Tichys Einblick
Opposition in der Regierung als Drahtseil-Akt

Verkehrsministerium will Sicherheitsvorgaben für deutsche NGO-Schiffe verschärfen

Nachdem auch die FDP in der Bundesregierung der Überweisung staatlicher Haushaltsgelder an eine kirchennahe Migrations-NGO zugestimmt hat, will Verkehrsminister Wissing nun die Sicherheitsverordnung für NGO-Schiffe verschärfen. Kritiker sehen eine Axt, die an die Fahrten im zentralen Mittelmeer gelegt wird.

IMAGO / Antonio Balasco

Kommt die FDP in der Ampelkoalition nun ins Handeln? Nach Informationen des ARD-Magazins „Monitor“ will Verkehrsminister Volker Wissing die Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) dahingehend verschärfen, dass Schiffe mit „politischen … und humanitären Aktivitäten oder vergleichbaren ideellen Zwecken“ nicht mehr als Freizeitschiffe gelten können. Die Änderung soll für Schiffe ab 24 Metern Länge gelten, wie aus einem Referentenentwurf des Verkehrsministeriums hervorgeht, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Folgen wären hohe Kosten durch nötige Umbauten, zusätzliche Technik, neue Versicherungsbedingungen und weitere Auflagen, wie die Nachrichtenagentur dts berichtet.

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Bislang galten die in Rede stehenden Sicherheitsvorschriften erst für Schiffe ab 35 Metern. Alles darunter lief als „Kleinfahrzeug“ und besaß entsprechende Vorrechte. Das Verkehrsministerium erklärte auf Anfrage: „Das Vorhaben zielt nicht auf die Behinderung von privater Seenotrettung im Mittelmeer ab, sondern es geht im Gegenteil darum, deren Arbeit abzusichern.“ Man stehe „mit den Organisationen“ in ständigem Kontakt. Außerdem soll es Übergangsfristen für die Umrüstungen geben.

Die genannten „Organisationen“ haben sich allerdings auch schon gemeldet und werfen dem FDP-Minister vor, den Koalitionsvertrag zu verletzen, laut dem „die zivile Seenotrettung nicht behindert werden darf“. Schon 2019 hatte es unter Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einen Versuch gegeben, die Schiffsverordnung zu verschärfen. In der Folge war ein Schiff festgesetzt worden – bis die Klage einer NGO die Änderung unwirksam machte.

„Für die Mehrheit der zivilen Seenotrettungsschiffe unter deutscher Flagge wird diese Verordnung bedeuten, dass sie ihre lebensrettende Arbeit einschränken oder einstellen müssen“, heißt es in einer Pressemitteilung der diversen NGOs, die sich an den zivilen Schleusungsfahrten im Mittelmeer beteiligen. Dazu gehören unter anderem die Dresdner „Mission Lifeline“ (mit dem kontroversen Axel „Weißbrot“ Steier als Frontmann), der Hamburger Reqship-Verein, der Berliner Sea-Watch-Verein und der Regensburger Sea-Eye-Club. Auch der Verein „Ärzte ohne Grenzen“, dessen Missionsschiff „Geo Barents“ im italienischen Ancona für 20 Tage festgesetzt wurde, nachdem die Schiffsführer sich nicht an die Vorgaben der neueren italienischen Gesetzgebung gehalten haben. Die „Geo Barents“ hatte nicht alle erbetenen Informationen an die Hafenbehörde weitergegeben. Deshalb wurde zudem ein Bußgeld von 10.000 Euro verhängt. Die Festsetzung endet am 15. März.

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Auch im Konflikt mit der italienischen Hafenbehörde wehren sich „Ärzte ohne Grenzen“ also dagegen, rechtliche Vorgaben einzuhalten. Es sei „nicht hinnehmbar, dafür bestraft zu werden, Leben gerettet zu haben“, heißt es im hypermoralischen Optativ. Inzwischen hat der Schiffsträgerverein „Ärzte ohne Grenzen“ Klage gegen die Festsetzung eingelegt. Die NGO macht deutlich, dass sie das Gebaren der italienischen Behörden als Problem ansieht: Die Überlassung des Schiffsdatenschreibers (eng. voyage data recorder, sozusagen die Blackbox des Schiffes) sei „völlig unvereinbar mit der üblichen Praxis“. Merkwürdig – man hätte gedacht, dass die übliche Praxis vor allem von nationalen Gesetzen bestimmt wird.

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Der für seine Äußerungen zum „Buntmachen“ Deutschlands umstrittene Axel Steier hat auch von dem Schiff „Rise Above“ seiner eigenen NGO gesprochen: „Die Verordnung bedeutet, dass unser Schiff aus dem Verkehr gezogen wird. Das bedeutet für die Menschen in Seenot, dass sie noch ein Schiff weniger haben, was sie vielleicht rettet. Das bedeutet viele, viele Tote.“ Dagegen wenden Kritiker der NGOs sein, dass sie es sind, die durch ihren „Fährservice“ den Schleppern in Nordafrika und den illegalen Migranten erst einen Anreiz für ihre Fahrten geben.

Widerstand hat auch der grüne EU-Abgeordnete Erik Marquardt angekündigt, der sich mittels seiner Partei und der Grünen-Fraktion im Bundestag dafür einsetzen will, dass „der Koalitionsvertrag eingehalten wird“. Die Behinderung der Schiffe wäre demnach „ein ganz klarer Angriff auf die zivile Seenotrettung“. In einer erneut bei Twitter veröffentlichten Parlamentsrede macht Marquardt seine Motivation bei der Unterstützung der NGOs deutlich. Das Glück entscheide darüber, so sagte er vor Zeiten, ob einer in Frieden und Wohlstand oder im Elend geboren wird. Aus dieser Aussage folgt unmittelbar das Einwanderungsrecht für alle „Elenden“ dieser Welt, denen Marquardt zugesteht, sich auch ohne Kenntnisse in Schwimmen und Navigation in Kleinbooten auf das Mittelmeer zu begeben, nur um kurz hinter der libyschen Küste von europäischen NGO-Schiffen aufgesammelt zu werden. Eine der Antworten auf sein Rede-Video macht (auch mittels Marine-Traffic-Daten) deutlich, um welche Art „Rettungsmissionen“ es sich hier handelt.

Die FDP scheint derweil, wie bei so manch anderem Thema auch, ihren Drahtseil-Akt als in die Ampelkoalition implantierte Opposition fortzusetzen. Ob es sich dabei um ein wirkliches Korrektiv handelt oder nur um eine (kurzsichtige) Schein-Anordnung zur eigenen Profilschärfung, könnte sich auch am Ausgang dieser Angelegenheit zeigen. Die Frage ist: Wird die Verordnungsnovelle zu einer Verminderung der widerrechtlichen NGO-Fahrten im zentralen Mittelmeer führen? Ja oder nein?

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