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Querdenken

Stuttgarter Demo: Organisatoren hatten große Sorge vor “agents provocateurs”

Die Organisatoren der Stuttgarter Demo befürchteten, dass eingeschleuste Unruhestifter die Protestierenden aufwiegeln könnten. Im Vorfeld erhielten sie einen anonymen Tipp. Von Elias Huber

IMAGO / U. J. Alexander

Querdenken Stuttgart machte sich im Vorfeld der Demo vom Samstag große Sorgen um sogenannte “agents provocateurs”. Eine anonyme Quelle habe den Organisatoren mitgeteilt, dass 100 gewaltbereite Hooligans auf der Demo Unruhe stiften sollen, schreibt Querdenken Stuttgart in einer Mitteilung vom Samstag. Ziel sei es, die Proteste eskalieren zu lassen und als gewalttätig darzustellen.

Die Organisatoren hätten daraufhin per Email die Polizei benachrichtigt, heißt es weiter. Man habe der Polizei eine Frist bis Karfreitag um 20 Uhr gesetzt, um Maßnahmen gegen die Hooligans einzuleiten, ansonsten werde man die Presse informieren.

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Eine Person aus dem Umfeld der Organisatoren teilte TE mit, dass die Polizei die Email unbeantwortet ließ. Die Person hält den Tipp aber weiter für authentisch, obwohl die Demo am Samstag ruhig geblieben sei. “Wir gehen ganz sicher davon aus, dass staatliche V-Leute oder Provokateure auf den Demos sind”, sagte sie. Schließlich werde Querdenken Stuttgart vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet. Zudem sei etwa auch die NPD mit V-Leuten durchsetzt gewesen, wie das Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gezeigt habe.

Die Person mutmaßte, dass die Email an die Polizei dazu geführt haben könnte, dass sich die Hooligans am Samstag zurückhielten. Es sei durchaus möglich, dass der Verfassungsschutz seine Finger im Spiel habe. “Der Staat möchte die Demos unterdrücken”, heißt es. Die Organisatoren hätten bereits im Vorfeld die Teilnehmer sensibilisiert, mögliche Provokateure zu filmen – um falls nötig beweisen zu können, dass Gewalt nicht von Querdenkern ausgegangen sei. “Uns ist die Dokumentation auch wichtig, damit in Zukunft ein Untersuchungsausschuss das Handeln des Staates aufarbeiten kann”, sagte die Person.

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Ein Teilnehmer, der nach Provokateuren Ausschau gehalten hat, war Markus Haintz. “Mir sind zwei junge Männer aufgefallen, die aggressiv waren und nicht recht zum Demopublikum passten”, sagte der Anwalt, der per Livestream von der Demo berichtete. Auffällig sei auch eine Fünfergruppe von schwarzgekleideten Jugendlichen gewesen. “Meiner Meinung nach waren das Antifas”, sagt Haintz. Zu sehen sind die beiden Gruppen auf Videos in dem Telegram-Kanal von Haintz. Der Maßnahmen-Kritiker verweist außerdem auf einen Ausschnitt aus dem Livestream von RT Deutsch, der eine Gruppe von schwarzvermummten Männern zeigt, die an der Polizei vorbeilaufen und sich dem Demoaufzug anschließen.

Einem Sprecher der Polizei lagen auf Anfrage keine Kenntnisse zu Provokateuren vor. Die “Unterstellung” von agents provocateurs gebe es von Veranstaltern immer wieder, sagte der Beamte. Von der Hand zu weisen sei sie aber auch nicht. Dass die Polizei eine Email von den Querdenken-Organisatoren erhalten habe, konnte der Sprecher nicht bestätigen. “Ich kenne die Email persönlich nicht”, sagte er.

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Laut dem Sprecher kontrollierte die Polizei am Samstagmittag eine Gruppe von 20 bis 30 Hooligans in der Tübinger Straße. “Die Kollegen haben die Gruppe gestoppt, angesprochen und gebeten, den Ort zu verlassen”, sagte der Beamte, der selbst vor Ort war. Die Befürchtung habe bestanden, dass die Gruppe mit Gegendemonstranten aneinander geraten könnte.

Eine Mitteilung der Polizei vom Samstag berichtet außerdem von einer Gruppe von 20 Männern, die mutmaßlich dem Rockermilieu angehörten. Bei einer Kontrolle hätten die Beamten Quarzhandschuhe, pyrotechnische Gegenstände und Sturmhauben beschlagnahmt, heißt es. Die Männer widersetzten sich der Kontrolle, weshalb eine Polizistin leicht verletzt wurde. Die mutmaßlichen Rocker wurden auf freien Fuß gesetzt und erhielten Platzverweise.

Medien konzentrierten sich am Sonntag auf Übergriffe und Beleidigungen gegen Journalisten. Dabei dürfte es sich aber eher um Einzelfälle gehandelt haben. Eine weitere Mitteilung der Polizei stellt etwa fest: “Insgesamt verliefen die Versammlungen und Aufzüge friedlich.” Allerdings habe die Mehrzahl der Teilnehmer gegen Masken- und Abstandsregeln verstoßen. Derzeit würden 254 Corona-Stöße geahndet. “Insgesamt ist es durch den Polizeieinsatz gelungen, eine solche große Anzahl von Versammlungsteilnehmern ohne große Störungen von Gegendemonstrationen über mehrere Kilometer bis auf den Cannstatter Wasen zu lenken”, schließt die Mitteilung.

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