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Extremer Anstieg seit 2015

Wieviel die Bundesregierung für Werbung ausgibt

Die Bundesregierung legt offen, dass ihre Ausgaben für Werbeanzeigen und auch für Influencer bei YouTube in den letzten Jahren um mehr als das Fünffache gestiegen sind. Welche Medien davon profitierten, will die Regierung nicht sagen.

imago images / Ralph Peters

„Die Bundesregierung hat bis zum 30. Juni 2020 für die Schaltung von Anzeigen 65.585.006,57 Euro ausgegeben“. Das schreibt der Stellvertretende Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen, die TE vorliegt.

Ein Großteil dieser aktuellsten Schaltungen stammt übrigens seit März dieses Jahres vom Bundesgesundheitsministerium (32.922.259,96 Euro). Allein in den drei Monaten des Lockdown, also im März, April und Mai schaltete das Gesundheitsministerium Anzeigen für zusammen 27.876.840,89 Euro.

Das heißt, dass allein das Gesundheitsministerium in der ersten Hälfte dieses Jahres mehr als doppelt so viel Werbung für seine Politik schaltete, wie die gesamte Bundesregierung im Jahr 2013. Das wird im Vergleich mit einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Martin Renner hervor.

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Die regierungsamtliche Antwort fördert zutage, dass allein die „Schaltkosten“ für Anzeigen der Bundesregierung (ohne die Honorare für beteiligte Agenturen und für diejenigen, die die Anzeigen erstellt haben) von 2013 bis 2019 um mehr als das Fünffache gestiegen sind, nämlich von exakt 13.660.075,84 Euro auf 69.055.001,07 Euro. 2020 sind 64.470.645,98 Euro ausgegeben worden. Die Zahl bezieht sich offenbar nur auf die bis zum Zeitpunkt der Antwort geschalteten Anzeigen. Es ist also daher fürs Gesamtjahr eine noch deutlich über den Wert im Jahr der Europawahlen 2019 hinausgehende Zahl zu erwarten. Auffallend ist vor allem, dass der große Sprung von rund 18 auf über 60 Millionen Euro für Regierungswerbung im Jahr 2015 stattfand – dem Jahr des „Wir schaffen das“.

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Auffällig ist eine Diskrepanz zwischen den Zahlen, die die Bundesregierung auf Martin Renners oben genannte Anfrage nannte, und jenen, die sie auf eine Anfrage des parteilosen Abgeordneten Mario Mieruch nannte. Wie Reitschuster.de schreibt, weichen die Zahlen für jedes Jahr um mehrere Millionen Euro voneinander ab.

Die Bundesregierung legt nicht auseinander, welche konkreten Medien-Unternehmen wie viele Schaltungen bekamen. Sie beruft sich auf „ausschließlich mediaplanerische Kriterien“ der „Mediaagenturen“ und behauptet, „keine Übersicht“ zu haben. Offenbar müssen die Agenturen der Bundesregierung keine Rechenschaft ablegen. In der Antwort heißt es auch: „Die Bundesregierung betreibt keine ,Werbung´ im allgemeinsprachlichen Sinne des Wortes. Sie nutzt die sozialen Medien, um ihren verfassungsmäßigen Informationsauftrag zu erfüllen.“ Diesen sogenannten Informationsauftrag, den man früher ganz einfach Reklame oder Propaganda genannt hätte, erfüllt sie in jüngeren Jahren mit sehr stark zunehmendem finanziellen Aufwand – und offenbar verliert sie dabei auch schon mal selbst den Überblick.

Eine solche Übersicht bietet die Bundesregierung allerdings über ihre stark steigenden Ausgaben für sogenannte „Influencer“ auf der Bewegtbildplattform Youtube. Schon der Begriff Influencer (zu deutsch: Beeinflusser), den die Bundesregierung selbst verwendet, legt die Annahme nahe, dass es hierbei nicht um reine Information geht.

Anzeigen sind allerdings längst nicht die einzige Maßnahme, mit der die Bundesregierung Medienunternehmen finanziell stützt, denen ohnehin seit jähren und gerade jetzt in der Corona-Krise die Werbeeinnahmen wegbrechen. Mit maximal 220 Millionen Euro bezuschusst die Regierung im Rahmen des zweiten Nachtragshaushalts die Zeitungsverlage. Offiziell sollen die Mittel helfen, um den Erhalt der Medienvielfalt und -verbreitung in Deutschland zu sichern und den Journalismus zu stärken.

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