Tichys Einblick
Durchblick schenken 2022

Warum Bürgergeld und Bargeldabschaffung zusammengehören

Noch ein paar Runden im Vermittlungsausschuss – dann ist es da, das Bürgergeld. Und gleichzeitig läuft eine Kampagne für die Abschaffung von Bargeld. Warum beides zusammen gehört, beschreibt ein Roman des Bestsellerautors Andreas Eschbach.

Auf den ersten Blick ist es ja ganz schön da in der Zukunft. Alle werden mit Bürgergeld („Freiheitsgeld“) gut versorgt. Alle Bürger werden überwacht, damit der Staat nur ja alles weiß und nichts an ihm vorbeigeführt werden kann. Instrument dazu ist elektronisches Geld, dessen Einsatz jederzeit von er Finanzpolizei abgerufen werden kann. Bürgergeld und Abschaffung des Bargelds für alle gehören zusammen.

Das ist keine Spinnerei eines Romanautors. Die EZB arbeitet am E-Money, das Bargeld ersetzen und jeden Kaufvorgang nachprüfbar machen soll. Bundesfinanzminister Christian Lindner spricht beschönigend von „digitalem Bargeld“ – er hält mittlerweile die Bürger für hinreichend dumm, dass sie den Widerspruch von „barem“ und „digitalem“ Geld nicht mehr begreifen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat eine Initiative zur Abschaffung des Bargelds losgetreten.

Eschbach beschreibt eine schöne neue Welt, in der es keine Verbrechen mehr gibt – außer Schwarzarbeit. Und illegales Bargeld, das von einer spezialisierten Einheit der Finanzpolizei aufgespürt werden soll. Arbeiten muss nur noch der, der es nicht lassen kann – und dafür wird er mit hohen Steuern bestraft.

Auch das ist bereits Realität in Deutschland. Bürgergeld schafft Freiraum für Schwarzarbeit – das hat auch die Bundesregierung erkannt. Die Ampel hat Bürgergeld eingeführt, ein Grundgehalt vom Staat, die aktuelle Form des „bedingungslosen Grundeinkommens“. Und mit Bargeldverbot wird überwacht, dass nur ja keiner aus der Reihe tanzt. Eine neue Verschwörungstheorie?

KLASSIKER NEU GELESEN
Aldous Huxley: Brave New World – Schöne neue Welt
Nein, ein spannender Roman. Verbunden mit dem Vorteil, dass die allgegenwärtige Verleumdungszensur noch nicht Romane erfaßt, sonst müßte Eschbach sicherlich mit Durchsuchung seiner Schreibwerkstatt rechnen. Es ist doch alles nur zu unserem Vorteil….

Andreas Eschbach aber denkt weiter, und das ist es, was wirklich gute Romane auszeichnet: Dass sie Schlagworte und politische Utopien zu Ende spinnen, einweben in die uralten menschlichen Beweggründe und Handlungsweisen. Jenseits der billigen Talkshows, in der die Regierungspropagandisten ihre Visionen abliefern dürfen, stellt das Buch generell und dieses im Besonderen einen Gegenentwurf vor. Es führt uns in eine Welt, die unter der Oberfläche abgründig ist. Aber der Reihe nach.

Im Jahr 2064 muss niemand mehr arbeiten. Roboter haben das für alle möglichen Bereiche übernommen. Auch im Ruhrgebiet – das zur großen Kommune „Ruhrstadt“ zusammengeschlossen wurde. Und das bedingungslose Grundeinkommen, „Freiheitsgeld“ genannt, erhält jeder ab seinem 18. Lebensjahr.

Sein Erfinder, der spätere Bundeskanzler und EU-Präsident Robert Havelock, war lange Zeit der mächtigste Mann im Land. Kurz vor der 30-Jahr-Feier zur Einführung des „Freiheitsgeldes“, auf der er eine Rede halten und gefeiert werden soll, wird er tot aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin. Nicht lange vorher wurde die Leiche eines ermordeten Journalisten entdeckt, der als Havelocks profiliertester Gegenspieler galt. Die Ermittler Ulf Pfennig und Ahmad Müller gehen auch scheinbar nebensächlichen Hinweisen nach und entdecken die atemberaubende, tatsächliche Wirklichkeit hinter der als Realität ausgegebenen Fassade …

Spannendes Rennen gegen Politik und Zeit
„Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen…“
»Fesselnd, erschreckend, dystopisch – so präsentiert Andreas Eschbach diese gar nicht unrealistische Romanhandlung«, schreibt ein Rezensent der Verlagslesejury und fährt fort »Roboter übernehmen viele Arbeiten, der Mensch hat nicht viel, aber mit dem monatlichen Freiheitsgeld ausreichend, um zu überleben. Wer nach mehr strebt, kann einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen. Kommunikation, Bestellungen und Zahlvorgänge, Ausweissammlung, Türöffner, alles läuft über einen Pod, den man immer bei sich trägt.

Längst an die vermeintlichen Vorteile dieses Systems gewöhnt, denkt niemand an Überwachung, Macht und Kontrolle. (…) Doch: Was kostet Bequemlichkeit, was bedeutet Freiheit? Woher kommt das regelmäßige Einkommen ohne Leistung? Gibt es andere Möglichkeiten, wenn durch Roboter Arbeitsplätze verloren gehen oder handelt es sich bloß um Umstrukturierung? Muss sich der Mensch nur neu orientieren?«

Doch die alte Welt existiert weiter. Freaks, die von gestern träumen, Journalisten, die noch recherchieren auch wenn es sich nicht lohnt, sogar ein Polizist, der seinen Job noch ernst nimmt, Frauen mit Kinderwunsch, Männer, die lieben. Die uralten Sehnsüchte haben aber nur noch Störpotential.

Auch die angestrebte Gleichheit ist eine Schimäre: Hinter den Mauern verstecken sich die wirklich Mächtigen und sie vollziehen ein perfides Spiel mit den ruhiggestellten Stallhasen in ihren zunehmend vergammelten Wohnungen. Die sozialistische Trias von Gleichheit, Versorgung und Überwachung hat ungewollte Nebenwirkung und provoziert Störenfriede im Reich der Stillgestellten und Leidenschaftslosen.

Eschbach hat eine Vielzahl spannender Romane geschrieben. Dieser ist sein politischster, auch wenn er so ganz unpolitisch daherkommt. Er stört die Idylle der vermeintlich leistungslosen, ehrgeizlosen, gleichmacherischen Politik, in deren Sog sich Deutschland längst befindet. Es ist ein Nachdenkroman. Risiken und Nebenwirkungen könnten verstärkte Nachdenklichkeit nach dem Lesegenuß sein.

Andreas Eschbach, Freiheitsgeld. Roman. Lübbe, Hardcover mit Schutzumschlag, 528 Seiten, 25,00 €.


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