versuch unterlässt, die Wirklichkeit zu schönen. Ein solches Format ist selbst in der x-ten Wiederholung im deutschen Fernsehen hoch erfolgreich – aber offenbar nur noch im Nachtprogramm möglich.

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