Tichys Einblick
Bei Hart aber Fair

Die „große Transformation“ in den Klimasozialismus – bezahlen soll sie „der Staat“

Zum Glasgower Klimagipfel erläutert den Zuschauern eine Fridays-for-Future-Aktivistin, dass wir uns von der Illusion des „grünen Wachstums“ verabschieden sollten. Ohnehin basiere unser Wohlstand auf der Ausbeutung der Dritten Welt. Ein Parolen-Marathon, der sich im radikalen Ungefähren verliert.

Screenshot ARD: Hart aber Fair

Merkel, Biden, Putin und Xi hat er leider nicht in seine Sendung einladen können, räumt Frank Plasberg zu Beginn ein. Merkel und Biden sind ja mit der Klimakonferenz in Glasgow beschäftigt, Putin und Xi bei sich zuhause. Also kommt bei „Hart aber Fair“ eine etwas weniger illustre Runde zusammen – ums Klima soll’s trotzdem gehen. „Kranke Wälder, überflutete Täler – Wird jetzt ernst gemacht beim Klimaschutz?“ ist die Frage. Direkt zu Beginn der Sendung werden erneut Bilder und Schicksale der Flutkatastrophe des Sommers 2021 gezeigt – als angebliches „Zeichen des Klimawandels“.

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In diesem Framing diskutiert die Nicht-Staatschefs-Runde, bestehend aus der „Fridays-for-Future“-Funktionärin Carla Reemtsma, dem Bergbau-Angestellten Sebastian Lachmann, der Rheinland-Pfälzischen Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne), dem Förster und Autoren Peter Wohlleben und der Welt-Chefökonomin Dorothea Siems. Mit Blick auf die gezeigten Bilder legt Reemtsma auch direkt los. Es brauche nun scharfe Maßnahmen gegen den Klimawandel, aber auch Anpassung an die „Herausforderungen, die kommen werden“. Fälle wie die Flut im Ahrtal müssten vermieden werden. „Wir stehen vor einem systematischen Problem“, meint Reemtsma. Es brauche eine große „Transformation“ von staatlicher Seite.

Was Politik denn machen könne, wenn die Menschen sich nicht ändern, will Plasberg daraufhin von Dorothea Siems wissen. Sie entgegnet, Klimawandel sei ein globales Problem. „Jeder Einzelne (weiß) natürlich: Es ist völlig egal was ich mache, es wird kein spürbarer Beitrag sein.“ Weltweit existiere überhaupt fast nirgendwo so ein „Klimabewusstsein“ wie in Deutschland. „Ohne die politische Ebene bringt das alles tatsächlich nichts.“ Auch die Atomkraft bringt sie ins Spiel, doch dann holt Plasberg den nächsten Gast in die Runde.

„Wenn wir unsere Autoindustrie abwickeln“

Sebastian Lachmann arbeitet in der Lausitz bei einem Bergbau- und Kraftwerksunternehmen. Wie er zum Kohleausstieg stehe, will Plasberg wissen. „Wenn wir die Kohle abschalten wollen, können wir das gerne auch heute machen, aber ich glaube, dann wird die Sendung heute nicht mehr stattfinden.“ Sarkastisch weist Lachmann darauf hin, dass Deutschland schlicht und ergreifend nicht die Kapazitäten für einen verfrühten Kohleausstieg habe. Zur Flutkatastrophe im Ahrtal meint er: „Das war Wetter, und nicht Klima.“ Carla Reemtsma giftet direkt bissig dazwischen – natürlich war das die „Klimakrise“, da müsse man doch einfach „Klimawissenschaftler“ fragen. Ruhig erklärt Lachmann, was Wetter und was Klima ist.

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Die Grünen-Ministerin Anne Spiegel springt der FFF-Führerin natürlich zur Seite – man müsse ja einfach nur „die Studien und die Wissenschaftler-innen“ fragen – und Plasberg grätscht dem Lausitzer direkt mit einem Einspieler dazwischen, der den beiden Damen Schützenhilfe leistet. Doch Lachmann führt danach unbeirrt seinen Punkt zu Ende aus: Natürlich müsse man sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Man müsse interdisziplinär überlegen, was man aus der Katastrophe im Ahrtal lernen könne, meint der Bergmann. Den Punkt nimmt Dorothea Siems dankend auf. In den nächsten Jahrzehnten werde die Entwicklung des Klimawandels nur schlimmer, meint sie – auch, weil China und andere Länder unbeirrt auf einem Mehr-CO2-Kurs bleiben würden.

Förster Peter Wohlleben beklagt zwischendurch den Fokus auf CO2. Das Problem sei nicht CO2, sondern Umweltzerstörung. Doch auch die Ablehnung der persönlichen Verantwortung schmeckt ihm nicht. „Wir müssen nicht auf die Chinesen warten! Lokal können wir das relativ schnell ändern.“ Durch beforstete Flächen könne man Gebiete im Sommer um bis zu 10 Grad herunterkühlen. Man merkt: Der Mann mag Bäume und Holz. Das inspiriert Klimaministerin Spiegel, die direkt eine schöne Vision zimmert: Die Menschen sollten doch Holzmöbelstücke vererben, um Ressourcen zu schonen. Toll – die Idee hatte meine Oma schon, als es den Begriff „Klimawandel“ noch gar nicht gab.

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Dann wendet sich die Runde wieder dem globalen Klimaschutz zu. International pro Kopf sei Deutschland einer der schlimmsten „Klimasünder“, impliziert ein Plasberg-Einspieler. Dorothea Siems gibt zu bedenken: Es geht um die großen Strukturen. „Können wir unseren Wohlstand auch künftig erhalten? Wenn wir unsere Autoindustrie abwickeln, haben wir mächtig was an CO2 gespart, aber natürlich auch den Wohlstand massiv reduziert.“ Dann, so Siems, würde es uns keiner nachmachen.

Direkt holt Plasberg Reemtsma in die Diskussion. Die holt lange aus: Deutschland sei historisch der sechstgrößte CO2-Emittent und trage eine „unglaubliche Verantwortung für die Klimakrise“. Wir würden unseren Wohlstand auf der Ausbeutung des globalen Südens aufbauen und wären auch deswegen besonders in der Pflicht, eine „große Transformation“ durchzuführen. „Wir müssen wirklich grundsätzlich umsteuern (…) und wegkommen von der Illusion eines grünen Wachstums, was es einfach nicht gibt!“

„Aber die Alternative ist doch, dass wir hier verarmen!“, entgegnet Dorothea Siems wütend. „Sie sehen doch, was aus Regionen wird, wo die Arbeitsplätze einfach ersatzlos weg sind! Wer soll denn die Rente bezahlen, die Sozialabgaben?“ Reemtsmas Antwort: der Staat, irgendwie. Wie genau? Wird nicht erläutert. Plasberg fragt auch nicht nach. Und so bleibt die Runde mal wieder unter ihren Möglichkeiten – trotz interessanter Gesprächspartner verliert sich das Gespräch selbst im irgendwo.

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