Tichys Einblick
Gescheiterte Iran-Politik

Bei Illner: Auf Messers Schneide mit der Hamas

Einer der wichtigsten Beiträge bei Illner kam von der Korrespondentin für internationale Sicherheit der „Washington Post“. Sie benannte die Strategien der Hamas so klar wie bisher kaum einer im allgemeinen Fernsehen. Mit einer weiteren Bemerkung schließt sie an die Nahost-Politik von Donald Trump an.

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

Über 1000 Tote und über 100 Geiseln – das ist bisher das Werk der Hamas. Seit dem Holocaust wurden nicht mehr so viele Juden an einem Tag getötet wie in diesem Krieg. In Deutschland gehen Hunderte Muslime auf die Straße – nicht um die Anschläge, die im Namen ihrer Religion verübt wurden, zu verurteilen, sondern um sie zu feiern. Baklava wurde rumgereicht, die Ermordung von Juden gefeiert und die Palästina-Flagge geschwungen.

Der deutsche Diskurs steht nun vor einer schweren Aufgabe: Man muss die Hamas und den radikalen Islamismus verurteilen ohne einzugestehen, dass 2015 ein Fehler war, der aber gerade wiederholt wird. Außerdem muss man nun wieder gerade biegen, dass die deutsche Bundesregierung seit Jahren Entwicklungshilfe nach Palästina schickt – diese Gewalt also gewissermaßen mitfinanziert hat.

„Terror-Angriff auf Israel – uneingeschränkte Solidarität?“ lautet der Titel, oder eher die Leitfrage der Sendung. Wir haben Annalena Baerbock am Start – sie ist aber nicht wirklich Teil der Sendung, sondern wird kurz in einem Einzelgespräch befragt. Ehrlich gesagt, finde ich das sogar gut – oder sagen wir: das Mindeste. Wenn die Außenministerin in so einer Situation die Zeit hätte, sich in eine Talkshow zu setzen, würde man sich schon fragen, was sie eigentlich beruflich macht. Es ist aber auch nicht so, als hätten wir sowas nicht schonmal miterlebt, wenn wir etwa an Karl Lauterbach denken.

Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Israel
Das ZDF schneidet Baerbocks Totalausfall aus der Sendung
Baerbock spricht in ihrem Einzelgespräch von ihren Bemühungen, Deutsche aus Israel zu holen: „Wir haben in den letzten Tagen Tausende Menschen mit verschiedenen Flügen herausbekommen und schauen, wie wir jetzt weiter vorgehen.“ Auf den sozialen Medien haben allerdings viele um Hilfe gebeten, die in Israel fest saßen, da die Flüge aus Israel alle ausgebucht waren. Viele beschwerten sich, dass sie in dieser Krisensituation zu sehr auf sich gestellt seien und die Hilfe des Auswärtigen Amtes dürftig ausgefallen wäre. Nun, da die Deutschen durch Sonderflüge der Lufthansa aus Israel ausgeflogen werden können, kommt raus: Diese Evakuierung der Regierung kostet die Bürger in Not 300 Euro pro Person. Annalena Baerbock reagiert auf Kritik hin gänzlich ungerührt: „Es gab zu jedem Zeitpunkt freie Plätze, um aus Israel rauszukommen“, erklärt sie. Dass Island eine deutsche Schulklasse retten musste und die Rettungsaktion offensichtlich nicht so ganz glatt abgelaufen ist, kann sie wohl ausblenden.

Ähnlich stolz ist sie auf ihre Maßnahmen gegen den Iran: „Der Iran ist eine der größten Sicherheitsgefahren für Israel. Deshalb haben wir in den letzten Jahren Sanktionen in unterschiedlichsten Bereichen auf den Weg gebracht:“ Wenn ich sie wäre, würde ich das nicht so rausposaunen. Das muss man sich mal vorstellen: Der Iran finanziert und unterstützt den Kampf gegen Israel, die Auslöschung der Juden und traut sich das auch ganz offen zu tun. Und das trotz der tollen Sanktionen, die Annalena seit Jahren auf den Weg gebracht hat? Von all den Dingen, die der Iran als größte Gefahr Israels tun könnte, hat er soeben zum härtesten und radikalsten Mittel gegriffen. Ich würde sagen, die Sanktionspolitik ist gescheitert.

Regierungserklärung des Kanzlers
Wir stehen zu Israel – und jetzt?
Es bleibt nur zu hoffen, dass eine der wichtigsten Aufgaben ihrer Karriere nicht auch scheitert. Denn wie sie bei Illner ankündigte, wird sie am Freitag nach Israel reisen, um dort über die Befreiung der Geiseln zu beraten, von denen einige auch deutsche Staatsangehörige sind: „Die Rettung von Geiseln wird ein zentrales Thema sein, wenn ich morgen nach Israel reise“, erklärt sie. Ohne über diese tragische und ernste Situation jetzt zu viele Witze machen zu wollen: Es bleibt zu hoffen, dass sie weiß, dass sie dort dann nicht wieder mit dem Bacon of Hope um die Ecke kommen sollte, denn typischerweise ist Speck aus Schweinefleisch und weder halal noch koscher. Überhaupt hat man bei so komplizierten Themen wie einem Nahostkonflikt doch sehr ungern eine diplomatische Gazelle wie Baerbock am Ruder, denn man muss annehmen, dass sie die entsprechenden Vorlesungen in ihrem Völkerrecht-Studium übersprungen hat.

Einen sicheren Faux Pas landete die Grünen-Partei, als sie gleich noch einen zweiten Parteivertreter ins Talkshow-Rennen schickte. Omid Nouripour, der auch so langsam an seinem Stuhl bei Illner festgewachsen und ansonsten eigentlich als Parteivorsitzender der Grünen tätig ist, lässt sich ebenfalls schon wieder als Gast blicken. Besonders zu diesem Thema ist das eine interessante Entscheidung, denn 2020 wurde Nouripour vom Simon Wiesenthal Center auf der Liste der 10 schlimmsten Antisemiten aufgeführt. Auf der Website „Frage den Staat“ fragte man ihn, wie er diese Nominierung erkläre. Nouripour hatte darauf bislang keine vernünftige Antwort gegeben und rettete sich mit der Ausrede, dabei habe es sich nur um eine Liste gehandelt, die sich auf Fake News beziehen würde. Was davon nun die Fake News sind – darüber sind wir bis heute im Dunkeln geblieben. Nur der Hinweis, dass er sich für jüdisches Leben und das Existenzrecht Israels einsetzen würde, ist noch hinten drangehängt.

Antisemitismus in Deutschland
Das Fischbrötchen des Kanzlers und die seltsamen Iran-Verflechtungen der Annalena Baerbock
Immerhin hält er sich in der Sendung an dieses Verspechen. Aber auch er hat das gleiche Talent wie Annalena Baerbock, Dinge anzusprechen, die er lieber nicht angesprochen hätte. Zum Beispiel erklärt er zu den pro-palästinensischen Feiern der toten Juden in Israel: „Es gibt in Deutschland Mahnwachen für Kriegsverbrecher, die in Syrien Kinder umgebracht haben. Das gehört nicht zu unserer Demokratie und muss verboten werden.“ Nun, „Das gehört nicht zu Deutschland“ zu sagen, hat er sich wohl nicht getraut, zu sehr würde sich die Frage aufdrängen, wie diese „Menschen in Deutschland“ hier rein gekommen sind und ob die nicht zur Flüchtlingswelle gehören, die Merkel bereitwillig und ungeprüft nach Deutschland geholt hat. Und doch bleibt eine Frage bestehen: Wenn dieses Problem bereits zum Syrien-Konflikt aufgetreten ist, warum spricht man über Verbote und Unterbindungen erst jetzt? Nouripour wirkt jedenfalls eng vertraut mit diesem Phänomen.

Wenigstens hat er uns allen die Schauspieltalente erspart und nicht einen auf überrascht gemacht, dass Muslime zu großem Anteil Antisemiten sind und das gerade offen auf den deutschen Straßen ausleben. Tatsächlich ist es jetzt plötzlich erlaubt, Kritik an unseren zugezogenen Mitbürgern zu äußern. Armin Laschet, CDU-Politiker und gescheiterter Kanzlerkandidat, ist da nicht so feinfühlig. „Die islamischen Verbände haben mich in diesen Tagen tief enttäuscht. Wenn diese mit ihren Gemeinden nicht sprechen, ist die Chance, alle zu erreichen, sehr klein“, sagt der Mann, dem immer wieder eine Nähe zu den Grauen Wölfen vorgeworfen wurde. Für Armin Laschet dürfte die aktuelle Situation besonders schwer sein. Immerhin hat er es tatsächlich geschafft, gegen den totgeglaubten Olaf Scholz zu verlieren. Einer der größten Gründe: Laschet lachte bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im falschen Moment, die Fotos wurden medial ausgeschlachtet. Nun rannte Olaf Scholz fröhlich grinsend mit Macron und einem Fischbrötchen durch die Gegend, während deutsche Staatsbürger als Geiseln in den Händen von Terroristen gefangen sind, doch er sitzt bereits zu fest im Sattel, als dass ihm das etwas anhaben könnte.

Die unheimliche deutsche Liebe zum UNRWA
Deutschland hat den Hamas-Terror querfinanziert – und wollte nicht hören
Einer der wichtigsten und konstruktivsten Beiträge der Sendung kam derweil von der türkisch-marokkanisch-stämmigen Souad Mekhennet, der Korrespondentin für internationale Sicherheit der „Washington Post“. Sie benannte die Strategien der Hamas so klar wie bisher kaum einer im allgemeinen Fernsehen. So war es klar das Kalkül der Hamas, dass Israel auf die brutalen Fotos und Videos von den Opfern der Terroristen militärisch reagieren muss. Hier rechnet die Hamas damit und sorgt sogar dafür, dass bei dem israelischen Gegenschlag Teile der palästinensischen Zivilbevölkerung zum Opfer fallen. Dafür baut die Hamas ihre Stützpunkte absichtlich unter Krankenhäusern, in Wohngebieten und unterirdisch. Als Israel den Gaza-Streifen bombardierte, drängte die Hamas die Bevölkerung in den Zielgebieten zu bleiben, obwohl Israel den Beschuss angekündigt hatte. „Diese Bilder werden benutzt, um auf der einen Seite Angst einzujagen und auf der anderen Seite zu mobilisieren.“

Besonders wichtig ist aber ein anderer Redebeitrag von ihr: „Wenn sich alle einig sind, dass der Iran das Problem ist, muss man sich die Frage stellen: Wie kann man noch argumentieren, dass ein Atom-Deal mit dem Iran für mehr Sicherheit im Nahen Osten sorgt?“ Damit schließt sie klar (wenn auch unbeabsichtigt) an die Nahost-Politik von Donald Trump an, der den Atom-Deal mit dem Iran gestoppt hatte. Biden nahm in wieder auf, auch Deutschland steht nach wie vor dazu. Es ist doch eins auffällig: Donald Trump hat nun schon das zweite Mal außenpolitische Konflikte vorhergesagt, die unter seiner Führung möglicherweise ganz verhindert worden wären.

Sowohl die Abhängigkeit von russischem Gas als auch die Lage in Israel und die von der Hamas und dem Iran ausgehende Gefahr hatte er schon vor Jahren erkannt. Ihm war es tatsächlich gelungen, arabische Länder wie Saudi-Arabien an Israel anzunähern – für ein eingekesseltes Land wie Israel ein wichtiger Verbündeter. Diese Politik hätte unter Biden weitergeführt werden müssen. Doch indem der sämtliche Beschlüsse Trumps rückgängig machte, fielen die Beziehungen in sich zusammen und der Respekt vor der USA schrumpfte – nun sogar so weit, dass man sich traute, einen Verbündeten der USA auf brutalste Art anzugreifen.

Deutschland hat Trump für seine Außenpolitik nicht nur publik ausgelacht, sondern auch in keinster Weise unterstützt und immer das Gegenteil getan. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschland es schaffen wird, diese Verantwortung zu vertuschen, oder ob man sich dafür noch verantworten muss. Aktuell bleibt nur zu hoffen, dass es uns gelingt, die deutschen Geiseln sicher in ihre Heimat zurückzuholen.