Tichys Einblick
WDR-Intendant soll auf Gehaltsteil verzichten

Reiner Haseloff und seine seltsame Mahnung an Tom Buhrow

Vordergründig erscheint es als Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen, wenn Reiner Haseloff die Intendanten zum Gehaltsverzicht auffordert. Dahinter jedoch offenbaren sich Populismus und ein paternalistisches Demokratieverständnis des Ministerpräsidenten.

Emmanuele Contini/NurPhoto via Getty Images

Eine seltsame Aussage ist das von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Im Interview mit der Zeit ermahnt er ARD-Intendanten auf einen Teil ihrer Bezahlung zu verzichten. Es sei „schon schwierig, zu vermitteln, warum Intendanten wie Herr Buhrow viel mehr verdienen müssen als der Bundespräsident.“ Buhrow verdient der ZEIT zufolge rund 391.000 Euro jährlich, der Bundespräsident dagegen 214.000 und die Kanzlerin 311.000 Euro. 

Klar. Ebenso klar sind sowohl die ersten Männer und Frauen des Staates als auch die Intendanten der Öffentlich-Rechtlichen eher Kleinverdiener verglichen mit den Millionen-Salären von Dax-Vorständen oder gar Fußball-Profis. Aber die werden auch nicht aus Steuern beziehungsweise Zwangsabgaben der Bürger bezahlt.

Haseloff sagt auch in Richtung Buhrow, mit dem er sich demnächst treffen werde: „Und er möchte gerne eine Gebührenerhöhung haben. Da kann ich sagen: In der Bevölkerung stößt das gewiss auf wenig Gegenliebe. Und in den Parlamenten, die entscheiden, weiß man das“. Man weiß dort auch, dass die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) festgestellt hat, dass vor allem in den Führungsetagen die Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sender teilweise zu viel verdienen. 

Buhrow und andere Intendanten (nicht aber die heimische MDR-Intendantin, die deutlich weniger verdient als der Kölner Kollege) sollten darum, so Haseloff, freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. Das werden, so glaubt vermutlich der Ministerpräsident, seine Sachsen-Anhaltiner gerne hören.

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Aber der Satz, den Haseloff noch sagt, ist bei näherer Betrachtung seltsam: „Die Intendanten könnten hier also Vorbild sein und etwas für die Demokratie tun.“ Wenn Buhrow und Co also freiwillig einen Teil ihres Gehalts sozusagen an die Zwangsgebührenzahler spendeten oder realistischerweise eher auf deren zusätzliche Schröpfung durch Gebührenerhöhung verzichteten, dann würden sie laut Haseloff also der Demokratie nützen? Warum denn das? Offenbar glaubt Haseloff, dass die kritiklose Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Zwangsgebührensystems unauflöslich mit der Demokratie an sich verbunden wäre und dass die Kritik daran ein Schaden für die Demokratie ist. Ein Schaden, den Buhrow und Co nun mit Geld reparieren könnten. 

Und auch der andere Teil des Satzes ist seltsam. Wieso sollten Buhrow und Kollegen dadurch zum Vorbild werden? Und für wen? Für ihre Mitarbeiter, die dann auch freiwillig auf Gehaltserhöhungen verzichten sollen? Oder etwa für alle Bürger, die einfach mal den Gürtel etwas enger schnallen sollen? 

Fragen über Fragen. Am Ende bleibt man ratlos. Haseloff könnte sich politisch dafür stark machen, dass die Gebühren nicht nur nicht steigen, sondern endlich ihren faktischen Zwangscharakter verlieren, indem für Bürger, die auf die Angebote verzichten, auch die Zwangsgebühr entfällt. Er könnte als Mitglied der ehemaligen Partei Ludwig Erhards sich dafür stark machen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender sich endlich dem Urteil ihrer Kunden am Markt stellen müssen, wie jeder andere Anbieter von Informationen und Unterhaltung es auch tun muss. 

Aber er setzt lieber auf oberflächlich wohlklingende Mahnungen, die niemandem wehtun, und letztlich nur sein eigenes paternalistisches Verständnis von der Stellung eines Intendanten und der Bedeutung von Demokratie offenbaren.

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