Tichys Einblick
Die Corona-Krise

Professor Kekulé bei Anne Will: Es wurde wahnsinnig viel Zeit verschlafen

Viel Zeit verschlafen hätten unsere Regierungs-Strategen im europäischen Konzert, sehr spät Schulen und Kitas dicht gemacht, statt schon, als die Kinder aus den Ferien wiederkamen (und den Virus mitbrachten), zu reagieren. Ein einziges Kind könne 3.000 Menschen infizieren, das nenne sich exponentielles Wachstum. Nun aber stehen wir „an der letzten Verteidigungslinie“ und können nur noch unsere Krankenhäuser vorbereiten auf das, was kommt.

Screenprint: ARD/Anne Will

Nachdem der nette Professor Drosten von der Charité bisher in den Talkshows herumgereicht wurde, durfte jetzt mal sein Konkurrent Alexander Kekulé, Professor und Direktor des Institutes für Medizinische Mikrobiologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, bei Anne Will Platz nehmen. Und wo der Herr Drosten bisher abwägend und abwartend argumentierte, holte Herr Kekulé den Hammer raus.

Viel Zeit verschlafen hätten unsere Regierungs-Strategen im europäischen Konzert, sehr spät Schulen und Kitas dicht gemacht, statt schon, als die Kinder aus den Ferien wiederkamen (und den Virus mitbrachten), zu reagieren. Ein einziges Kind könne schließlich 3.000 Menschen infizieren, das nenne sich exponentielles Wachstum. Nun aber stehen wir „an der letzten Verteidigungslinie“ und können nur noch unsere Krankenhäuser vorbereiten auf das, was kommt.

Auch Claudia Spies wollen wir mit allen Ehren und Titeln vorstellen, damit jeder sieht, die Frau weiß wovon sie spricht: Universitätsprofessorin für Anästhesiologie an der Charité in Berlin und Direktorin der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der Charité Campus Mitte und des Campus Virchow Klinikum. Sie steht quasi im letzten Schützengraben.

Zunächst gibt sie das richtige Kommando: Zwei Meter Abstand halten von jedwedem, den man trifft! Da merkt selbst Will, dass es bei der Runde nur eine Armlänge Abstand ist, und damit vollkommen überholt, auch wenn sie sich lobt, keine Claquere eingeladen zu haben. Diese dürften allerdings nur unsere zwei Politicos vermisst haben: Olaf Scholz und Armin Laschet.

Auf die vorwurfsvolle Frage, ob er sich Vorwürfe mache, setzte Armin sein forsches Widerspruchsgesicht auf, vielleicht auch, weil Anne nicht konkret begründete, warum gerade Armin sich nun Vorwürfe machen muss – weil er erst nach der Karnevalssaison, diesem Superspreader, überhaupt in Aktion trat.

So konnte Laschet ungeschoren auf die vielleicht arbeitsreichste Woche seines Lebens hinweisen. Am Dienstag habe man die Bundesliga abgesagt, am Donnerstag habe ein Virologe gesagt, Schulschließungen seien Quatsch, am Freitag habe man dann entschieden am Montag Schulen und Kitas dicht zu machen und heute, am Sonntag, wurde festgelegt, ab Montag auch Bars, Clubs und Fitnessstudios dicht zu machen, eigentlich alles außer Supermärkte und Apotheken. Laschet lobte seinen eigenen Arbeitseifer und die sachlichen Debatten bei seiner Chefin im Kanzleramt, die dazu geführt hätten, die Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz zu schließen. Warum die Grenzen zu Belgien, Polen, Tschechien und den Niederlanden offen bleiben, lässt uns an den Satz von Roger Letsch auf der Achse des Guten denken: „Krisenzeiten sind gute Zeiten für fähige Politiker, und man muss leider feststellen, dass es solche zumindest auf Landes , Bundes , oder EU-Ebene nicht gibt.“

Olaf Scholz merkte an, dass der Warenverkehr ungehindert weiterliefe und problemlose Grenzübertritte „gelten noch für manche anderen, die Konkretes zu tun haben“. Ach was.

Angela Inselkammer, Gastwirtin und Präsidentin der DEHOGA Bayern drückte ihre Sorgen für 230.000 Betriebe mit 2,5 Millionen Beschäftigten aus, die nun mächtig in der Klemme stecken, denn die Mieten laufen ja weiter, auch wenn es keine Einnahmen gibt.

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An dem Problem arbeite er, sagte Scholz und brachte Steuerstundungen und durch die KfW abgesicherte Kredite ins Spiel. Das gleiche solle für die Messebauer u.ä. gelten, die bei 80.000 abgesagten Veranstaltungen auf dem Zahnfleisch gehen. Bisher hat sich all das allerdings noch nicht zu den Finanzämtern herumgesprochen. Überhaupt klingt das sehr nach spezialdemokratischem Kleinklein und ist weit entfernt von der „halben Billion“, die Peter Altmaier vor der Presse in seinen großen Mund genommen hatte. Frau Inselkammer ist froh, dass sie in Bayern ihren Markus Söder hat, sagt sie.

Wer hilft den Freiberuflern und Selbstständigen, den Künstlern, Schreibern und Zirkusartisten? Wir arbeiten daran, sagten Armin und Olaf.

Weiter fragte Professor Kerkulé, ob die Herren denn inzwischen die Schutzmasken fürs Krankenhauspersonal besorgt hätten. Die seien bestellt, nun warte man darauf. Außerdem: Die Maschinen, mit denen diese Masken hergestellt werden, kämen alle aus Deutschland, so stolz der Scholz, da habe man nun 1 Milliarde hingeschoben. In NRW sei noch keine Maske eingetroffen, sagte dann einer, aber Armin versprach, „wir kümmern uns darum europäisch solidarisch“. Die haben die Migrationskrisen nicht in den Griff gekriegt, sind dabei die Energiewende zu versemmeln – warum sollte es bei Corona anders sein?

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Nun noch schnell zur letzten Frontlinie, den Krankenhäusern: 80% der Intensivbetten sind bereits durch den Normalbetrieb belegt, Pflegemangel auf Intensivstationen, da helfen keine Angela, kein Jens und auch unsere zwei Gäste nicht. Wir werden planbare OPs verschieben, sagte die Professorin und berichtete, dass zahlreiche verrentete Ärzte und auch Studenten und Studentinnen ihre Hilfe angeboten hätten. Wenn man nicht alles selber macht!

Für Kinder von Mitarbeitern des Gesundheitssystems, sowie von der Polizei seien Kitas und Schulen weiterhin geöffnet, behauptete Armin. Ob das die Betroffenen wissen? Überhaupt, warum haben Sie so lange damit gewartet, fragte der Professor und Armin sagte: wegen des anderen Virologen, der sagte, das müsse nicht sein.

Warum Cerstin Gammelin von der Prantelschen Süddeutschen da saß, weiß der Himmel. Vielleicht um sich zu beschweren, dass nun doch in EUropa die Grenzen geschlossen werden. Überhaupt ist es mit dem vielbeschworenen EUropa nicht weit her. Jeder macht was er will, Deutschland trottelt hinterher.

Nun harren wir weiter der Dinge, Hauptsache unseren Strategen fällt nicht noch ein, eine Ausgangssperre zu verhängen, denn die sei kontraproduktiv, sagte Kerkulé. Warum sollen die Leute nicht an die frische Luft, statt in der Bude zu hocken? „Aber zwei Meter Abstand halten!“ mahnte die Frau Professorin erneut. Gute Nacht.


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