Tichys Einblick
Wird der Sommer doch nicht so gut?

Lauterbach bei Illner: “Das wird ja nicht die letzte Pandemie bleiben …”

Lauterbach und Helge Braun geben alles - die Regierung lag überall richtig, aber nichts ist noch lange nicht vorbei. Das ist wissenschaftlich völlig unstrittig. Offenbar will man das Spiel bis zum bitteren Ende durchziehen.

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Vielleicht gehören Sie ja zu den unbescholtenen Seelen, die noch nicht mit dem Wissen geplagt wurden, dass Karl Lauterbach vor kurzem unter die Sänger gegangen ist. Ich würde Ihnen diese Unschuld ja gerne erhalten, aber ich musste es mir ansehen und bekomme seit dem die Melodie nicht mehr aus dem Kopf, also ziehe ich Sie jetzt mit mir in den Abgrund. Carolin Kebekus trat bei der ARD in einem Musikvideo auf, in dem sie in einer Art und Weise, die wohl lustig sein soll, über den kommenden Sommer singt, der dank der Impfung Corona-frei und unbeschwert sein wird, immer wieder mit Sprecheinsätzen von Karl Lauterbach, der zum Tragen von „FFP2, besser: FFP3-Masken“ rät und Harwäärt-Studien rezitiert. Mein Humor ist es nicht, außer vielleicht eine Stelle, an der Lauterbach sagt, dass er sich bei Markus Lanz zum Grillen einladen wird – wer hätte es gedacht, der Mann kann tatsächlich selbstironisch werden, wenn ihm jemand die Witze schreibt.

Sendung 10.06.2021
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Ich quäle Sie mit diesem Meisterwerk, von dem Saskia Esken glaubt, man hätte damit den ESC gewinnen können, auch übrigens nur, weil das Lied „La Vida sin Corona – Der Sommer wird gut“ heißt und die gestrige Illner-Folge (passender Weise auch mit Karl Lauterbach) den Titel „Der Sommer wird gut – wird die Corona-Politik besser?“ trägt. Ähnlich wie im Musikvideo beruft sich Lauterbach auch hier auf seine „Kollegen“ aus Harwäärt, mahnt, dass Corona noch lange nicht vorbei ist und deutet an, dass wir uns vielleicht sogar auf noch mehr gefasst machen müssen: „Das wird ja nicht die letzte Pandemie bleiben.“

Tja, sieht ganz so aus, als müsste die Bedeutung des Wortes „gut“ im Zusammenhang mit dem Sommer etwas angepasst werden. Denn so kann man natürlich auch Normalität zurückbringen: Indem man einfach den Lockdown zur Normalität erklärt. Lauterbach macht uns schon auf kommende Pandemien gefasst und überhaupt war ja das ganze Thema der Sendung, was soll die Regierung beim nächsten Mal besser machen. Auch zur Impfung von Kindern findet Lauterbach klare Worte: „Bei normalem Regelbetrieb werden wir ohne Impfung in den Schulen sehr viele infizierte Kinder sehen“. Und weiter: „Ich finde es nicht richtig, dass wir sagen, Erwachsene schützen wir durch Impfung, aber Kinder schützen wir, indem sie sich infizieren!“. Sie wissen alle, was das bedeuten soll.

Der „spezielle deutsche Weg“ ins Verderben

Um darüber zu sprechen, was die Regierung im Kampf gegen (oder für?) Corona in Zukunft verbessern kann, hat Frau Illner tatsächlich zusätzlich zu Lauterbach noch mehr Gäste eingeladen, obwohl die nicht alle auf dem letzten Stand der Untersuchungen aus Sie wissen schon sind. Da ist zum Beispiel die Ärztin Birgid Puhl, die aus dem Alltag als Impfärztin erzählt. Sie wünscht sich, dass beim nächsten Mal nicht so viele lästigen Vorschriften und Gesetze das schnelle Handeln, also Impfen, hindern. Dass Puhl mit ihrer Praxis laut ihrer Internetseite auch „klassische Homöopathie“ anbietet, wird in der Sendung allerdings nicht angesprochen.

Neben der Homöopathin sitzt Jonas Schmidt-Chanasit, was mich tatsächlich positiv überrascht. Nachdem er sich für #allesdichtmachen ausgesprochen hat, dachte ich eigentlich, das war´s mit seiner Talkshow-Karriere, aber Totgesagte leben anscheinend wirklich länger. Offenbar glaubt das ZDF, das wäre ok, solange sein Auftritt zusammen mit einer genügend großen Dosis von Karl Lauterbachs Lockdown-Gedichten konsumiert wird. Und nicht nur Karl Lauterbach wurde zum Ausgleich eingeladen, auch Helge Braun hat es nach langer Zeit mal wieder ins Studio geschafft. Vermisst habe ich ihn ehrlich gesagt nicht, wenn ich mir anhören wollte, wie toll die Regierung gehandelt hat, gucke ich die Tagesschau, dafür brauche ich nicht den Chef des Kanzleramts höchstpersönlich. Er erklärt uns dreist, wir wären „im europäischen Vergleich relativ gut durchgekommen“ und lobt den angeblich erfolgreichen „speziellen deutschen Weg.“ Wo der Erfolg in maximal brutalen Lockdown-Maßnahmen bei gleichzeitig hohen Infektionsraten sein soll, muss mir bei Gelegenheit erklärt werden. Oder lieber doch nicht.

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Mit kritischen Stimmen war´s das mit Schmidt-Chanasit auch schon, denn der zugeschaltete Robin Alexander war eine Enttäuschung. Das erkennt man schon alleine daran, dass auf Twitter plötzlich einige User aus dem #teamdrosten erklärten, wie positiv überrascht sie von der Springer-Presse sind. Tja, die Hetz-Blätter sind eben auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Und so kam es dazu, dass bei Illner die Regierung kritisiert wird, ohne dass Kritikpunkte angebracht werden. Denn nein: wenn Robin Alexander beklagt, das wir zwar früh genug Tests, Impfung und Masken zur Verfügung hatten, sie aber erst zu spät angewandt haben, dann ist das keine echte Kritik. Sowas dürften auch Berater von Kim Jong-un sagen, ohne danach spurlos zu verschwinden.

Man weiß, dass irgendetwas schief laufen muss, wenn die kontroverseste Kritik der gestrigen Sendung tatsächlich die Überlegung war, dass die Erfolge in der Pandemiebekämpfung nicht allein auf den Lockdown und die Bundesnotbremse zurückzuführen sind – dass es vielleicht noch einen anderen Weg geben könnte, als eine Nation für knapp ein halbes Jahr einzusperren und sämtliche Grundrechte in „neue Freiheiten“ umzuwandeln.

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