Tichys Einblick
Wenigstens noch für ein Vierteljahr

Von der Leyen hat sich im Raumschiff eingerichtet

Kein Wort von den von ihr inszenierten „Säuberungen“; kein Wort von den Rügen, die sie von Staatsanwälten bekam; kein Wort von den grundlosen Strafversetzungen hoher Offiziere. Allerdings hat dpa auch nicht nachgefragt.

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Von der Leyen (vdL) zieht Bilanz und zwar in einem Interview mit dpa, das bislang neben t-online kaum veröffentlicht wurde. Aufschlussreich ist das Interview gleichwohl. Vor allem aus einem Grund: Die „IBuK“ (Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt) hat nichts kapiert. Kein Wort von den von ihr inszenierten „Säuberungen“; kein Wort von den Rügen, die sie von Staatsanwälten bekam; kein Wort von den grundlosen Strafversetzungen hoher Offiziere. Allerdings hat dpa auch nicht nachgefragt. War das der Grund, warum vdL überhaupt ein Interview gab – oder von ihrem Stab geben ließ – gar ein sogenanntes kaltes Interview? (Beim „kalten Interview“ liefern Mitarbeiter der „Interviewten“ gleich Fragen und Antworten selbst.)

Nach der Lektüre des Interviews muss man nicht viel analysieren und kommentieren. Die Antworten der Ministerin sprechen für sich, sie kommentieren sich selbst.

Drei Auszüge aus dem Interview

Frage: „Macht Ihnen Ihr Job eigentlich noch Spaß?“ Antwort:Ja, ich bin sehr gerne Verteidigungsministerin. Denn immer wenn ich nah bei der Truppe bin, weiß ich, warum ich das tue. Es gibt immer wieder schöne Momente im Gespräch mit Soldaten. Das sind oft kleine Bemerkungen, das ist mal ein Dank …“

Frage: „Haben Sie noch genug Rückhalt in der Bundeswehr …?“ Antwort:Ja. Das spüre ich vor allem in diesen Wochen, die nicht leicht gewesen sind. Die Soldaten merken: Es bewegt sich was, beim Personal, bei der Modernisierung des Materials und auch bei den Finanzen …“

Frage: „Nennen Sie bitte drei Dinge, die Sie aus heutiger Sicht anders machen würden.“

Eine menschliche und fachliche Katastrophe
Von der Leyen: Restlos überfordert – und sie ahnt es nicht einmal
Antwort 1: „Ich habe erst spät realisiert, dass zwar rein militärische Aufträge sehr gerade von der Spitze bis in die letzten Winkel eines Standorts verstanden und ausgeführt werden, aber dass wir bei emotionalen und sozialen Themen in der internen Kommunikation viel besser werden müssen.“

Antwort 2: „Es wäre leichter gewesen, wenn wir von Anfang einen besseren Überblick gehabt hätten, wie ausgedünnt das Material der Bundeswehr ist. Dann hätte ich früher mit der Agenda Rüstung, den Trendwenden Material, Personal und Finanzen begonnen.

Antwort 3: „Ich wünschte, ich hätte von Anfang an gewusst, wie wenig digitalisiert die Bundeswehr ist. Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass wir zum Beispiel Krankenakten noch per Hand führen und auch nicht per Knopfdruck abfragen können, wie die Einsatzbereitschaft der Panzer und Flugzeuge ist. Trendwenden, Digitalisierung und der Aufbau des Cyber-Bereichs sind nun auf den Weg gebracht, werden aber noch Jahre Arbeit kosten.“

Wie gesagt: NO COMMENT! So stellt man sich Selbstreflexion vor. Kein Wort von ihrer gigantischen Pannenkommunikation und ihren Ego-Inszenierungen! Kein Wort davon, dass man sie allgemein für die schlechteste Besetzung auf diesem Posten seit Bestehen der Bundeswehr hält! Kein Wort, dass die Stimmung in der Truppe miserabel ist! Ja, sie macht Truppenbesuche.

Aber leider führt man sie dort ebenso hinters Licht wie den guten alten Erich, der in Leipzig oder andernsorts gerne hinter frisch getünchten Hausfassaden toll ausgestattete Wohnungen von Werktätigen besuchte. Kaum war er mit seinem Volvo wieder weg, wurden die schönen Möbel und Elektrogräte wieder in einem Depot eingemottet und für einen anderen Genossenbesuch des Staatsratsvorsitzenden vorgehalten.

Und noch was: Wer sich wie „Röschen“ stets zu noch Höherem berufen fühlt, der hält das offenbar nur durch, wenn er ganz weit oben in einem Raumschiff sitzt. Denn von dort schaut die Welt inklusive Bundeswehr – parafaktisch – wunderschön aus.