Tichys Einblick
" Wäre Jamaika die richtige Antwort?"

Bei Anne Will: Der nicht integrierte Ossi und der schlaue Herr Prantl

Sonst stellen wir uns oft die Frage: Was hat sich die Redaktion bei dieser Gästeliste gedacht? Heute fragen wir die Parteien: Was wollt ihr uns mit der Entsendung ausgerechnet jener Vertreter sagen?

Screenprint: ARD/Anne Will

Die FDP schickte Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Nie gesehen, nie gehört. Vorne Doppelname, hinten Doppelname, da tippt man sich ja blöde, also nennen wir sie im Folgenden FDP-Frau. Zu Jamaika kann ihr wie den meisten Deutschen bisher auch nicht viel mehr einfallen außer „links ein Cocktail, rechts ein Joint“.

Das Armutszeugnis mit Sternchen erhält erwartungsgemäß die Partei des akademischen Proletariats. Der SPD-Parteivorstand befindet sich anscheinend geschlossen auf der Flucht vor der Wahl-Wirklichkeit oder vor den eigenen dummen Sprüchen („Fresse“-Nahles). Also wurde Petra Köpping aus Sachsen zu Anne Will abkommandiert. In Sachsen erhielt die traurigste Partei Deutschlands übrigens gerade mal 10,5% der Wählerstimmen. Aber immerhin: Frau Köpping reist als sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration „regelmäßig durch Sachsen, um sich ein eigenes Bild von der Unzufriedenheit der Menschen zu machen“, schreibt die ARD in der Ankündigung zur Sendung.

Unenttäuschbar
Jamaika nützt nur Merkel
Die Grünen haben gut daran getan, ihre hysterischen Schwestern zu Hause zu lassen. Robert Habeck ist von seiner Ausbildung her eine Art promovierter Schriftsteller und wirkt in Schleswig-Holstein als Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume (das heißt wirklich so). Aber er ist ein netter Kerl, der angeblich mit jedem kann, selbst mit Söder von der CSU.

Der Markus Söder. Hören wir ein „Ja!“? Hören wir ein „Ich mach‘s!“? „Ich bin der neue Horst, aber besser als der alte?“ Das wäre natürlich zu viel verlangt. Schließlich droht dem, der als erster den Kopf zu weit aus dem Fenster hält, in München ‘Rübe ab‘!

Als Aufsicht und zugleich für höhere Einsichten aller Art ist der Süddeutsche Beobachter schlechthin aus München mitgekommen: Heribert Prantl, Schriftführer bei der SZ, dem süddeutschen Zentralorgan für all diejenigen, denen die Kirchen keine Antworten mehr bieten und denen selbstständiges Denken zu anstrengend ist.

Käme es zu „Jamaika“ (oder „Schwampel“, wie die FDP-Frau sagte), wird uns das wohl als eine „Regierung der Dynamik“ verkauft werden, wie der nette Herr Habeck so keck formulierte, obwohl ihm klar ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung es lieber etwas weniger dynamisch hätte. Der nette Herr Habeck brachte zudem die Aussichtslosigkeit eines solchen Inselprojekts zu Ausdruck: „Wer ist denn mit ‘Wir schaffen das‘ gemeint? Sollen wir drei Heinis (also er, Söder und die FDP-Frau) ein ‘Wir‘ entwickeln?“

An dieser Stelle also ein herzliches „Tschüss Jamaika“, lieber Leser, denn es ging in der Sendung sowieso um etwas anderes, nämlich um die AfD im Allgemeinen und den „zu integrierenden Ostdeutschen“ (Anne Will) im Besonderen, weil der der AfD die meisten Stimmen gegeben hatte.

Stanislaw Tillich
Der sorbische Sachse: Die Leute wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt
Bei den Sozialdemokraten ist immer schwer auseinander zu halten: Spricht die Partei oder jeder Genosse für sich selbst? Genossin Petra jedenfalls ist sicher, dass die Ossis die „Wiedervereinigung nicht verarbeitet“ haben. Nach 30 Jahren!? Wir behaupten in diesem Zusammenhang mal ganz frech: Petra hat ‘ne Meise, nicht die Ostdeutschen. Und das ist eigentlich eine nette Beschreibung, denn andernfalls wäre das eine beispielhafte Boshaftigkeit der SPD, nun wieder eine deutsche Spaltung herbeizureden. (Übrigens haben überproportional viele, die bei der Wiedervereinigung noch gar nicht geboren waren, die AfD gewählt.) Mit einer kleinen Anekdote wollen wir die Genossin dann auch ausblenden: Sie sei dabei gewesen, als seinerzeit im Braunkohletagebau die DDR-Maschinen gesprengt wurden. „Vorne klatschten die Vertreter von Politik und Kürschen, hinten haben die Arbeiter geweint.“ Die gleichen Tränen flossen übrigens auch im Ruhrgebiet, ergänzte die FDP-Frau. Dank der SPD, den Grünen und Energiewende-Merkel, wollen wir hinzufügen.

Dann wurde der „Kleinen Leute“ gedacht, wobei Söder die bei der CS(ozialen)U ganz gut aufgehoben sieht in Bayern. Neben sozialen Problemen seien doch die Themen Sicherheit und Parallelgesellschaften entscheidend gewesen. Als Argument zur Videoüberwachung konnte er den jüngst gefassten Giftmischer und Erpresser anführen, und zum Thema Abschiebung Herrn Lindner. Auch dem netten Herrn Habeck schien eine Regierung nur für Bürger und Ökologie etwas dürftig fürs Land.

Hier können wir eine Predigt des mit den Armen rudernden Heribert P. einschieben. Die „Maschine Marktwirtschaft habe im Osten alte Lebensläufe gefressen und die Stasi gefressen. Aber mit Wohlstand die Demokratie befördert hat sie nicht.“ Nun, Heribert, die „Stasi gefressen“ wohl nicht ganz, wer will, kann ihre Mitarbeiter heute noch wirken sehen. Und wenn die Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, zählt das wohl sehr wohl zur „Demokratie“, auch wenn Parteien gewählt werden, die vorher nicht den Prantl-Stempel erhalten haben!

Die Verantwortung bleibt
Maas ade
Ein kleiner Schlagabtausch mit Söder zeigte dann klar, aus welcher Richtung beim Spezialdemokraten Prantl ausschließlich der Wind pfeift. Als Söder anführte, wie unsinnig es sei, dass man zwar ohne Pass ins Land hinein, aber nicht mehr abgeschoben werden könne, und dass man bei acht afghanischen Straftätern nicht von einer Sammelabschiebung sprechen könne, brach bei Prantl das Rumpelstilzchen durch. „Das legt bei uns der Rechtsstaat fest, Herr Söder!“ schrie er aufbrausend wie der Giftzwerg aus dem Märchen. Das war er wohl den Redaktionskollegen schuldig und Frau Will. Wobei er als ehemaliger Staatsanwalt und Richter eigentlich wissen müsste, dass unsere Gesetze auf diese Situation keineswegs ausgelegt sind, ausgenutzt werden und dringend der Korrektur bedürfen. Wie hatte schon Söders Mutter dem Markus mit auf den Weg gegeben: „Wer schreit, hat Unrecht!“ Das weiß der Prantl jetzt auch.

Aber der süddeutsche Beobachter der Weltenläufe hatte auch Wegweisendes im Handgepäck. Wir bräuchten „eine Politik der Wiederbeheimatung. Mit Antworten auf Fragen wie: Wo ist der nächste Arzt?“ In München dürfte der eigentlich nicht zu weit weg sein.

Wo übrigens so viel über „gebrochene Biographien“ im Osten gesprochen wurde – ein kleiner Quotentipp: „Gebrochene Biographien im Bundestag“. Beispiele gäb‘s mehr als genug. Wie wär’s Frau Will?